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Aufgedirndlt

Aufgedirndlt

Titel: Aufgedirndlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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jetzt. Ich muss ja noch die Löcher fertig spielen. Und nachher treff’ ich mich eh mit dem Raschid zum Abendessen.«
    »Da wird, glaub’ ich, nix draus, Alois«, meinte Nonnenmacher ernst. »Dich lassen mir nicht mehr laufen.«
    Jetzt erschrak der Bürgermeister. »Ja, aber warum denn nicht?«
    »Es spricht doch alles dafür, dass Sie irgendwie in den Todesfall verwickelt sind, Herr Wax«, übernahm Anne das Wort. »Sie waren kurz nach Eintritt des Todes am Fundort, ohne dafür eine halbwegs schlüssige Begründung liefern zu können. Sie sind offensichtlich mit einem Mädchen liiert, das wie die Tote zu der Zeltlagergruppe gehört. Sie pflegen engste Kontakte zur gesamten arabischen Gesellschaft und sind obendrein, was den Verkauf von Gut Kaltenbrunn angeht, ganz offensichtlich in korruptionsähnliche Strukturen eingebunden – und das ist jetzt, sag’ ich mal, noch vorsichtig formuliert. Ich schlage vor«, Anne sah zu Nonnenmacher hinüber, »wir behalten Herrn Wax bis auf  Weiteres in U-Haft.«
    Nonnenmacher nickte. Anne sah ihm an, dass diese ganze missliche Entwicklung ihn traurig machte. Und auch der Bürgermeister wirkte plötzlich, als sei in ihm etwas zerbrochen, das mindestens so groß war wie ein romantischer Traum von Tausendundeiner Nacht. Als Anne den gefallenen Würdenträger die Stufen hinunter in den Keller begleitete, wo eine kleine Zelle mit Liege, kratziger Decke und Klo auf ihn wartete, stammelte er immer wieder: »Ich habe mit dem Tod des Mädchens nix zu tun. Mit dem Tod von diesem Mädchen habe ich nix zu tun, wirklich nicht, Frau Loop, dass müssen Sie mir glauben …«
    Als Sepp Kastner von Anne über die Festsetzung des Bürgermeisters unterrichtet wurde, war er so überrascht, dass er sich verplapperte. Annes Kollege sagte nämlich: »Ach was, bloß weil der Herr Wax in der Nähe vom Fundort war, habt’s ihr den jetzt eingesperrt? Aber der Hirlwimmer war doch da auch!«
    Anne starrte Kastner an, als hätte er ihr eben ein hölzernes Ruderbootpaddel auf den Kopf gehauen. »Was sagst du da, Seppi?«
    Erst jetzt bemerkte Kastner seinen Ausrutscher. Mit einem gehauchten »Ach nix« versuchte er die Situation noch zu retten, doch es war zu spät.
    »Sepp, was hast du da eben gesagt?«
    Kastner fuhr sich verlegen mit der rechten Hand durch das schüttere Haar, griff sich an die Nase und druckste herum: »Ach, hab’ ich dir das noch gar nicht erzählt: Wie mir uns getrennt haben, nachdem mir noch einmal den Fundort begutachtet hatten, da bin ich doch da beim Gut Kaltenbrunn herumgelaufen.« Anne nickte. »Und da habe ich den Hirlwimmer in seinem Ferrari gefunden.«
    »Und was hat er da gemacht?«, wollte Anne wissen.
    »Seinen Rausch ausgeschlafen. Der war noch ziemlich zu, vom Seefest halt. Ich glaub’ aber nicht, dass der was mit dem Mord zu tun hat«, schob Kastner hastig hinterher.
    »Wieso nicht?«
    »Ach, so halt«, meinte Kastner verlegen. Er war sich nun ja auch gar nicht mehr sicher, ob der Hirlwimmer nicht genauso verdächtig war wie der Bürgermeister. Und der saß in der Zelle im Kellergeschoss der Inspektion. Der Hirlwimmer aber geisterte irgendwo da draußen herum. Und, das musste Kastner sich eingestehen, beim Hirlwimmer bestand – schon allein wegen seiner vielfältigen Kontakte zur internationalen Schlagerszene – wirklich höchste Fluchtgefahr. Deshalb sagte der zur Einsicht gekommene Polizist: »Vermutlich sollten mir den Hirlwimmer auch gleich noch festnehmen.«
    Weil Anne das genauso sah und schon auf dem Weg zum Streifenwagen war, blieb es ihrem Kollegen erspart zu erklären, weshalb er die Begegnung mit dem nach Schnaps stinkenden Cowboystiefelträger verschwiegen hatte.
    Allerdings trafen die beiden den Musikstar leider nicht im Haus seiner Mutter an. Die weltgewandte Seniorin erklärte ihnen, der Hanni sei direkt am Tag nach dem Seefest nach Japan geflogen. Das hätte sie auch überrascht, denn in seinem Tourneeplan, den sie eigentlich immer ganz gut im Kopf habe, sei nichts davon erwähnt gewesen. Aber der Hanni habe gesagt, er müsse dort an einem spontanen Anti-Atom-Konzert zugunsten der armen Japaner teilnehmen.
    »Wer’s glaubt, wird selig«, murmelte Kastner und schwitzte vor Angst. Wenn der Hirlwimmer der Täter war, dann saß jetzt ein unschuldiger Lokalpolitiker im Knast, und ein Mörder lief frei herum, wenn auch nur bei den Japanern. Und er, Kastner, war schuld. Dass der Hirlwimmer Erfahrungen mit Liquid Ecstasy hatte, dessen war sich der Polizist

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