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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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können?»
    «Ich hatte wenigstens so viel Anstand, zu wissen, daß ich es nicht als Begleichung einer Schuld annehmen konnte. Aber ich habe nie gewagt, Ihnen zu sagen, was diese Zurechtweisung für mich bedeutete, nachdem ich sie endlich als das erkannte, was sie war … Harriet; mit meiner Religion – oder nur schon mit meiner Moral – ist es nicht weit her, aber ich erkenne einen gewissen Verhaltenskodex an. Ich weiß, daß die schlimmste Sünde – vielleicht die einzige Sünde überhaupt –, die Leidenschaft begehen kann, Freudlosigkeit ist. Sie muß sich unter Lachen hinlegen oder ihr Bett in der Hölle machen – dazwischen gibt es nichts … Mißverstehen Sie mich nicht. Ich habe sie mir gekauft, oft – aber nie als Zwangsversteigerung oder ‹unter gewaltigen Opfern› … Glauben Sie um Gottes willen nie, daß Sie mir etwas schuldig wären. Wenn ich das Echte nicht haben kann, behelfe ich mich mit der Nachahmung. Aber ich will keine Kapitulation und kein Opfer … Wenn Sie mich inzwischen ein wenig gern haben, sagen Sie, daß Sie mir dieses Angebot nie mehr machen werden.»
    «Um nichts auf der Welt. Weder jetzt noch irgendwann. Nicht nur, weil ich inzwischen meinen Selbstwert wiedergefunden habe. Nein, als ich Ihnen dieses Angebot machte, bedeutete es mir nichts – jetzt würde es mir etwas bedeuten.»
    «Wenn Sie Ihren Selbstwert wiedergefunden haben», sagte er, «ist das etwas unermeßlich Großes … Ich habe lange gebraucht, meine Lektion zu begreifen, Harriet. Ich mußte Stein um Stein die Mauer niederreißen, die ich auf meiner eigenen Selbstsucht und Dummheit errichtet hatte. Wenn es mir in all den Jahren gelungen ist, wieder an den Punkt zurückzukehren, an dem ich hätte beginnen sollen, werden Sie es mir sagen und mir erlauben, noch einmal ganz vorn anzufangen? In den letzten Tagen hatte ich hin und wieder das Gefühl, Sie könnten diese unglückliche Zeit jetzt vielleicht auslöschen und vergessen.»
    «Nein, das nicht. Aber ich habe das Gefühl, jetzt gern daran zurückdenken zu können.»
    «Danke. Das ist weit mehr, als ich erwartet hatte oder verdiene.»
    «Peter – es ist einfach nicht recht von mir, Sie so reden zu lassen. Ich bin diejenige, die sich entschuldigen müßte. Wenn ich Ihnen sonst nichts schulde, ich verdanke Ihnen zumindest meine Selbstachtung. Und ich verdanke Ihnen mein Leben –»
    «Aha!» sagte er lächelnd. «Aber das habe ich doch ausgeglichen, indem ich zuließ, daß Sie es aufs Spiel setzten. Das war der letzte Tritt, der meine Eitelkeit zur Tür hinausbefördert hat.»
    «Peter, das habe ich durchaus verstanden und weiß es zu schätzen. Darf ich Ihnen dafür nicht dankbar sein?»
    «Ich will keine Dankbarkeit –»
    «Aber Sie könnten sie doch jetzt annehmen, nachdem ich sie Ihnen geben möchte.»
    «Wenn Sie es so sehen, habe ich kein Recht, sie abzulehnen. Machen wir reinen Tisch, Harriet. Sie haben mir schon viel mehr gegeben, als Sie wissen. Sie sind frei, jetzt und für immer, soweit es mich betrifft. Sie haben gestern gesehen, wohin der Anspruch auf einen Menschen führen kann. Ich wollte es Sie nicht in ganz so brutaler Form sehen lassen, aber wenn die Umstände mich auch etwas ehrlicher machten, als ich eigentlich sein wollte, hatte ich doch bis zu einem gewissen Grade ehrlich sein wollen.»
    «Ja», sagte Harriet nachdenklich. «Sie würden nie einer These zuliebe Fakten unterdrücken.»
    «Wozu sollte das auch gut sein? Was hätte ich je damit gewinnen können, Sie an eine Lüge glauben zu lassen? Ich hatte Ihnen in fürstlicher Manier Himmel und Erde anbieten wollen. Und ich stellte fest, daß ich Ihnen nur Oxford zu geben brauche – und das gehört Ihnen schon. Sehen Sie! Gehen Sie durch diese Stadt und zählen Sie ihre Türme. Es war mein bescheidenes Vorrecht, Ihr Eigentum zu putzen und zu polieren und es Ihnen auf einem silbernen Tablett zur Begutachtung zu reichen. Treten Sie in Ihr Erbe ein und fürchten Sie sich nicht, wie es in einem anderen Zusammenhang heißt, vor dem Staunen.»
    «Lieber Peter», sagte Harriet. Sie drehte der Stadt den Rücken zu, lehnte sich an die Brüstung und sah ihn an. «Ach, zum Kuckuck !»
    «Schon gut», sagte Peter. «Alles in Ordnung. Übrigens sieht es so aus, als müßte ich nächste Woche wieder nach Rom. Aber ich werde erst am Montag aus Oxford abreisen. Am Sonntag gibt es im Balliol College ein Konzert. Kommen Sie mit? Dann haben wir noch einen schönen Abend zusammen und können unsere Seelen bei

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