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Aufstand der Alten

Aufstand der Alten

Titel: Aufstand der Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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zehn Jahre jünger als ihr Mann. Sie war eine formlose, plumpe Frau mit den ruckartigen Kopfbewegungen eines Vogels und trug einen Mantel, der genauso imponierend zusammengestückelt war wie der ihres Mannes. Ihre Herrschaft über ihren Mann war unangefochten, und sie war es auch, die mit scharfer Stimme antwortete: »Wir könnten euch die gleiche Frage stellen. Wohin wollt ihr?«
    »Wir verschwinden aus diesem modrigen Konzentrationslager, solange wir noch Beine an uns haben«, erklärte Towin.
    »Darum haben wir uns so angezogen«, ergänzte Becky, die sich ihres Aufzugs zu schämen schien. »Wir haben vor, einige Zeit fortzubleiben. Heute ist eine gute Gelegenheit, weil Mole und der Major beschäftigt sind. Aber wir hätten nie gedacht, daß du den Sprung machen würdest, Graubart. Du stehst dich gut mit dem Major, im Gegensatz zu uns einfachen Leuten.«
    Graubart überhörte die boshafte Anspielung. »Towin hat recht, wenn er das hier ein Konzentrationslager nennt«, sagte er. »Aber was für ein Ziel habt ihr vor Augen, und wie wollt ihr hinkommen?«
    Becky ließ zwei zusammengebundene Säcke, die ihren Besitz enthielten, von der Schulter gleiten und reckte sich. »Wir dachten, wir sollten nach Süden marschieren, bis wir die alte Londoner Straße erreichen.«
    »Ihr geht besser mit uns«, sagte Graubart kurz. »Wir wissen nicht, welche Zustände in den anderen Gegenden herrschen. Ich habe unterhalb vom Wehr ein Boot mit Proviant versteckt. Gehen wir.«
    Unweit vom Ufer im Dickicht verborgen, von den eingesunkenen Resten eines kleinen Kuhstalles gegen die Witterung geschützt, lag ein sechs Meter langes Dingi in Klinkerbauweise. Unter Graubarts Anleitung trugen sie das Boot zum Wasser hinunter, wo Charley und Towin es festhielten, während er das armselige Gepäck verstaute. Ein früherer Eigentümer hatte das Fahrzeug mit einem Sonnensegel ausgerüstet, das sie nun gemeinsam aufspannten. Bug und Heck waren mit Planken eingedeckt; das Sonnensegel überdachte das offene Mittelstück mit den Ruderbänken. Graubart setzte das Steuerruder ein und steckte die Riemen auf ihre Zapfen, dann half er Martha und Becky an Bord. Die Männer kletterten hinein, und Graubart stieß vom Ufer ab und versenkte das Schwert. Becky übernahm seiner Anleitung folgend das Ruder und steuerte, während die anderen ungeschickt zu rudern begannen. Sie manövrierten das Boot in die Strömung hinaus und kamen langsam in Fahrt.
    Eine Stunde später – sie hatten Sparcot ein gutes Stück hinter sich und ruderten zwischen einförmigen, dicht bewachsenen Ufern dahin – fragte Charley: »Wohin soll die Reise eigentlich gehen, Graubart?«
    Das war etwas, was er noch nie ganz durchdacht hatte. Das Dingi war für ihn niemals mehr als ein Gegenstand der Hoffnung gewesen. Aber ohne zu zögern sagte er: »Wir werden die Themse abwärts bis zur Mündung fahren. Später können wir einen Mast und ein Segel improvisieren und auf die See hinausfahren. Dann werden wir sehen, wie es an der Küste ist.«
    »Es wäre schön, das Meer wiederzusehen«, sagte Charley sinnend. »Ich habe einmal einen Sommerurlaub in – wie hieß es doch gleich? Es hatte eine lange Pier – ja, richtig, in Southend habe ich meinen Urlaub verbracht. Aber in dieser Jahreszeit wird es dort lausig kalt sein, glaube ich. Ob die Pier noch steht? Sie war schön; man konnte darauf weit hinausgehen ...«
    »Du Einfaltspinsel«, sagte Becky Thomas, »die wird schon vor vielen Jahren eingestürzt sein.«
    Der Fuchs stand mit den Vorderpfoten auf die Bordwand gestützt und witterte aufmerksam zum Ufer hinüber.
    Nach einer weiteren halben Stunde sahen sie sich zu einer Ruhepause genötigt. Towin war erschöpft, und sie alle fanden die ungewohnte körperliche Betätigung ermüdend. Becky versuchte Martha beim Rudern abzulösen, doch sie war zu ungeübt und ungeduldig, um mit dem Riemen umgehen zu können. Die beiden Frauen setzten sich zusammen ans Steuerruder und legten sich gemeinsam eine Decke um die Schultern.
    »Mit dem Herzen bin ich noch immer Städterin«, sagte Martha. »Die Verlockung des Landes ist am stärksten, wenn ich nicht dort bin. Unglücklicherweise werden die Alternativen zum Landleben immer seltener. Wo wollen wir die Nacht verbringen, Algy?«
    »Wir gehen an Land, sowie wir einen geeigneten Platz entdecken«, antwortete Graubart. »Wir müssen möglichst weit von Sparcot wegkommen, aber wir dürfen nicht Gipsy Joan und ihre Mannschaft aus Grafton Lock überholen. Mach

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