Aufstand der Affen
bückte sich der Rebell, hob den Besen auf und folgte den anderen.
Die Beamten beobachteten ihn noch eine Weile, dann gingen sie fort.
Frei von seinen Peinigern, stieß der Gorilla seinen Besen wütend nach links und rechts und verstreute die Abfälle, die er vorher zusammengekehrt hatte. Die Aufsässigkeit war nicht zu übersehen. Nachdem er sich in dieser Weise Luft gemacht hatte, reihte er sich in die Kette seiner Kollegen ein und arbeitete weiter, ein Lächeln einfältigen Triumphs im schwärzlichen Gesicht.
Dann sah Cäsar nicht weit voraus einen alten weiblichen Orang-Utan in ausgebeultem Arbeitsanzug unter der Last zweier gefüllter Tragkörbe schwerfällig dahinwatscheln. Als sie an einer Ruhebank vorbeikam, machte die Alte halt, setzte die Körbe ab, hielt sich ächzend die Seite und blickte verstohlen umher. Dann ließ sie sich auf die Bank nieder.
Noch ehe Cäsar das Verbotsschild an der Rückenlehne sah, erkannte er am Gesichtsausdruck der Alten, daß sie sich des Unerlaubten ihres Tuns bewußt war, obgleich sie kaum des Lesens kundig sein konnte.
Cäsar zog an der Leine und hielt Armando zurück, um zu sehen, was geschehen würde. Es dauerte nicht lange, und eine Doppelstreife der Sicherheitspolizei sah die Alte auf der Bank sitzen und kam herüber. Die Alte wurde sich der Gefahr erst bewußt, als es zu spät war. Einer der Polizisten versetzte ihr zwei schnelle Hiebe mit dem Gummiknüppel und schnappte: »Weg da, weg da!« Dann hielt er mit erhobenem Knüppel inne und sagte: »Hier darfst du nicht sitzen! Siehst du das Schild nicht?«
Sein älterer Kollege zeigte sich amüsiert. »Was willst du, sie kann nicht lesen.«
»Vielleicht nicht, aber sie weiß verdammt gut, daß sie hier nichts verloren hat.« Der andere hob den Knüppel höher. »Nein!« bellte er die Alte an. »Verschwinde!«
Sie erhob sich ängstlich, die Hände abwehrend erhoben, dann nahm sie ihre Körbe auf und watschelte davon, so schnell die Last es ihr erlaubte. Cäsar, empört und zugleich von Mitleid gerührt, murmelte mit zusammengebissenen Zähnen: »Sie haben meinesgleichen zu Sklaven gemacht!«
Armando machte eine warnende Grimasse und zupfte an der Leine. »Sei still und folge mir. Ich werde dir erklären, wie das zusammenhängt.«
Er führte Cäsar in einen der kleinen Parks und setzte sich auf eine Bank. Cäsar blieb stehen, wie es das Verbotsschild verlangte. Nachdem er sich mit einem Rundblick vergewissert hatte, daß niemand in Hörweite war, sagte der alte Mann: »Zur Zeit deiner Geburt hätte kein Mensch geglaubt, daß es jemals zu solchen Verhältnissen kommen würde. Das heißt, schon damals gab es einzelne Männer – Wissenschaftler und Geschäftsleute –, die das Potential der biogenetischen Forschung begriffen und im stillen jene Experimente und Planungen durchführten, aus denen eine Generation später die größte biologische und gesellschaftliche Veränderung aller Zeiten hervorgehen sollte.«
»Was taten diese Leute?« flüsterte Cäsar.
»Sie hatten die Idee, daß Primaten unschlagbar billige Arbeitskräfte sein könnten, wenn es gelänge, sie in Konstitution und Intelligenz näher an den Menschen heranzuführen. Dazu brachten sie mittels der biogenetischen Technik der Zellkernverschmelzung bestimmte erwünschte Gene menschlicher Herkunft in die Erbmasse von Primaten ein und züchteten daraus eine Zwischenform – die sogenannten entwickelten Primaten. Das sind aufrechtgehende, in der Körpergröße dem Menschen angeglichene, relativ intelligente und für die verschiedensten Zwecke brauchbare Arbeitskräfte.«
»Das – das ist monströs!« sagte Cäsar. »Gibt es denn nicht genug Menschen für alle anfallenden Arbeiten? Sind die Zeitungen nicht voll von Berichten über das Arbeitslosenproblem?«
»Du verstehst nicht, Cäsar. Es geht nicht um Arbeitskräfte, sondern um ihren Preis. In den Industriestaaten ist die menschliche Arbeitskraft teuer. Die Löhne sind hoch, und außerdem fallen Beiträge für Alterssicherung und Krankenversorgung an. Und schon immer gab es Menschen, denen das Geld leid tat, das sie für Arbeitslöhne ausgeben mußten; darum ist die Sklaverei so alt wie die Zivilisation. Das Verbot menschlicher Sklavenarbeit im neunzehnten Jahrhundert traf viele dieser Leute schwer, denn sie hatten aus dem System enorme Gewinne gezogen. Je stärker die Arbeiter sich nun organisierten und immer höhere Löhne durchsetzten, desto eifriger suchte das Kapital nach Auswegen. Es investierte in
Weitere Kostenlose Bücher