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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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bald sah sie Mr. Pomfret persönlich unter seinem Türrahmen stehen und erregt mit einem Mann diskutieren, dessen Rücken der Treppe zugekehrt war.
    «Scheren Sie sich doch zum Teufel», sagte Mr. Pomfret.
    «Wie Sie wollen, Sir», sagte der Rücken. «Und wenn ich jetzt zu der jungen Dame gehe und ihr sage, daß ich gesehen habe, wie Sie ihr über die Mauer –»
    «Verdammt noch mal!» rief Mr. Pomfret. «Werden Sie wohl den Mund halten!»
    In diesem Augenblick setzte Harriet ihren Fuß auf die oberste Treppe und begegnete Mr. Pomfrets Blick.
    «Oh!» rief Mr. Pomfret entgeistert. Dann zu dem Mann: «Verschwinden Sie jetzt. Ich habe zu tun. Kommen Sie lieber ein andermal wieder.»
    «Ein ganz schöner Weiberheld, nicht wahr, Sir?» meinte der Mann ungnädig.
    Mit diesen Worten drehte er sich um, und zu ihrem Erstaunen erkannte Harriet ein wohlvertrautes Gesicht.
    «Meine Güte, Jukes», sagte sie. «Daß ich Sie hier treffe!»
    «Kennen Sie den Kerl?» fragte Mr. Pomfret.
    «Natürlich», sagte Harriet. «Er war Pförtner am Shrewsbury und wurde entlassen, weil er geklaut hatte. Ich will hoffen, daß Sie jetzt auf der geraden Bahn sind, Jukes. Wie geht’s Ihrer Frau?»
    «Gut», sagte Jukes mürrisch. «Ich komme wieder.»
    Er machte Anstalten, sich zu verziehen, aber Harriet hatte ihren Schirm so unglücklich in den Weg gestellt, daß er die Treppe wirkungsvoll versperrte.
    «He!» rief Mr. Pomfret. «Das wollen wir uns doch anhören. Kommen Sie mal einen Moment mit rein, ja?» Er packte den widerstrebenden Jukes mit kräftigem Arm und zog ihn in sein Zimmer.
    «Wegen der alten Geschichte können Sie mir nichts mehr anhaben», sagte Jukes verächtlich, während Harriet ihnen folgte und die Außentür mit lautem Knall hinter sich schloß. «Das ist vorbei und vergessen. Mit der andern kleinen Sache, von der ich gesprochen habe, hat das nichts zu tun.»
    «Worum geht’s denn?» fragte Harriet.
    «Dieser miese Patron», sagte Mr. Pomfret, «hatte die Unverfrorenheit, herzukommen und zu sagen, wenn ich ihm nichts dafür zahle, daß er den Mund hält, wird er sagen, was letzte Nacht passiert ist.»
    «Erpressung», sagte Harriet sehr interessiert, «ist eine schlimme Sache.»
    «Ich habe nichts von Geld gesagt», begehrte Jukes beleidigt auf.
    «Ich hab diesem Herrn nur gesagt, daß ich was gesehen habe, was nicht sein darf, und daß mir nicht wohl dabei ist. Er sagt, ich soll mich zum Teufel scheren, und da hab ich gesagt, dann muß ich eben zu der Dame gehen, weil ich solche Gewissensbisse habe, verstehen Sie?»
    «Nun gut», sagte Harriet. «Da bin ich. Schießen Sie los.»
    Mr. Jukes sah sie groß an.
    «Wenn ich Sie recht verstehe», sagte Harriet, «haben Sie gesehen, wie Mr. Pomfret mir letzte Nacht über die Mauer geholfen hat, als ich zum Shrewsbury zurückkam und meinen Schlüssel vergessen hatte. Was hatten Sie dort übrigens verloren? Haben Sie etwa auf der Lauer gelegen? Dann haben Sie sicher auch gesehen, wie ich anschließend herausgekommen bin und Mr. Pomfret gedankt und ihn ins College gebeten habe, damit er sich die Gebäude einmal im Mondschein ansehen kann. Und wenn Sie noch länger dageblieben wären, hätten Sie auch gesehen, wie ich ihn wieder hinausgelassen habe. Was weiter?»
    «Schöne Geschichten, das muß ich sagen», meinte Jukes unsicher.
    «Vielleicht», sagte Harriet. «Aber wenn es einer Seniorin in den Sinn kommt, ihr altes College auf unorthodoxe Weise zu betreten, wüßte ich nicht, wer sie daran hindern sollte, am wenigsten Sie.»
    «Ich glaube kein Wort davon», sagte Jukes.
    «Das kann ich nicht ändern», antwortete Harriet. «Die Dekanin hat jedenfalls Mr. Pomfret und mich gesehen und wird es glauben. Ihnen glaubt dagegen sicher keiner. Warum haben Sie dem Mann nicht gleich die ganze Geschichte erzählt, Mr. Pomfret, um sein Gewissen zu beruhigen? Übrigens, Jukes, ich habe der Dekanin vorgeschlagen, einen Stacheldraht auf der Mauer verlegen zu lassen. Für uns war die Mauer, wie sie ist, ja ganz praktisch, aber um Einbrecher und anderes unerfreuliches Gelichter fernzuhalten, ist sie nicht hoch genug. Es bringt Ihnen also nichts, wenn Sie sich dort weiter herumtreiben. In letzter Zeit sind ja einigen Leuten Sachen aus ihren Zimmern abhanden gekommen», fügte sie nicht ganz wahrheitswidrig hinzu, «so daß es vielleicht ganz gut wäre, diese Straße etwas stärker von der Polizei kontrollieren zu lassen.»
    «Kommen Sie mir nicht damit», sagte Jukes. «Ich lasse

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