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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Nummer eins war.»
    «Das ist wiederum sehr wahr», sagte Seine Lordschaft.
    Es trat Stille ein. Im Hörsaal schien es nichts Erforschenswertes mehr zu geben. Harriet machte Wimsey den Vorschlag, sich einmal im College umzusehen.
    «Das wollte ich auch gerade vorschlagen», sagte er, «wenn Sie die Zeit erübrigen können.»
    «Miss Lydgate erwartet mich in einer halben Stunde zu einem neuen Großangriff auf ihre Prosodie», sagte Harriet. «Da darf ich nicht schwänzen, denn ihre Zeit ist kostbar, und ganz plötzlich ist der Ärmsten auch noch ein neuer Anhang eingefallen.»
    «O nein !» rief die Dekanin.
    «Leider doch! Aber wir könnten einmal kurz herumgehen und uns die bisherigen Hauptschlachtfelder ansehen.»
    «Vor allem möchte ich den Speisesaal und die Bibliothek und den Verbindungsgang dazwischen sehen; außerdem den Eingang zum Tudor mit Miss Bartons früherem Zimmer, die Lage der Kapelle in bezug auf den Nebeneingang und die Stelle, wo man mit Gottes Hilfe über die Mauer steigen kann, sowie den Weg vom Queen Elizabeth zum Neuen Hof.»
    «Du lieber Himmel!» rief Harriet. «Haben Sie etwa die ganze Nacht dagesessen und meine Aufzeichnungen studiert?»
    «Pst! Nein, ich bin nur früh aufgewacht. Aber lassen Sie das Bunter nicht hören, sonst macht er sich gleich wieder große Sorgen. Es sind schon Leute gestorben und von den Würmern gefressen worden, aber nicht vom frühen Aufstehen. Es heißt ja sogar im Sprichwort, daß der frühe Wurm den Vogel bekommt.»
    «Dabei fällt mir ein», sagte die Dekanin, «daß in meinem Zimmer ein halbes Dutzend Würmer wartet, die alle den Vogel noch in dieser Minute kriegen wollen. Drei wegen unerlaubten Ausgangs, zwei wegen unzeitigen Grammophongedudels und eine wegen unbefugten Autofahrens. Wir sehen uns beim Abendessen, Lord Peter.»
    Sie eilte energisch davon, um sich die Missetäterinnen vorzuknöpfen, und überließ Peter und Harriet ihrem Rundgang. Peters Kommentare gaben Harriet nicht viel Aufschluß darüber, was er dachte; sie hatte sogar das Gefühl, daß er mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache war.
    «Ich vermute», sagte er schließlich, als sie die Pforte am Jowett Walk erreichten, wo er sein Auto stehengelassen hatte, «daß Sie nachts jetzt nicht mehr viel Ärger haben werden.»
    «Warum das?»
    «Nun, zum einen werden die Nächte immer kürzer und die Risiken immer größer … Trotzdem, werden Sie es mir übelnehmen, wenn ich Sie bitte – wenn ich Ihnen vorschlage, für sich persönlich ein paar Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen?»
    «Was für Maßnahmen?»
    «Ich will Ihnen nicht gleich einen Revolver anbieten, den Sie mit ins Bett nehmen sollen. Aber ich habe das Gefühl, daß Sie und mindestens noch eine weitere Person von jetzt an in Gefahr sind, angegriffen zu werden. Vielleicht ist es nur Einbildung. Aber wenn diese Ulknudel erst einmal eine Weile eingeschüchtert und zur Untätigkeit verdammt war – und ich glaube, daß sie jetzt eingeschüchtert ist –, könnte der nächste Zwischenfall ernster Natur sein – wenn er eintritt.»
    «Nun», meinte Harriet, «wir haben doch ihr Wort, daß sie mich nur komisch findet.»
    Seine Aufmerksamkeit schien von irgend etwas am Armaturenbrett in Anspruch genommen zu sein, und er sagte, ohne sie anzusehen, sondern den Blick auf den Wagen gerichtet:
    «Ja. Aber ohne eitel sein zu wollen, ich wünschte, ich wäre Ihr Mann oder Bruder oder Liebhaber, jedenfalls alles andere als was ich bin.»
    «Sie meinen, Ihre Anwesenheit sei eine Gefahr – für mich?»
    «Höchstwahrscheinlich schmeichle ich mir nur selbst.»
    «Aber mir etwas anzutun würde doch Sie nicht aufhalten.»
    «Das sieht sie vielleicht nicht so deutlich.»
    «Nun, mich stört das Risiko nicht, wenn es überhaupt eins gibt. Und ich verstehe nicht, wieso es geringer sein sollte, wenn Sie mit mir verwandt wären.»
    «Das wäre ein harmloser Grund für mein Hiersein, oder nicht? … Glauben Sie nicht, ich wollte für mich Kapital daraus schlagen. Wie Sie bemerkt haben werden, beachte ich die Formalitäten peinlich genau. Ich will Sie nur warnen, daß meine Bekanntschaft manchmal gefährlich sein kann.»
    «Stellen wir das völlig klar, Peter. Sie meinen, Ihr Hiersein könnte die betreffende Person in Verzweiflung treiben, und sie könnte dann versuchen, es an mir auszulassen. Und Sie wollen mir schonend beibringen, daß es eventuell sicherer wäre, wenn wir Ihr Interesse an dem Fall als ein Interesse anderer Art tarnten, ja?»
    «Sicherer

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