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Aufgelaufen

Aufgelaufen

Titel: Aufgelaufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koehn
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nach Polen bringen, für eine anständige Beerdigung, so hatte ich es mit dem Vater der beiden abgesprochen.“
    „Und nun? Die suchen dich wegen Mord!“
    „Ich werde zurückgehen und alles erklären.“
    „Meinst du, die glauben dir auch nur ein Wort?“
    „Glaube ich schon!“
    „Wieso?“
    „Die Beiden sind doch in der Truhe sicher schön frisch geblieben. Der Gerichtsmediziner wird’s schon rausfinden.“
    „Okay, wenn du meinst; und wann willst du los?“
    „Morgen früh.“
    „Soll ich mit?“
    „Nee.“
    „Willst du mein Auto?“
    „Nee.“
    „Kann ich sonst noch was ...?
    „Nee! Und nun sei einfach nur noch schön!“
    Und sie sah wirklich wunderschön aus, wie sie sich über seinen Schoß beugte.
     
    Am nächsten Morgen saßen sie nackt in der weißen Küche mit den go l denen Wasserhähnen, Handgriffen und Armaturen, zwischen den Schrä n ken Colanis, dem gestickten Wandgobelin aus Persien, tranken marokk a nischen Kaffee und löffelten in der Hutschenreutherschale nach Fischeiern zum Toast.
    „Die Tasche lasse ich hier!“
    „Okay.“
    „Willst du nicht wissen, woher die Kohle ist?“
    „Nein!“
    „Wie viel drin ist auch nicht?“
    „Nein!“
    „Warum?“
    „Weißt du was? Sei einfach nur schön ...“
    Das war in dem Augenblick so komisch, als hätte sie einen Teller nach ihm geworfen. Und beide mussten lachen, küssten sich und sogen hörbar Luft ein; aufmerksam und liebevoll waren sie miteinander, als wäre nichts weiter geschehen. Mann und Frau, Ehehälften, die Arm in Arm aus dem Gericht der eigenen Wahrheit kommen. Deshalb fragte er sie zum A b schied: „Wie viele hast du?“
    Und sie wusste gleich, was er meinte.
    „Drei! Jeder kommt einmal die Woche.“
    Oft musste man vergessen können, um zu begreifen. Ihm gelang es seit Effies Tod und der Zeit im Knast; er war nicht mehr der nervöse Spürhund früherer Jahre.
     
    Im Zug zurück saß er ohne Reue auf irgendwas, bis auf drei Hunderter hatte er nichts dabei.
    In Gartow, in der Kneipe, antwortete er dem Wirt auf die Frage, wo er gesteckt habe, denn die Polizei suche ihn: „Falls du sie siehst, sage ihnen, ich habe auf dem Boden meiner Tatsachen gestanden.“ Dann trank er aus und ging.
    „Lass dich nicht erwischen!“, grölte der Wirt sein Unverständnis hinte r her.
    „Der ist wohl froh, mich los zu sein, Pierre, den Doppelmörder …“
     
    Ja, da wäre er auch froh, hätte er eine Kneipe sonstwo und weiter nichts. Und er wusste, was folgte, als er die hastige Stimme des Wirts am Telefon hörte und, als er die Straße hinunter ging, spürte er, wie sich hinter Gard i nen Dutzende von Gesichtern verwehten. Fragte sich, wann das passierte, was folgerichtig zu passieren hatte.
     
    Hinter dem Dorf stellte er sich an die Straße, den Daumen hoch. Nicht mal zehn Minuten später erwischte er einen mit Hamburger Kennzeichen.
    „Junger Mann! Ich will nach Schnackenburg, dort soll ein gefährlicher Doppelmörder auf einem Schiff im Hafen leben.“
    „Woher haben Sie das?“
    „Ich hab’s gestern in der Bildzeitung gelesen.“
    „Und da kommen Sie erst jetzt?“
    „Ich konnte nicht eher , und meine Frau ...“
    „Ist ja auch egal, denn bei mir sind Sie genau richtig, und ohne mich geht die Show sowieso nicht los. Wenn Sie wollen, werde ich Ihnen gern zeigen , wo das ist!“
    „Mann, prima, steigen Sie ein!“, freute sich der sichtlich.
    „Wollen Sie ’nen Schluck?“, fragte Pierre, kaum dass der Wagen fuhr.
    „Geben Sie mal her, wer weiß, was noch kommt. Einem Mörder gege n über z u stehen, da braucht man Nerven. “
    „Wem sagen Sie das.“
    Und nach dem zweiten Schluck hatte der gehörig einen sitzen.
    „Fahren Sie bloß langsam, nicht, dass uns die Polizei anhält.“
    „Wieso?“
    „Dann sind Sie den Lappen los, ich werde verhaftet und die Presse ist umsonst vor Ort!“
    „Ja?“
    „Ja. Also fahren Sie vernünftig, Sie wollen doch den weiten Weg nicht umsonst gemacht haben.“
    „Nein, da haben Sie recht!“
     
    Es gab jene Kräfte in zehrenden Zeiten, die er als Einsamkeit kannte. Und genau in dem Moment, als er den Fahrer eine Straße vor dem Hafen zum Anhalten zwang, überkam ihn wieder einmal dieses Gefühl von Le e re, von stehender Zeit. Ein unendlicher Augenblick, in dem er sich nackt auf dem Bett liegen sah und schwitzte. Licht aus, Licht an und – nichts. Diese vielen Tage unsinnigen Lebens, mit Ereignissen drin, die zu viel auf einmal waren, die der hohlen Nächte auch. Und

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