Aufstand der Alten
er die Leute streiten und begann, den anderen beim Viehtrieb zu helfen. Die Tiere waren – damit mußte man sich abfinden – mindestens so wertvoll wie dieses menschliche Gerümpel.
Widerwillig trotteten die Rinder vor den Stecken und Knüppeln der Treiber her und über die schräge Rampe in den Stall.
Ein Geräusch wie das Brechen morschen Holzes ließ die Treiber innehalten. Zwei Pfosten des Bauwerks neigten sich bedrohlich. Jemand stieß einen Warnruf aus, aber schon begann das Bauwerk nachzugeben. Die Stützen brachen. Das ganze Stallgebäude kippte zur Seite hin ab und brach in sich zusammen. Die überlebenden Tiere flüchteten mit steifen, galoppierenden Bocksprüngen; drei oder vier lagen unter den Trümmern begraben.
»Zum Teufel mit dem Viehzeug!« brüllte George Swinton, an Graubart vorbeidrängend. »Zu den Booten!« Keiner der anderen kümmerte sich noch weiter um die Rinder. Die Männer warfen ihre Stöcke fort und trotteten Swinton nach. Graubart blieb allein zurück. Er half einer Jungkuh unter einem gefallenen Balken heraus und sah, wie sie ihren Gefährtinnen nach auf die Weide zurückgaloppierte.
Als er seinem Haus zustrebte, kam ein Schuß – er klang nach Jim Moles Revolver – aus der Richtung der steinernen Brücke.
Seinem Echo folgte ein zweiter. Graubart beschleunigte seinen Schritt, lief durch den winterlich öden Garten seines Hauses und spähte um die Ecke.
Bei der Brücke raufte eine Gruppe Dorfbewohner. Ein tiefhängender Abendnebel legte ein weißliches Band über die Szene und halbierte die Bäume des jenseitigen Ufers, aber durch eine Lücke in der verfallenen Gartenmauer konnte Graubart deutlich verfolgen, was bei der Brücke vor sich ging.
Das zweite Boot aus Grafton Lock kam gerade den Fluß herunter, als das Boot von Sparcot vom Ufer abstieß, um den Fluß zu überqueren. Das fremde Boot war mit weißhaarigen und kahlköpfigen Männern und Frauen besetzt, die nun wild gestikulierend ihre Arme schwenkten. Das Boot von Sparcot war mit den aggressiveren Mitgliedern der Gemeinde überladen, die erfolgreich darauf bestanden hatten, mit der ersten Fuhre übergesetzt zu werden. Durch Unfähigkeit und Altersstumpfsinn auf beiden Seiten kam es zu einer Kollision der beiden Boote.
Jim Mole stand auf der Brücke und zielte mit seinem Revolver in das Getümmel. Ob er mit seinen ersten beiden Schüssen jemanden getroffen hatte, konnte Graubart aus der Entfernung nicht sehen. Während er dastand und seine Augen anstrengte, erschien Martha neben ihm.
»Typisch für Mole«, knurrte er. »Brutal genug ist er, aber er hat keine Ahnung, wie er die Disziplin wiederherstellen soll. Auf die Leute in den Booten zu feuern, kann die Sache nur noch schlimmer machen.«
Jemand brüllte heiser, man solle das Boot zum Ufer zurückrudern. Niemand gehorchte, und die beiden Mannschaften verloren den letzten Rest Vernunft und gerieten in ein wildes Handgemenge. Der senile Zorn hatte sie wieder einmal überwältigt. Das Boot aus Grafton, ein geräumiges altes Motorboot, bekam eine gefährliche Schlagseite, als die Dorfbewohner sich auf die unglücklichen Insassen stürzten. Um die Verwirrung noch zu vergrößern, rannten andere am Ufer auf und ab und schrien Warnungen und Drohungen.
»Wir sind alle verrückt«, sagte Martha, »und unsere Sachen sind gepackt.«
Er warf ihr einen liebevollen Blick zu.
Mit einem dreifachen Aufklatschen fielen drei bejahrte Insassen des fremden Bootes über Bord. Graubart konnte nicht erkennen, ob sie vorsätzlich ins Wasser gestoßen worden waren, aber es bestand offenbar ein Plan, das Motorboot zu erobern und als zweite Fähre einzusetzen. Doch als die beiden Fahrzeuge von der Strömung abgetrieben wurden, kenterte das Motorboot.
Weißhaarige Köpfe tanzten im grüngrauen Wasser. Ein vielstimmiger dumpfer Aufschrei erhob sich vom Ufer. Mole feuerte seinen Revolver in die Konfusion.
»Zur Hölle mit diesen verkalkten Idioten«, sagte Graubart angewidert. »Diese Momente kopfloser Unvernunft – sie überkommen die Leute so leicht. Du weißt, was der Hausierer gesagt hat, der letzte Woche hier vorbeikam: daß die Leute von Stamford ohne Grund ihre Häuser angezündet haben. Und die Einwohner von Burford haben ihr Dorf über Nacht verlassen, weil sie glaubten, es wäre von Gnomen erobert worden! Gnomen – der alte Jeff Pitt hat nichts als Gnomen im Kopf! Und dann diese Meldungen von Massenselbstmorden. Vielleicht wird so das Ende aussehen – allgemeine
Weitere Kostenlose Bücher