Aufregende Leidenschaft
Mädchen, und wenn Sie nicht endlich erwachsen werden, wird aus Ihnen eine sehr unglückliche Lady.“
Sie glitt vom Schreibtisch und baute sich vor ihm auf, die Hüften in Höhe seiner Augen. Manche Männer hätten ihre Hüften vielleicht zu rund gefunden. James mochte Frauen mit Kurven.
„Aber Diamond“, sagte sie und ging vor ihm in die Hocke. „Deshalb habe ich Sie doch engagiert.“ Sie tastete nach seiner Krawatte. „Um mich vor den Bösewichtern dieser Welt zu beschützen.“
„Warum tun Sie dann nicht, was ich sage?“ Er ignorierte den Impuls, nach ihren Händen zu greifen. „Warum fahren Sie nicht nach Hause und lassen sich dort von mir beschützen?“
Sie zögerte, und er sah auf die Hände an seiner Krawatte. Schöne Hände, dachte er. Keine dicken Ringe, kein grellroter Nagellack. Langfingrige, geschickt aussehende Hände. Er fragte sich, wie sie sich wohl auf seinem Körper anfühlen würden.
„Versprechen Sie, dass Sie mich abholen?“, fragte sie mit leiser, plötzlich sehr ernster Stimme. Sie gab ihm eine Chance. Sie war bereit, ihm zu vertrauen, ein wenig jedenfalls.
Was mehr war, als er von sich behaupten konnte. Er traute ihr kein bisschen. „Ich verspreche es“, sagte er und versuchte sich einzureden, dass der Druck im Bauch nicht vom schlechten Gewissen, sondern vom Scotch kam.
Er war nicht sicher, ob sie ihm glaubte, doch sie ließ die Krawatte los und richtete sich auf. „Ich warte am Tor auf Sie. Um elf?“
Er hatte nicht vor, am Anwesen der MacArthurs vorbeizufahren, aber er musste so tun. „Ich habe doch gesagt, ich brauche Stunden …“
„Es ist Viertel vor acht.“
„Was?“, fragte er laut und zutiefst entrüstet. „Sie haben mich um sieben Uhr morgens geweckt?“
„Ungefähr. Ich hielt es für vernünftiger, meinen Wagen zu holen, bevor alle Welt aufsteht.“ Sie lächelte strahlend. „Außerdem wollten Sie doch früh aufbrechen, nicht wahr?“
Diamond starrte auf den nebligen, bewölkten Himmel hinaus. „Wir treffen uns um elf.“
Zum Glück waren die schäbigen Straßen in Diamonds Viertel um diese frühe Zeit menschenleer. Offenbar arbeiten die Bewohner nicht in geregelten Jobs, dachte Sally. Eigentlich überraschte es sie nicht. Die Leute hier waren Nachtmenschen wie James Diamond. Sie sah zu seinen Bürofenstern hinauf. Hinter den schmutzigen Scheiben war niemand zu erkennen. Sally wusste genau, dass sie ihn auch nachher nicht zu Gesicht bekommen würde. Er hatte nicht vor, am Tor zum Anwesen ihres Vaters zu erscheinen – jedenfalls nicht, bevor er nicht ihre Schwester und den Falken aufgetrieben hatte.
Die unerwartete Rückkehr Isaiah MacArthurs hatte ihre Pläne durchkreuzt. Sie hatte gehofft, dass ihr noch fünf Tage bleiben würden. Als Jenkins sie vorhin mit der schlechten Nachricht geweckt hatte, war ihr nichts anderes übrig geblieben, als sofort zu verschwinden. Sollte der arme Butler sich doch um ihren Vater kümmern, wenn der in die Bibliothek ging und feststellte, dass sein geliebter mandschurischer Falke fehlte.
Wie hatte sie nur so dumm sein können, auf Vinnie Calderinis Eleganz und Charme hereinzufallen? Eigentlich hätte sie doch gleich ahnen müssen, dass er eigentlich nur hinter dem Falken her war. Die Figur stammte aus China, war in den Wirren nach dem Zweiten Weltkrieg dort gestohlen worden. Und außer Isaiah und seiner Familie hatte niemand gewusst, dass er sie besaß. Schon die Tatsache, dass die Calderinis darüber informiert waren, bedeutete nichts Gutes.
Vinnie hatte nicht gemerkt, dass sie das Gespräch zwischen ihm und seinem Chauffeur belauschte und so erfuhr, dass sie nur Mittel zum Zweck war. Danach war alles ganz schnell gegangen. Sally ließ eine Kopie des Falken anfertigen, legte die gefälschte Figur in den Tresor und versteckte die echte in ihrem Kleiderschrank. Sie schrieb Vinnie einen Brief, in dem sie die Verlobung mit ihm löste, und flog nach Europa. Aber Vinnie hatte noch mehr Tricks auf Lager.
Sally sonnte sich gerade an der Riviera, als ihre Schwester anrief und ihr aufgeregt mitteilte, dass sie heiraten würde. Vincent Calderini. Und dass sie eine Mitgift mit in die Ehe bringen wollte. Eine, die Isaiah nie vermissen würde. Noch bevor Sally einen Schreikrampf bekommen konnte, legte Lucy auf.
Als sie erschöpft und abgehetzt in San Francisco eintraf, waren Vinnie und Lucy bereits verschwunden. Und der falsche mandschurische Falke auch. Wie Lucy den Tresor aufbekommen hatte, war Sally ein Rätsel. Sie
Weitere Kostenlose Bücher