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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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benutze selbst welche, aber meine sind messingfarben. Und einige von den Studentinnen haben welche. Und Miss Lydgate – aber ich glaube, die ihren sind auch messingfarben.»
    «Ich weiß, wer schwarze Haarnadeln von dieser Form benutzt», sagte Harriet. «Ich hatte einmal das Vergnügen, sie ihr in die Frisur zu stecken.»
    «Miss de Vine, natürlich! Stets die Weiße Königin. Und sie verstreut sie natürlich auch immer in der Gegend herum. Aber ich hätte gedacht, sie sei so ungefähr die einzige Person im ganzen College, die nie in diesen Hörsaal kommt und nie die Dunkelkammer betritt und nie naturwissenschaftliche Werke konsultiert.»
    «Als ich gestern nacht hierherkam», sagte Harriet, «arbeitete sie in ihrem Zimmer.»
    «Haben Sie sie gesehen?» fragte Wimsey rasch.
    «Tut mir leid. Das war dumm von mir. Ich wollte nur sagen, daß ihre Leselampe an war, dicht beim Fenster.»
    «Eine brennende Leselampe ist noch lange kein Alibi», sagte Wimsey. «Ich fürchte, jetzt muß ich mich doch noch auf den Fußboden begeben.»
    Es war dann die Dekanin, die eine zweite Haarnadel fand – genau an der Stelle, wo man sie am wahrscheinlichsten zu finden erwarten konnte, nämlich in einer Ecke nah beim Wasserbecken in der Dunkelkammer. Sie war mit ihrer detektivischen Leistung so zufrieden, daß sie beinahe vergaß, was ihr Fund bedeutete, bis Harriets Bestürzungsruf es ihr klarmachte.
    «Wir haben ja die Haarnadeln noch nicht mit Sicherheit identifiziert», tröstete Lord Peter sie. «Das wird eine hübsche kleine Aufgabe für Miss Vane sein.» Er sammelte die Blätter ein. «Die nehme ich mit und lege sie zu der übrigen Sammlung. Ich will nicht annehmen, daß auf der Tafel noch etwas für uns steht?»
    Er hob die Tafel hoch, auf der aber nur mit Kreide ein paar chemische Formeln in Miss Edwards’ Handschrift standen, und richtete den Ständer an der hinteren Fensterseite wieder auf.
    «Passen Sie mal auf!» rief Harriet plötzlich. «Ich weiß jetzt, warum sie hier entlanggegangen ist. Sie wollte zum Hörsaalfenster hinaus und hatte die Gitter ganz vergessen. Erst als sie den Vorhang aufzog und das Gitter sah, fiel ihr die Dunkelkammer ein; dann wollte sie eiligst dorthin und hat dabei die Tafel umgestoßen und ist auch noch gegen die Stühle gerannt. Sie muß zwischen dem Tafelständer und dem Fenster gestanden haben, denn Tafel und Ständer sind nach vorn in den Raum gefallen, nicht nach hinten zur Wand.»
    Peter sah sie nachdenklich an. Dann ging er noch einmal in die Dunkelkammer und schob das Fenster hinauf und hinunter. Es bewegte sich leicht und fast geräuschlos.
    «Wenn hier nicht alles so gut gebaut wäre», sagte er fast vorwurfsvoll zur Dekanin, «hätte jemand dieses Fenster hochgehen hören und wäre rechtzeitig hierhergelaufen, um die Dame zu fangen. Wie die Dinge aber liegen, kann ich mich im Moment nur wundern, daß Annie diesen Becher nicht ins Waschbecken hat fallen hören … Aber wenn sie’s gehört hat, wird sie gedacht haben, es sei irgend etwas im Hörsaal gewesen – eine dieser Vitrinen oder was weiß ich. Sie haben nichts gehört, nachdem Sie hier ankamen, nein?»
    «Gar nichts.»
    «Dann muß sie entkommen sein, während Carrie Sie aus dem Bett holte. Ich nehme an, daß keiner sie hat weglaufen sehen?»
    «Ich habe die einzigen drei Studentinnen gefragt, von deren Zimmer aus man diese Wand hier sehen kann, und sie haben nichts gesehen», antwortete Harriet.
    «Na ja, Sie können Annie noch nach dem Becher fragen. Und fragen Sie beide Mädchen, ob sie beim Vorbeikommen gesehen haben, ob das Dunkelkammerfenster offen oder zu war. Ich glaube nicht, daß sie auf dergleichen überhaupt geachtet haben, aber wissen kann man es nie.»
    «Ist es denn wichtig?» fragte die Dekanin.
    «Nicht sehr. Aber wenn das Fenster zu war, bestätigt es sozusagen Miss Vanes Theorie wegen der Tafel. War es aber offen, so würde das nahelegen, daß der Rückzug auf diesem Wege geplant war. Die Frage ist, ob wir es mit einer kurzsichtigen oder weitsichtigen Person zu tun haben – im übertragenen Sinne, meine ich. Und Sie könnten bei der Gelegenheit auch fragen, ob eine der anderen Frauen im Hausmädchenflügel das Licht im Hörsaal gesehen hat und wenn ja, wie früh.»
    Harriet lachte.
    «Das kann ich Ihnen sofort sagen. Keine. Sonst hätten sie sich nämlich alle schon darum gerissen, es uns zu erzählen. Sie dürfen vollkommen sicher sein, daß Annies und Carries Abenteuer heute morgen beim Personal Thema

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