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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Türgriff zu hinterlassen. Die Dekanin stellte folgsam das benötigte Requisit zur Verfügung, und die Tür wurde geöffnet.
    Harriets erster Blick im Schein der Taschenlampe galt dem Lichtschalter. Er stand auf «Aus», und sie knipste ihn mit dem Griff ihrer Taschenlampe an. Vor ihren Blicken lag der Hörsaal.
    Es war ein recht kahler, ungemütlicher Raum, in dem nur ein paar lange Tische, etliche harte Stühle und eine Tafel standen.
    «Naturwissenschaftlicher Hörsaal» hieß er teils deshalb, weil Miss Edwards hier gelegentlich Repetitonen hielt, für die nicht viel an Apparaten benötigt wurde, hauptsächlich aber, weil irgendeine längst verstorbene und vergessene Gönnerin dem College eine bestimmte Geldsumme vermacht hatte, dazu etliche wissenschaftliche Bücher, anatomische Modelle, Porträts verstorbener Wissenschaftler und Vitrinen mit allerlei Gesteinsproben; dieses Vermächtnis, das auch so schon Umstände genug machte, hatte sie dann noch mit der Auflage gekrönt, daß der ganze Krimskrams zusammen in einem Raum unterzubringen sei. Ansonsten enthielt dieser Raum nichts, was ihn für naturwissenschaftliche Studien besonders geeignet gemacht hätte, höchstens daß er auf einer Seite eine Verbindungstür zu einem Abstellraum hatte, in dem ein Wasserbecken installiert war. Dieser Abstellraum wurde von Fotoenthusiasten gelegentlich als Dunkelkammer benutzt und hieß darum auch so.
    Über die Ursache des Krachens und Polterns, das die beiden Hausmädchen gehört hatten, gab es, sowie das Licht erst an war, keinen Zweifel mehr. Die Tafel war umgestoßen und ein paar Stühle verrückt worden, als ob jemand, der im Dunkeln eilig den Raum verlassen wollte, dabei mit dem Mobiliar zusammengestoßen wäre. Am interessantesten aber waren die Sachen auf einem der Tische. Da lag nämlich ein Blatt Zeitungspapier, und darauf stand ein Leimtopf mit Pinsel, daneben der Rest eines billigen Schreibblocks und der Deckel eines Pappkartons mit lauter ausgeschnittenen Buchstaben darin. Außerdem lagen auf dem Tisch mehrere bereits fertige Botschaften im bekannten Stil der Giftspritze und auf die übliche Weise zusammengeklebt; ein erst halbfertiges Werk im selben Kunststil war auf den Boden geflattert und zeigte an, daß die Giftspritze mitten in der Arbeit gestört worden war.
    «Hier macht sie das also!» rief die Dekanin.
    «Ja», sagte Harriet. «Möchte nur wissen, warum. Es erscheint mir unnötig auffällig. Warum nicht in ihrem eigenen Zimmer? … Hören Sie mal, Miss Martin – nein, heben Sie das bitte nicht auf. Lassen Sie lieber alles, wie es ist.»
    Die Tür zur Dunkelkammer stand offen. Harriet ging hinein und begutachtete das Wasserbecken und das offene Fenster darüber. Spuren im Staub auf der Fensterbank verrieten deutlich, daß da jemand hinausgestiegen war.
    «Wie sieht es draußen unterhalb dieses Fensters aus?»
    «Steinplatten. Da werden wir leider nichts finden.»
    «Nein; und zufällig ist das auch noch eine Stelle, die man von nirgendwo einsehen kann, nur von den Badezimmerfenstern im Korridor. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß jemand die Person hier hat hinaussteigen sehen. Wenn die Briefe in einem Hörsaal hergestellt werden mußten, war dieser hier recht gut gewählt. So! Ich wüßte nicht, was wir hier im Moment noch viel tun könnten.»
    Harriet wandte sich abrupt an die beiden Hausmädchen. «Sie sagen, Sie haben die Person gesehen, Annie?»
    «Ich habe sie nicht direkt gesehen, Madam, nicht daß ich sie erkennen konnte. Sie hatte etwas Schwarzes an und saß mit dem Rücken zur Tür am hintersten Tisch. Ich dachte, sie schrieb.»
    «Haben Sie ihr Gesicht nicht gesehen, als sie hierher an die Tür kam, um das Licht auszuschalten?»
    «Nein, Madam. Ich habe Carrie gesagt, was ich sah, und Carrie wollte auch mal sehen und ist gegen die Tür gestoßen, und wie ich ihr noch sagte, sie soll nicht solchen Lärm machen, ging schon das Licht aus.»
    «Sie haben also gar nichts gesehen, Carrie?»
    «Also, ich weiß es nicht einmal, Miss. Ich war so aufgeregt. Das Licht hab ich noch gesehen, aber dann überhaupt nichts mehr.»
    «Vielleicht ist sie an der Wand entlanggeschlichen, um an den Schalter zu kommen», sagte die Dekanin.
    «Muß sie wohl. Könnten Sie sich mal an den Tisch setzen, auf diesen Stuhl, der ein bißchen herausgezogen ist, Miss Martin, während ich feststelle, was man von der Tür aus sehen kann? Wenn ich dann ans Glas klopfe, stehen Sie auf, bringen sich so schnell wie möglich

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