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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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wiedergutzumachen.»
    «Ich stake gern. Aber, Peter!» Sie hatte ihn plötzlich unheimlich gern. «Wozu die Eile? Ich meine, werden Sie vom Rektor erwartet oder sonst etwas?»
    «Nein; ich bin ins Mitre umgezogen. Schließlich kann ich die Rektorenwohnung nicht als Hotel mißbrauchen; außerdem erwartet er Leute zu Besuch.»
    «Könnten wir dann nicht irgendwo am Fluß einen Imbiß zu uns nehmen und uns einen netten Tagesabschluß machen? Ich meine, wenn Sie Lust haben. Oder brauchen Sie ein richtiges Abendessen?»
    «Meine liebe Harriet, ich würde mit Freuden Kleie essen, um für mein schändliches Betragen zu büßen. Oder Disteln. Lieber Disteln. Sie sind eine überaus hochherzige Frau.»
    «Also, geben Sie mir die Stake. Ich bleibe hier vorn, und Sie dürfen steuern.»
    «Und Ihnen zusehen, wie Sie vorschriftsmäßig die Stake führen.»
    «Das werde ich tun.»
    Aber sie war sich die ganze Zeit beim Hantieren mit der Stake bewußt, daß Wimsey vom Balliol ihr kritisch zusah. Denn beim Staken stellt man sich entweder geschickt oder furchtbar dumm an – ein Mittelding gibt es nicht. Sie wandten den Bug flußabwärts nach Iffley.
     
    «Im großen und ganzen», sagte Harriet, als sie einige Zeit später wieder in den Kahn stiegen, «wären Disteln vielleicht vorzuziehen gewesen.»
    «Solches Essen ist für sehr junge Menschen gedacht, die mit den Gedanken woanders sind. Leute mit Leidenschaften, aber ohne Urteilsfähigkeit. Ich bin froh, daß ich einmal Aprikosenfladen und synthetische Limonade gekostet habe; es erweitert den Horizont. Soll ich, möchten Sie oder wollen wir staken? Oder sollen wir Stolz und Hochmut fahrenlassen und einträchtig Seite an Seite paddeln?» Seine Augen blickten sie verschmitzt an. «Ich bin ganz brav; erklären Sie sich.»
    «Wie Sie es lieber wollen.»
    Er half ihr feierlich auf den Hecksitz und ließ sich neben ihr nieder.
    «Zum Teufel, worauf sitze ich da?»
    «Vermutlich auf Sir Thomas Browne. Ich muß gestehen, daß ich Ihre Taschen durchwühlt habe.»
    «Da ich so ein schlechter Gesellschafter war, bin ich froh, daß ich Ihnen wenigstens guten Ersatz bieten konnte.»
    «Ist das Ihr ständiger Begleiter?»
    «Mein Geschmack ist ziemlich universal. Es hätte ebensogut Kai Lung oder Alice im Wunderland sein können, oder Macchiavelli –»
    «Oder Boccaccio oder die Bibel?»
    «Ohne weiteres. Oder Apulejus.»
    «Oder John Donne?»
    Er schwieg einen Augenblick und fragte dann in ganz anderem Ton:
    «War das ein Schuß ins Dunkle?»
    «Ein guter Schuß?»
    «Mitten ins Schwarze. Genau zwischen die Glieder der Rüstung … Wenn Sie auf Ihrer Seite ein bißchen paddeln könnten, würde es das Steuern erleichtern.»
    «Entschuldigung. Können Sie sich leicht an Worten berauschen?»
    «So leicht, daß ich offengestanden selten ganz nüchtern bin. Daher kommt es auch, daß ich soviel rede.»
    «Und wenn mich jemand danach gefragt hätte, ich hätte wahrscheinlich geantwortet, daß Sie mehr für Gleichgewicht und Ordnung sind – nicht für Schönheit ohne Maß.»
    «Man kann auch für Unerreichbares schwärmen.»
    «Aber Sie erreichen es doch. Zumindest scheint es so.»
    «Der vollkommene klassische Ästhet? Nein, ich fürchte, es ist meist nur ein Gleichgewicht einander widerstrebender Kräfte … Jetzt wird’s langsam wieder voll auf dem Fluß.»
    «Viele kommen nach dem Essen noch an die Luft.»
    «Ja – hm – mein Gott, warum sollten sie auch nicht? Ist Ihnen nicht kalt?»
    «Kein bißchen.»
    Das war nun schon das zweite Mal in fünf Minuten, daß er sie von seinem Privatgelände gewiesen hatte. Seine Stimmung hatte sich seit den frühen Nachmittagsstunden geändert, und alle seine Schutzwälle waren von neuem errichtet. Sie konnte das Schild «Betreten verboten» nicht länger übersehen; also überließ sie es ihm, ein neues Thema anzuschneiden.
    Das tat er auch, und zwar sehr höflich, indem er sich erkundigte, wie sie mit ihrem neuen Roman vorankomme.
    «Er zieht sich wie Leim.»
    «Wie kommt denn das?»
    Das erforderte eine volle Inhaltsangabe von Tod zwischen Wind und Wellen. Da es eine sehr verwickelte Geschichte war, hatte ihr Kahn schon viel Wasser hinter sich, ehe sie bei der Auflösung ankam.
    «Es ist nichts grundlegend verkehrt daran», sagte er; und dann machte er ihr noch ein paar Detailvorschläge.
    «Sie sind so klug, Peter. Sie haben völlig recht. Natürlich ist das die eleganteste Art, die Klippe mit der Uhr zu umgehen. Aber warum kommt mir die ganze

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