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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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mußte also etwas Besonderes sein, außer seiner allgemeinen Anwendbarkeit auf widernatürliche Frauen, die die Männer ruinieren. Nec saevior ulla pestis. »
    «Als ich das zum erstenmal hörte», mischte Miss Hillyard sich ein, «war ich sicher, daß hinter dem allem ein Mann steckte.»
    «Das war vermutlich ein sehr gesunder Instinkt», sagte Wimsey. «Ich bin überzeugt, daß ein Mann das geschrieben haben muß … Nun, ich brauche keine Zeit damit zu vertun, aufzuzeigen, wie leicht jemand nachts im College herumlaufen und Schabernack treiben konnte. In einer Gemeinschaft von rund zweihundert Menschen, von denen einige einander kaum vom Sehen kennen, ist es schwieriger, jemanden zu finden als jemanden zu verlieren. Aber daß in diesem Moment Jukes ins Spiel kam, war für X ausgesprochen unangenehm. Miss Vane war geneigt – und sagte dies auch –, sich allzu eingehend mit Jukes’ Privatleben zu befassen. Die Folge war, daß jemand, der über Jukes’ häßliche kleine Angewohnheiten gut Bescheid wußte, ihn verriet und Jukes aus dem Verkehr gezogen wurde. Mrs. Jukes fand Zuflucht bei Verwandten, und Annies Kinder wurden in Headington untergebracht. Und damit wir alle auch restlos überzeugt sein sollten, daß der Jukessche Haushalt mit allem nichts zu tun hatte, tauchte kurz darauf in Miss de Vines Zimmer eine zerschnippelte Zeitung auf.»
    Harriet sah auf.
    «Darauf war ich schließlich auch gekommen. Aber was dann vorige Woche passiert ist, schien das doch wieder ganz und gar unmöglich zu machen.»
    «Ich glaube nicht», antwortete Peter, «daß Sie das Problem – verzeihen Sie mir – unvoreingenommen und mit ungeteilter Aufmerksamkeit angegangen sind. Irgend etwas hat sich zwischen Sie und die Fakten gestellt.»
    «Miss Vane hat mir so großzügig bei meinen Büchern geholfen», flüsterte Miss Lydgate zerknirscht. «Und ihre eigene Arbeit hatte sie doch auch noch zu tun. Wir hätten sie wirklich nicht bitten dürfen, ihre Zeit für unsere Probleme zu opfern.»
    «Ich hatte Zeit genug», antwortete Harriet. «Ich war nur einfach dumm.»
    «Jedenfalls», sagte Wimsey, «hat Miss Vane genug getan, um X das Gefühl zu geben, daß sie eine Gefahr für sie war. Zu Beginn dieses Trimesters sehen wir, daß X immer verzweifelter wird und zu allem entschlossen ist. Die Tage werden länger, und es wird immer schwieriger, nachts herumzugeistern. Es wird ein psychologisches Attentat auf Miss Newlands Leben und Verstand verübt, und als das scheitert, wird der Versuch gemacht, durch Briefe an den Vizekanzler für Aufsehen an der Universität zu sorgen. Die Universität erwies sich jedoch als ebenso stabil wie das College; sie hatte die Frauen zu sich hereingelassen, jetzt war sie nicht gewillt, sie im Stich zu lassen. Das war für X zweifellos bitter. Dr. Threep agierte als Unterhändler zwischen dem Vizekanzler und Ihnen, und die Sache wurde vermutlich geregelt.»
    «Ich habe den Vizekanzler informiert», sagte die Rektorin, «daß Schritte unternommen würden.»
    «Eben; und mir haben Sie ein Kompliment gemacht, indem sie mich baten, diese Schritte zu unternehmen. Ich hatte von Anfang an wenig Zweifel an der Identität von X; aber ein Verdacht ist noch kein Beweis, und mir war sehr daran gelegen, keine Verdächtigungen auszustreuen, die nicht zu rechtfertigen gewesen wären. Meine erste Aufgabe bestand natürlich darin, festzustellen, ob Miss de Vine wirklich einmal jemanden ermordet oder verletzt hatte. Im Verlaufe einer sehr interessanten Unterhaltung nach dem Essen teilte sie mir hier in diesem Zimmer mit, daß sie vor sechs Jahren entscheidenden Anteil daran hatte, einen Mann um seinen Ruf und seinen Lebensunterhalt zu bringen – und wir sind, wenn Sie sich erinnern, übereingekommen, daß dies eine Handlungsweise war, die ein männlich denkender Mann oder eine fraulich denkende Frau wahrscheinlich übelnehmen würde.»
    «Soll das heißen», rief die Dekanin, «daß unser ganzes Gespräch darauf abzielte, diese Geschichte zu erfahren?»
    «Ich habe jedenfalls eine Gelegenheit herbeigeführt, die Geschichte zu erzählen; und wenn sie da nicht herausgekommen wäre, hätte ich darum gebeten. Nebenbei wurde mir damals auch noch etwas zur Gewißheit, wovon ich innerlich von Anfang an überzeugt gewesen war, nämlich daß es in diesem Kollegium keine einzige Frau gibt, ob verheiratet oder ledig, die persönliche Verpflichtungen über die Berufsehre stellen würde. Diesen Punkt klarzustellen erschien mir notwendig

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