Aufgedirndlt
ergänzte Anne, »wird es eng für Sie.«
»U-Haft, Hausdurchsuchung, Amtsenthebung …«, zählte Nonnenmacher auf.
»Außerdem werden wir natürlich Ihre Frau zu Ihrem neuen Lebenswandel befragen«, meinte Anne.
»Insbesondere, ob deiner Gattin eine gewisse Vanessa bekannt ist, die halb nackt rumläuft, deine Tochter sein könnt’ und dich am Golfplatz abbusselt«, ergänzte Nonnenmacher so schnell, dass Anne ganz überrascht war. War Nonnenmachers Kater bei der Katze vom Rathaus geblieben?
Als Anne dem Bürgermeister noch einmal vor Augen führte, dass er hier auch als Mordverdächtiger saß, ergriff dieser nach einem nun nicht mehr ganz so selbstsicheren Räuspern das Wort. Im Folgenden überraschte Alois Wax die beiden Beamten mit einem außergewöhnlichen Geständnis: Er gab zu Protokoll, dass er diese Erklärung nur abgebe, weil er nicht mit einem Mord in Verbindung gebracht werden wolle. Mit dieser Madleen Simon habe er nämlich so viel am Hut wie mit dem Kaiser von China. Und an besagtem Morgen sei er lediglich auf Ortsbesichtigung gewesen, schließlich stehe der Verkauf von Gut Kaltenbrunn an, was ihn als Bürgermeister der zuständigen Gemeinde ja doch auf gewisse Weise angehe.
»Gut Kaltenbrunn soll verkauft werden?«, unterbrach Anne umgehend die Ausführungen des Politikers.
»Ja, danach sieht es aus.«
»An wen?«, donnerte Nonnenmacher. »Doch nicht an diesen Scheich?«
»Doch«, meinte Alois Wax und lächelte dazu, wie Nonnenmacher fand, auch noch recht unverschämt.
»Jetzt geht mir ein Licht auf!«, sagte Nonnenmacher nun viel ruhiger. »Jetzt ist mir klar, woher dein plötzlicher Reichtum auf einmal stammt!«
»Woher denn?«, fragte der Bürgermeister aufsässig.
»Ja, von dem Ölscheich natürlich!«
Worauf Alois Wax nur ein verächtliches »Pfff« hören ließ.
Diese Respektlosigkeit in Verbindung mit der Tatsache, dass der Bürgermeister offensichtlich beim Verscherbeln des wichtigsten Baudenkmals des gesamten Landkreises an den Nahen Osten mitspielte, brachte den altgedienten Polizisten derart in Rage, dass er aufsprang, den Tisch umrundete, den Bürgermeister am Kragen seines offensichtlich neuen Golfhemds packte und zu sich nach oben zog. Der reißende Stoff machte ein hässliches Geräusch.
»Jetzt will ich alles wissen«, schnaufte Nonnenmacher dem Delinquenten ins Gesicht.
Sei es aufgrund des schlechten Atems des Dienststellenleiters oder dass Alois Wax wegen des polizeilichen Würgegriffs wenig Sauerstoff bekam: der Bürgermeister gestand jedenfalls, nicht nur von der arabischen Delegation geschmiert worden zu sein, sondern auch gemeinsam und auf Einladung des Emirs von Ada Bhai eine Nacht mit einigen Haremsdamen verbracht zu haben.
Anne war erschüttert. Alois Wax schien nicht einmal dieses Geständnis peinlich zu sein. Im Gegenteil. Er schwärmte von der frivolen Atmosphäre im Harem des Emirs von Ada Bhai. »Das glaubst du nicht, Kurt, diese Frauen, die haben’s schon drauf, uns Männern das Leben schön zu machen! Das tät’ dir auch gefallen! Kurt, es ist genau, wie man es sich vorstellt: Du kommst in einen Raum, in dem riecht’s nach Ambra und Vanille, und da warten schon drei Frauen, die dich bis auf die Unterhosen ausziehen. Du legst dich auf eine Liege, und dann kommen die mit Mandelöl und …«
Nonnenmacher zeigte keinerlei Reaktion. Vor Kurzem noch hatte er mit Interesse und Neugier nach Erzählungen aus dem Innersten eines echten arabischen Harems gelechzt, doch dies war nach den schrecklichen Erfahrungen der vergangenen Wochen vorbei. Außerdem hatte er Kopfweh. Der Kater war zurück. »Ach jetzt hör aber auf, Alois«, versuchte er den Bürgermeister zu stoppen.
Doch der Bürgermeister fuhr unbeirrt fort: »… und reiben dich von oben bis unten ein und reichen dir ein Getränk, das wird aus den Wurzeln von Orchideen gemacht. Das musst du dir einmal vorstellen, Kurt, Orchideen zum Trinken!«
Anne verfolgte schockiert die Ausführungen von Alois Wax. Offensichtlich hatten Geld und andere Verlockungen dazu geführt, dass dieser an sich bodenständige Mann vollkommen den Bezug zur Realität verloren hatte.
»Sahlep heißt dieser großartige Trunk, und man munkelt, so hat es mir jedenfalls der Raschid gesagt …«
»Welcher Raschid?«, fragte Nonnenmacher verständnislos.
»Na ja, der Emir halt, mir sind jetzt natürlich per Du«, erläuterte Alois Wax beiläufig. »Also dieser Trunk«, der Bürgermeister senkte die Stimme und suchte Nonnenmachers
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