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Aufstand der Alten

Aufstand der Alten

Titel: Aufstand der Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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umher, als ob er fürchtete, daß die Hermeline bereits kämen.
    »Wir können uns in die Häuser einschließen, wenn sie kommen«, sagte Graubart. »Dort können wir uns verteidigen, ohne das Dorf zu verlassen. Hier ist es sicherer.«
    Mole fuhr zornig herum. »Wie viele sichere Häuser haben wir? Du weißt, daß sie auf das Vieh losgehen werden, wenn sie einmal richtig hungrig sind, und dann sind sie auch über uns. Und überhaupt, wer gibt hier Befehle? Du nicht, Graubart! Komm mit, Trouter, worauf warten wir noch?«
    Er und Mole ließen Graubart stehen und rannten auf das Bootshaus zu, so schnell sie konnten, wobei sie brüllten: »Regt euch nicht auf, ihr verdammten Krüppel! Wir bringen euch alle hinüber.«
    Der Ort nahm das Aussehen eines durchstocherten Ameisenhaufens an. Das Boot mit den Flüchtlingen aus Grafton Lock war jetzt ein gutes Stück flußabwärts und hatte das kleine Wehr glücklich hinter sich gebracht. Graubart stand noch auf der Brücke und betrachtete das Chaos, als Martha zu ihm kam.
    Seine Frau war eine stattliche Erscheinung und von mittlerer Größe, obwohl sie sich unter der Decke, die sie um ihre Schultern gelegt hatte, etwas gebeugt hielt. Ihr Gesicht war ein wenig schlaff und bleich, mit feinen Runzeln um Augen und Mund, doch war immer noch etwas vom guten Aussehen ihrer Jugend da. Sie sah sofort seinen geistesabwesenden Ausdruck.
    »Zu Hause kannst du genauso gut träumen«, sagte sie.
    Er nahm ihren Arm. »Ich habe überlegt, wie es wohl am Ende des Flusses aussehen mag. Ich würde alles dafür geben, wenn ich einmal sehen könnte, wie das Leben an der Küste ist. Sieh nur, wie wir hier leben – so würdelos. Wir sind ein Pöbelhaufen, weiter nichts.«
    »Hast du keine Angst vor den Hermelinen, Algy?«
    »Natürlich habe ich Angst vor ihnen.« Er erwiderte ihr Lächeln. »Und ich bin es leid, Angst zu haben. Seit elf Jahren sitzen wir wie Gefangene in diesem Dorf.«
    Sie gingen gemeinsam zu ihrem Haus. Das sonst so stille Sparcot war mit Leben erfüllt. Sie sahen Leute draußen auf den Viehweiden, die die wenigen Kühe zusammentrieben, um sie in Sicherheit zu bringen. Die Ställe lagen am Flußufer und waren zum Schutz gegen Überschwemmungen auf Pfählen errichtet.
    Als sie an Annie Hunters Haus vorbeikamen, schlüpfte Willy Tallridges ausgetrocknete Gestalt aus dem Seiteneingang. Er knöpfte noch an seiner Jacke und eilte zum Fluß, so schnell ihn seine achtzigjährigen Beine tragen konnten, ohne die beiden zu beachten. Annies rundes, dick mit Rouge und Puder bedecktes Gesicht erschien an einem der Fenster im Obergeschoß. Sie winkte ihnen flüchtig zu.
    »Es ist Hermelin-Alarm gegeben worden, Annie«, rief Graubart. »Sie machen sich fertig, Leute über den Fluß zu bringen.«
    »Danke für die Warnung, aber ich schließe mich hier ein.«
    »Man muß es ihr lassen, sie hat Mut«, sagte Graubart im Weitergehen. »Nun sei ein gutes Mädchen und geh nach Haus. Pack die wichtigsten Habseligkeiten zusammen. Ich komme in zehn Minuten nach. Ich muß den Leuten helfen, das Vieh in die Ställe zu bringen.«
    »Algy, ich bin nervös. Wozu packen? Was sollen wir am anderen Ufer?«
    Sein Gesicht war plötzlich hart. »Tue, was ich dir sage, Martha. Wir gehen nicht ans andere Ufer; wir fahren den Fluß hinunter. Wir verlassen Sparcot.«
    Bevor sie etwas sagen konnte, ging er fort. Sie sah ihm einen Moment nach, dann stapfte sie weiter die schlammige Straße entlang und betrat das kleine, dunkle Haus. Die Bestürzung über die Worte ihres Mannes hielt nicht an; nun, als sie sich zwischen den engen Wänden umsah, von denen die schimmeligen Tapeten in Fetzen hingen, wünschte sie, daß er es mit seiner Ankündigung ernst meinte.
    Aber – Sparcot verlassen? Die Welt war für sie so zusammengeschrumpft, daß sie nur noch aus Sparcot bestand ...
    Als Graubart zu den Ställen am Fluß hinunterging, kam es weiter vorn am Ende der Straße zu einem Streit. Zwei Gruppen von Menschen, die Gepäck zum Ufer schleppten, waren kollidiert, und nun war es zu einem jener schwächlichen Zornesausbrüche gekommen, die so charakteristisch für das Leben im Dorf waren. Das Resultat würde ein Knochenbruch sein, eine Herzattacke vielleicht, Bettlägerigkeit, Lungenentzündung und zuletzt ein neuer Hügel auf dem armseligen Friedhof unter den zerzausten Föhren, wo der Boden sandig war und dem Spaten leicht nachgab.
    Graubart hatte sich bei solchen Auseinandersetzungen oft als Vermittler bemüht, aber jetzt ließ

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