Aufs Spiel gesetzt (German Edition)
brüllte nicht, er war dafür bekannt, dass er nicht brüllte und sich nicht als Trainer aufspielte. Er ging aufs Feld, machte seinen Job, gab ein Vorbild ab und teilte den Ball so oft er konnte, solange es dem Team einen Vorteil verschaffte. Wenn dann auch noch Chris an seiner Seite war, dann reichte das aus. Mit Chris, der es schaffte, alle mitzureißen; der sie anwies, immer aufmerksam nach Pässen Ausschau zu halten, Rebounds zu machen und den Ball abzugeben, so dass Xander jemand anderen finden konnte, um einen Wurf zu machen, waren sie fast unschlagbar. Aber jetzt gab es nur noch Xander und er stand an der Seitenlinie und musste dabei zu sehen, wie fünf Jahre harte Arbeit im verdammten Abfluss verschwanden und das konnte er nicht ertragen. Nicht heute Abend. Nicht, nachdem Chris ihn heute Morgen mit einem Anruf aufgeweckt hatte, um sicherzugehen, dass er okay war, weil Chris auf die Minute genau wusste, wann seine Albträume am schlimmsten waren.
Nicht, wenn ohne Christian in diesem großen Haus zu schlafen sich anfühlte, wie allein in einer Box zu sein, nur größer, dunkler und beängstigender, als zu der Zeit, als er noch ein Kind gewesen war und nicht gewusst hatte, wie viel er zu verlieren hatte.
Wallick war mit der Halbzeit nicht zufrieden. Und Xander hoffte, dass allen die Ohren bluteten, weil der Trainer sie ungefähr fünf Minuten lang angebrüllt hatte, bevor er durch den Tunnel, der die Arena mit der Umkleide verband, zurück ging, um sich mit seinem Assistenztrainer zu beraten, wer im dritten Viertel spielen sollte. Xander, der den Typ zuerst aus Prinzip gehasst hatte und ihn jetzt aus ganz persönlichen Gründen hasste, stellte fest, dass er am meisten die Tatsache hasste, dass er jetzt mit ihm einer Meinung war. Sie hatten mies gespielt und er wollte verdammt sein, wenn er sich dieses Team über die Schulter werfen und sie über das Spielfeld schleppen würde, wenn er wieder gesund war, wenn sie nicht einmal den Versuch machen konnten, ihre eigene Last zu tragen.
„Hast du was dazu zu sagen, Karcek?“, fragte Olsen, sein Sarkasmus gedämpft durch die Erschöpfung in seiner Stimme. Das andere Team hatte sie ganz schön rennen lassen und Xander wusste genau, wie sich das an fühlte.
„Gib den Ball ab“, sagte er ruhig. „Lass auch mal jemand anderen den Wurf machen. Ernsthaft, Wilson, Burkins, Oswald und Pollack, die waren beim letzten Ballverlust alle frei. Die hätten dir ausgeholfen. Aber jeder hat erwartet, dass du den Wurf machen würdest und du hast sie nicht enttäuscht.“
Burkins schnaubte. „Ist ja nicht so, dass unsere Wurf-Statistik besser wäre! Mann, Xander – keiner von uns kann werfen wie du. Als ob nur du und Gott diese Wurfstatistik haben, weißt du?“
Xander zuckte mit den Achseln. „Aber ein großer Teil davon ist einfach der, dass ich keine Würfe mache, die ich nicht schaffen kann – ich gebe sie an jemand anderen ab. Und das hilft auch deren Zahlen. Ist doch klar, so haben beide was davon.“
Die anderen seufzten und redeten aufeinander ein, während Xander sie betrachtete. Das hier waren seine Teamkameraden und er liebte sie. Nicht wie Chris, natürlich nicht, denn wen oder was könnte er jemals so lieben?
„Schaut mal, Jungs – ihr hört doch die Menge?“ Alle nickten. „Mensch, die meisten dieser Leute sind nicht reich. Sie haben irgendwas aufgegeben, ein besseres Auto oder bessere Klamotten oder neue Möbel oder irgend so was, nur um hier zu sein. Sie lieben uns und sie haben etwas aufgegeben um uns zu sehen. Es ist nur fair, dass wir auch etwas aufgeben um sie zufriedenzustellen, richtig? Also gebt eure Würfe an eure Teamkameraden ab. Ich meine ... wir sind 30 Punkte im Rückstand. Von da aus kann es nur noch besser werden.“
Er wäre so gerne würdevoll aus der Umkleide heraus gekommen, aber er ging immer noch an Krücken, also hinkte er hinaus, so schnell er konnte. Er fühlte sich dumm, dumm und voller Idealismus. Er hatte nie erwartet, dass irgendjemand ihm folgen würde, wenn er nicht auf dem Spielfeld stand. Und dort folgten sie ihm normalerweise auch nur, weil er meistens derjenige war, der vorweg rannte.
Aber er hatte eben auch einfach recht. Wenn es jemals einen Beweis gegeben hatte, dass es im Profisport eine Gnadenschussregelung geben sollte, dann war es dieses Spiel.
Er musste etwas richtig gemacht haben, befand er, denn in der zweiten Halbzeit war ein deutlicher Unterschied zu erkennen. Nicht genug, um einen
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