Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
was er zu der Geschichte von heute nacht zu sagen hat. Sehen wir uns aber jetzt einmal um, ob es sonst noch irgendwo Ärger gegeben hat.»
    Sie konnten jedoch nichts Außergewöhnliches feststellen.
     
    Harriet rief noch vor dem Frühstück im Mitre an.
    «Peter, könnten Sie vielleicht schon heute vormittag statt erst um sechs Uhr kommen?»
    «In fünf Minuten, wann und wohin Sie wollen. ‹So sie es von ihnen verlangte, würden sie barfuß nach Jerusalem gehen, an den Hof des großen Cham, nach Ostindien, ihr einen Vogel zu fangen, damit sie ihn an ihrem Hute trage.› Ist etwas passiert?»
    «Nichts Schlimmes; ein paar neue Beweise in situ. Sie dürfen aber zuerst noch fertig frühstücken.»
    «Ich bin in einer halben Stunde an der Pforte im Jowett Walk.»
     
    Er kam in Begleitung Bunters und einer Kamera. Harriet führte beide ins Zimmer der Dekanin und erzählte ihnen die Geschichte, unterstützt von Miss Martin, die fragte, ob er die beiden Hausmädchen sprechen möchte.
    «Fürs erste noch nicht. Sie haben ja schon alle notwendigen Fragen gestellt. Sehen wir uns zuerst einmal den Saal an. Es führt, wenn ich es richtig verstehe, kein anderer Weg dorthin als über diesen Flur. Zwei Türen links – Studentenzimmer, nehme ich an. Und eine rechts. Das übrige sind Badezimmer und so weiter. Welches ist die Tür zur Dunkelkammer? Diese? Voll im Blickfeld der andern Tür. Dann gibt es also keinen anderen Fluchtweg als aus dem Fenster. Aha. Der Schlüssel zum Hörsaal steckte innen, und der Vorhang war genauso wie jetzt? Sind Sie sicher? Gut. Darf ich den Schlüssel haben?»
    Er öffnete die Tür und warf einen Blick hinein.
    «Machen Sie davon mal eine Aufnahme, Bunter. Sie haben in diesem Bau sehr schöne, solide gearbeitete Türen. Eiche. Kein Lack, keine Politur.»
    Er nahm eine Lupe aus der Tasche und führte sie ziemlich flüchtig über Lichtschalter und Türklinke.
    «Werde ich wirklich einmal sehen, wie Fingerabdrücke genommen werden?» fragte die Dekanin.
    «Gewiß», antwortete Wimsey. «Sie werden uns natürlich nichts sagen, aber es beeindruckt die Zuschauer und erzeugt Vertrauen. Bunter, den Blasebalg. Sie werden jetzt sehen», sagte er, indem er Türrahmen und Klinke rasch mit dem weißen Pulver einstäubte, «wie tief eingewurzelt die Angewohnheit ist, Türen beim Öffnen mit der Hand anzufassen.» Eine erstaunlich große Zahl einander überlagernder Fingerabdrücke wurde oberhalb des Türschlosses sichtbar, als er das überschüssige Pulver wegblies. «Daher die hervorragende alte Einrichtung des Türschoners. Kann ich mir mal einen Stuhl aus dem Badezimmer leihen? … Oh, danke, Miss Vane; ich hatte nicht gemeint, daß Sie ihn holen sollten.»
    Er dehnte seine Bestäubungsaktion auf die Oberkante der Tür und des Rahmens aus.
    «Da oben erwarten Sie doch sicher keine Fingerabdrücke zu finden?» fragte die Dekanin.
    «Nichts würde mich mehr überraschen. Es ist nur eine Demonstration von Gründlichkeit und Tüchtigkeit. Alles Routine, wie die Polizei sagt. In Ihrem College wird immer sehr schön Staub gewischt; ich gratuliere Ihnen. So, das war’s. Nun wollen wir unser scharfes Augenmerk der Dunkelkammertür zuwenden und dort dasselbe tun. Schlüssel? Danke. Weniger Fingerabdrücke, wie Sie sehen. Ich schließe daraus, daß die Dunkelkammer meist durch den Hörsaal betreten wird. Das erklärt vermutlich auch das Vorhandensein von Staub auf der Oberkante dieser Tür. Irgendwo wird immer etwas übersehen, nicht? Aber der Linoleumboden ist gewissenhaft gefegt und gebohnert. Muß ich auf die Knie hinuntergehen und ihn nach Fußspuren absuchen? Das ist schlecht für die Hose und bringt selten etwas ein. Sehen wir uns lieber mal das Fenster an. Ja – da scheint ganz gewiß jemand hinausgeklettert zu sein. Aber das wußten wir ja schon. Sie ist übers Spülbecken gestiegen und hat diesen Becher vom Tropfbrett gestoßen.»
    «Sie ist ins Wasserbecken getreten», sagte Harriet, «und hat einen feuchten Abdruck auf der Fensterbank hinterlassen. Der ist natürlich inzwischen getrocknet.»
    «Ja, aber das beweist uns, daß sie wirklich auf diesem Weg und um diese Zeit hier hinausgestiegen ist. Obwohl das kaum noch eines Beweises bedürfte. Es gibt keinen andern Weg hinaus. Wir haben es nicht mit dem sattsam bekannten Problem eines hermetisch abgeschlossenen Zimmers mit einer Leiche darin zu tun. Sind Sie da drüben fertig, Bunter?»
    «Ja, Mylord; ich habe drei Aufnahmen gemacht.»
    «Das müßte reichen.

Weitere Kostenlose Bücher