Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aufgelaufen

Aufgelaufen

Titel: Aufgelaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koehn
Vom Netzwerk:
Alles zusammen seine zukünftige Ungestörtheit auf kleinstem Raum.
     
    „Den falschen Fleppen als Schiffsführer bekommst du beim Hafenmei s ter.”
    „Gut so!”
    „Ahoi, Kapitän!”
    „Leinen los!”
    „Endlich mal Glück gehabt“, dachte Pierre. Doch was war Glück? Das Daran-Denken schon Ausnahmesituation.
     
    Bugwellen schoben vor erdigen Hügeln. Die Sonne im Schlepp, wenn er morgens bergab fuhr. Gärten, in denen Menschen mit krummen Rücken arbeiteten. Stettin, Hamburg, Häfen von Gewirr aus Stahl. Lärm von Lastwagen und Eisenbahnen. Gestank von faulendem Fisch, Obst, und sonst etwas. Dazwischen Geschrei der Schauerleute. Eine Kaschemme im Freihafen. Licht spiegelte auf Glas. Wodka schaffte Platz zwischen dem Jetzt und Früher. Manchmal brach in ihm die Schwere durch: „Effie, mein kühles Mädchen“, daran konnte er dann denken. Wenn er weitertrank, spülte sich bitteres Lachen in seine Kehle; hörte er das Phantom: „Sing, ja sing, sing, meine Schöne ...“
     
    Er war hinter Scheiben, in Wänden, die Elbe rauf und runter, die Oder. Tausend Tage, tausend Fragen. Manchmal, im Traum, scheuerte Schilf am Boot, warf Zukunft helles Licht auf Segel, summte es aus dichtem Ufe r gras. Dann war die Zeit unbegrenzt und Kerzenschein huschte übers Glas. Worte zu Sätzen. Ihr heißer Atem auf seiner Haut ..., Illusion. In einer kleinen Bar, in Stettin, stand er neben einer.
    „Ich heiße Pierre”, sagte er, und gab ihr die Hand.
    „Ich Uschi.”
    „Du bist Polin?”
    Ihr Ja war in Musik verlaufen. Nach einem Piccolo konnte er tief in ihre Seele sehen.
    „Wie viel?”
    „Fünfzig!”
    Augen glühten. Er sah ihre quellende n Brüste im Rauchglas gegenüber. Dann federte sie auf langen Beinen vor ihm hin und her. Kurzer Stoff schmiegte sich beim Gehen an ihren Hintern.
    „Zigaretten holen, Süßer.”
    Als sie sich drehte, sah er ihre Scham. Das Dreieck Wolle. Sein Schwanz pulsierte.
    „Fünfzig. OK!”
    Er legt ihr die Hand auf die Brust. In ihrem Lachen gelbe Zähne.
    „Wo sind die Hundert?”, fragte sie auf dem Zimmer.
    „Hundert? Du bist wohl blöde in der Birne!”
    „Ich hab doch gesehen, dass du die hast.”
    „Fünfzig waren ausgemacht.”
    Er drehte ab, zur Tür, wollte gehen. Ein Schlag traf ihn seitlich an der Stirn. Einen Tritt spürte er gegen sein rech tes Bein, fiel und blieb liegen. Als er zu sich kam, war die Brieftasche weg, der Monatslohn. Er tupfte sich das Bl ut ab. Stand dann im Vestibül, immer noch benommen. Die Puffmutter brachte ihn zur Tür, streichelte ihm über die Wange.
    „Gut, dass du keine Polizei gerufen hast. Dafür hast du das nächste Mal einen umsonst!”
    Er sagte nichts. Er wusste, dass er wiederkommen musste, warum auch immer. Marche ou r ê ve , wie es in der Legion hieß.
     

7
     
     
    Hochwasseralarm, in Deutschlands Flüssen stiegen die Pegel, in Polen auch. Jahrhundertflut, schrieben die deutschen Zeitungen, dito in Polen. Er kam mit dem Kahn aus Hamburg, die Elbe hoch. Er wollte nach Stettin.  „Guste  Szczecin“, stand am Kahn.
     
    Das Erwachen war schlimmer , als ins schwarze Loch zu fallen. Im Loch hatte man keine Erinnerungen, erst das Erwachen drängte diese neu auf. Unterbrochen wurde sein Nachdenken durch das Gekreische eines Signa l horns. Ein Lautsprecher dröhnte.
    „Jemand an Bord?”
    Das Horn heulte: awie, awie, awie ...
    „Jemand an Bord?” Die Lautsprecherstimme. Blaulicht zuckte.
    Horn: ... awie, awie, awie, ..., Lautsprecher: Ist jemand ...? ... awie, awie, awie ..., das Horn, Blaulicht.
    Er schleppte sich zur Tür, winkte. Ein Scheinwerferstrahl ergriff ihn aus achtern und zirka fünfundzwanzig Metern. Er gestikulierte ins Entfernte, Grelle.
    „Sind Sie verletzt?”
    Er schüttelte den Kopf, nickte.
    „Ja, was denn nun?”
    Er schüttelte den Kopf und kreuzte die Arme über dem Kopf.
    „Alles in Ordnung!”
    Danach wankte er in die Kabine zurück, die Wodkaflasche suchen. Draußen brummte ein Motor. Durch das Kajütenfenster las er am Rumpf des davonfahrenden Kahns: Zoll. Eine schwarz-weiß-rote Fahne winkte am Heck in der Gischt. Einen satten Zug nahm er. Lag dann auf dem D i wan. Einen Moment noch, dachte er.
     
    Als er erwachte, war es dunkel. Nüchtern ist schlimmer als betrunken. Er suchte erneut nach dem Wodka. Das Telefon schnarrte nervend. Er fand den Apparat am Boden, nahm den Hörer ab, hörte, sagte: „Rufen Sie morgen wieder an, ab heute habe ich alle Zeit der Welt!”
    „Pierre, Pierre, so hören Sie

Weitere Kostenlose Bücher