Aufregende Leidenschaft
stöhnte Isaiah.
„Wir sind nicht verlobt.“
„Noch nicht“, erwiderte Isaiah resigniert. „Aber Sie werden es sein. Das Mädchen sammelt Verlobte wie ich Jadefiguren. Könnte ich bitte mit ihr sprechen?“
„Sie ist zu Bett gegangen.“
„Dann geben Sie mir Jenkins.“
„Der ist nicht in der Nähe.“
„Was tun Sie dann noch im Haus?“
„Ich war gerade auf dem Weg zur Tür“, antwortete James. „Soll ich Jenkins auftreiben?“
„Verdammt, ich will nach Hause. Ich stehe am Flughafen, mit einem lebensgefährlichen Jetlag, zwölf Gepäckstücken und dem schlimmsten Fall von Montezumas Rache nördlich von Acapulco.“
„Kein Problem. Ich bin in zwanzig Minuten bei Ihnen.“ Der Entschluss kam automatisch. Wenn Sally ihn unbedingt anlügen wollte, würde er sich eben an ihr Monster von Vater halten. Der Mann hörte sich weit vernünftiger an, als sie angedeutet hatte.
„Sind Sie sicher, dass es keine zu große Mühe ist?“
„Wenn Sie schon glauben, dass ich irgendwann Sallys Verlobter bin, kann ich meinen zukünftigen Schwiegervater ja auch gleich kennenlernen.“
„Oh, sie heiratet sie nie. Im Gegenteil, ich, glaube, die Verlobung dient eher dazu, die Beziehung zu beenden. Aber jetzt beeilen Sie sich. Je früher Sie hier sind, desto froher bin ich.“
„Bin schon unterwegs.“
Es war kurz nach Mitternacht, und der Flughafen von San Francisco war ziemlich leer. James ging an den Snackbars und Buchläden vorbei, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Er konnte es kaum abwarten, mit Isaiah MacArthur zu reden. Der alte Mann war mürrisch und ungeduldig gewesen, hatte sich aber nicht nach dem herzlosen Tyrannen angehört, den Sally ihm beschrieben hatte.
Am PanAm-Schalter wartete nur ein Mann, und James konnte ihn aus der Entfernung mustern. Er war alt und sah zerbrechlich aus. Sicher, der lange Flug und die Verdauungsprobleme trugen dazu bei, aber James kam zu dem Ergebnis, dass der Mann mindestens siebzig und nicht bei bester Gesundheit war.
„Mr MacArthur?“, begrüßte James ihn mit mehr Höflichkeit, als er üblicherweise an den Tag legte.
Der alte Mann sah hoch und kniff ungläubig die blassblauen Augen zusammen. „Sie können unmöglich der neue Verlobte meiner Tochter sein!“
„Wie gesagt, wir sind nicht verlobt.“
MacArthur inspizierte ihn diskret. „Sie sind wahrlich nicht der Typ, den sie sonst immer anschleppt. Für meinen Geschmack sind ihre Männer immer etwas zu weich, wenn Sie wissen, was ich meine. Wie haben Sie sich kennengelernt?“
„Auf einer Party“, log er automatisch.
„Auf wessen Party?“
„Vertagen Sie Ihr Verhör, bis wir im Wagen sitzen, ja?“, gab James zurück. „Oder muss ich erst einen Test bestehen, bevor ich die Ehre bekomme, Sie mitten in der Nacht nach Hause zu fahren.“
MacArthur kicherte. „Ja, mit Sallys üblichen Weichlingen sind Sie wirklich nicht zu vergleichen. Vielleicht machen Sie noch einen vernünftigen Menschen aus ihr.“
„Ich habe nicht die Absicht, etwas aus ihr zu machen.“
„Nein?“ Der alte Mann schaffte es, zugleich erschöpft und arrogant auszusehen. „Vielleicht sind Sie doch ein Weichling.“
James war nicht bester Laune. Er brauchte einen Drink. Und eine Zigarette, aber auf dem Flughafen war das Rauchen verboten. Und er fühlte sich müde, rastlos und gereizt.
„Hören Sie zu“, sagte er. „Ich zähle bis zehn, und wenn Sie dann nicht auf dem Weg zu meinem Wagen sind …“
Als MacArthur den VW erblickte, wirkte er nicht gerade begeistert. „Erwarten Sie etwa, dass ich in dem Ding fahre?“, sagte er. „Warum haben Sie den Bentley nicht mitgebracht?“
„Weil ich mir dachte, Sie sollten mal sehen, wie die andere Hälfte lebt.“ James öffnete ihm die Beifahrertür.
„Hey, ’ne Fahrt in diesem Gefährt überlebe ich nicht. Aber na ja, auch gut. Dann erben Sally und Lucy nämlich einen netten Batzen Kleingeld.“
„Sie bedenken Lucy also auch in Ihrem Testament?“
„Sind Sie hinter Lucy her? Vergessen Sie’s. Sie hat sich in diesen Quasigangster verliebt, den Sally abgelegt hat.“
James warf dem Mann einen erstaunten Blick zu. „Woher wissen Sie das?“
„Zum Teufel, ich weiß weit mehr, als meine Töchter mir zutrauen. Es macht sie glücklich zu glauben, dass ich keine Ahnung habe, und ich will sie glücklich machen.“
Interessant, dachte James. „Ich dachte, Sally wäre Ihr einziges Kind. Erbt sie denn nicht den größten Teil Ihres Vermögens?“
Die Augen des alten Mannes
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