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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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noch nicht zu spät ist.»
    Er wies den Taxifahrer an zu warten und ging triumphierend die Treppe hinauf. Harriet schloß ihre Wohnung auf und knipste das Licht an. Mr. Pomfret bückte sich zuvorkommend und hob den Brief auf, der auf der Matte lag.
    «Oh, vielen Dank», sagte Harriet.
    Sie führte ihn ins Wohnzimmer und ließ sich von ihm den Mantel abnehmen. Ein paar Augenblicke später bemerkte sie, daß sie den Brief noch immer in der Hand hielt und sowohl sie wie ihr Gast noch immer standen.
    «Oh, Entschuldigung. Bitte, nehmen Sie doch Platz.»
    «Bitte sehr –» sagte Mr. Pomfret mit einer Geste, die heißen sollte: «Lesen Sie nur, nehmen Sie auf mich keine Rücksicht.»
    «Nichts Wichtiges», sagte Harriet, indem sie den Brief auf den Tisch warf. «Ich weiß schon, was drinsteht. Was möchten Sie trinken? Bedienen Sie sich doch selbst.»
    Mr. Pomfret begutachtete das Angebot an Getränken und fragte, was er ihr einschenken könne. Nachdem diese Frage geklärt war, trat eine Pause ein.
    «Ach – übrigens», meinte Mr. Pomfret, «geht es Miss Cattermole wieder gut? Ich habe sie nicht mehr oft gesehen, seit – seit dem Abend, an dem ich Ihre Bekanntschaft machte. Als wir uns das letzte Mal getroffen haben, sagte sie, sie arbeite sehr fleißig.»
    «Ja, ich glaube, das tut sie. Sie macht im nächsten Trimester ihr Vorexamen.»
    «Ach, die Ärmste! Sie bewundert Sie ja so sehr.»
    «So? Ich wüßte nicht warum. Soweit ich mich erinnere, habe ich ihr ziemlich brutal die Meinung gesagt.»
    «Nun, Sie waren auch mit mir nicht eben sanft. Aber ich bin ganz Miss Cattermoles Meinung. Vollkommen. Ich meine, wir sind uns beide darin einig, daß wir Sie bewundern.»
    «Nett von Ihnen», meinte Harriet, nicht sehr bei der Sache.
    «Doch, wirklich. Ich werde nie vergessen, wie Sie diesen Jukes abgefertigt haben. Haben Sie gehört, daß er schon eine Woche später Scherereien bekommen hat?»
    «Ja, und das hat mich nicht gewundert.»
    «Eben. Ein unerfreulicher Zeitgenosse. Durch und durch charakterlos.»
    «Das war er schon immer.»
    «Also, auf daß Freund Jukes recht lange sitzen muß! War gar kein schlechtes Stück heute abend, finden Sie nicht?»
    Harriet riß sich zusammen. Sie hatte mit einemmal genug von Mr. Pomfret und wünschte, er würde gehen; aber es war ungehörig von ihr, ihm gegenüber nicht höflich zu sein. Sie gab sich also große Mühe, sich aufs angeregteste mit ihm über den schönen Abend zu unterhalten, zu dem er sie freundlicherweise eingeladen hatte, und das gelang ihr so gut, daß fast eine Viertelstunde verging, bis Mr. Pomfret einfiel, daß unten noch das Taxi wartete, worauf er sich in bester Stimmung verabschiedete.
    Harriet nahm den Brief zur Hand. Jetzt, da sie ihn endlich öffnen konnte, mochte sie nicht mehr. Er hatte ihr den Abend verdorben.
     
    «Liebe Harriet,
    Ich schicke meine Mahnungen mit der grausamen Pünktlichkeit des Finanzamtes; und wahrscheinlich sagen Sie, wenn Sie den Umschlag sehen: ‹O Gott, ich weiß schon, was da drin ist.› Der einzige Unterschied ist, daß man vom Finanzamt früher oder später Notiz nehmen muß.
    Wollen Sie mich heiraten? – Es klingt schon langsam wie diese bekannten Sätzchen in Lustspielen, die nur langweilen, bis man sie oft genug gehört hat; dann lacht man bei jeder Wiederholung immer lauter.
    Ich würde Ihnen gern Worte schreiben, die das Papier verbrennen, auf dem sie geschrieben stehen – aber solche Worte haben es an sich, daß sie nicht nur unvergeßlich, sondern auch unverzeihlich sind. Das Papier verbrennen Sie ja ohnehin; und ich möchte lieber nicht, daß etwas darauf steht, was Sie nicht vergessen können, wenn Sie es vergessen wollen.
    So, das ist überstanden. Machen Sie sich nichts daraus.
    Mein Neffe (den Sie übrigens zu außerordentlicher Gewissenhaftigkeit angeregt zu haben scheinen) versüßt mir mein Exil mit dunklen Andeutungen, Sie seien in Oxford mit irgendeiner unangenehmen und gefährlichen Geschichte befaßt, über die er sich aber bei seiner Ehre nicht näher auslassen dürfe. Ich hoffe nur, daß er unrecht hat. Aber ich weiß ja, daß weder Unannehmlichkeiten noch Gefahren Sie von etwas abbringen können, was Sie einmal in die Hand genommen haben, und Gott behüte, daß sie es könnten.
    Was es auch sei, meine allerbesten Wünsche begleiten Sie.
    Ich bin zur Zeit nicht mein eigener Herr und weiß nicht, wohin man mich als nächstes schicken wird oder wann ich zurück sein werde – hoffentlich bald. Darf

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