Aufstand der Maenner
Triumph aus Jokbed. »Ich sage es dir. Aus alter Freundschaft, mein Junge. Die Sache ist nämlich, daß eure großen Häuser einander immer mehr feind werden. Könnte es dich überraschen, wenn sich die einen meiner Hilfe versichern, um sich ihrer Konkurrenz zu entledigen? Wenn wir freilich den Minospalast stürmten, würden sie es vermutlich bereuen. Aber dann wäre es eben zu spät. Auch deine Pferde brauchte ich dann nicht zu furchten. Außerdem hat ein Teil meiner Leute sie kennengelernt! Meine Draufgänger wissen, daß deine Tiere sterblich sind, und so solltest du mit dem ersten Schrecken lieber gar nicht erst rechnen . . . Nun, Kamerad? Wie denkst du jetzt über deinen Freund Jokbed?«
»Nicht anders«, sagte Garp.
Aber das war eine Lüge. Hinter einem steinernen Gesicht verbarg Garp sein Entsetzen darüber, wie sehr dieses Kreta bereits unterwühlt sei. Und das furchtbarste war ihm, daß er nicht wußte, ob nicht etwa Belit . . . Vielleicht habe sie geglaubt, in Jokbed ein Mittel zur Rettung Kretas gefunden zu haben, und dabei übersehen, daß es ein tödliches Mittel sei?
»Eins hast du nicht bedacht«, sagte er laut. »Tyrus und Sidon sind unsere Verbündeten, und vielleicht könnten sie trotz deiner guten Beziehungen es vorziehen, in Gemeinschaft mit uns das Meer von dir zu befreien, ehe du zu stark geworden bist. Denn bis jetzt reicht deine Kraft höchstens so weit, einmal eine Stadt zu überrumpeln. Nicht weiter. Denke dir, wie ungelegen es allen andern käme, wenn du eines Tages eine Stadt nicht nur plündern, sondern auch behalten könntest.«
»Verflucht sei der Tag . . .«, wollte Jokbed beginnen.
»Danke, mein Vater«, sagte Garp und unterbrach damit einen Fluch, der sich auf das schönste zu entwickeln versprach. »Auch ich vergaß nicht«, fuhr er fort, »daß du mich nicht ertrinken ließest. Nur aus diesem Grunde erhalte ich mein Angebot aufrecht. - Überlege es dir.«
Jokbed hatte sich Garps Angebot überlegt und den sicheren Gewinn einem Kampf vorgezogen, bei dem er alles hätte verlieren können. In seinen Grenzen war er ein kluger Mann, und so erlaubte er seiner Eitelkeit nicht, der Vernunft in den Weg zu treten. Auch fühlte er sich stark genug, um warten zu können.
Und wirklich verzweifelte Garp trotz des Erfolges an seiner Aufgabe, wie er sie sah. Der Schein des Kohlenbeckens, in das er starrte, beleuchtete ein Gesicht des Grams.
Er kam von Belit.
Die Große Dame erblickte das Heil ausschließlich in einem festen Zusammenschluß der großen Häuser. Nichts anderes konnte sie mehr sehen. Alles wollte sie vermieden wissen, was diesen Zusammenschluß stören könnte. Alles, was Garp in die Wege geleitet hatte, billigte sie und verwarf sie zugleich, weil sie die Frage, ob die Damenherrschaft aufrechterhalten werden solle, gar nicht zu stellen vermochte.
Rheas Wille sei sie, und sie antasten galt ihr als Göttinlästerung und Weltuntergang.
Möge Garp immerhin für Getreide und Rohstoffe sorgen -das verspreche Gewinn, und Reichtum sei Macht, deren man mehr bedürfe als je zuvor. Dabei fehlte es ihr durchaus nicht an Teilnahme für die Lage des Volkes, die sie ganz richtig erkannte. Und gerade diese Teilnahme und dieses Erkennen seiner Großmutter machte Garp die Gegnerschaft zu ihr so schwer, in die er dennoch immer mehr hineinglitt.
Keine andere Weisheit war im Minospalast zu finden gewesen, als auf die bereits unerträglichen Steuern neue zu häufen. Belit sah die Unmöglichkeit dieses Verfahrens vollkommen ein; aber der Einigkeit wegen widersetzte sie sich nicht, und sie hätte doch sehen müssen, daß diese Einigkeit immer mehr auseinanderbrach. Aber vor allem zuerst die Befestigung der Herrschaft, war ihre Meinung, alles andere müsse warten. Später werde man sehen. Später! dachte Garp voll Grimm. Als wenn es ein Später, wie Belit es sich vorstelle, noch geben würde. Zuletzt laufe alles auf Gewalt hinaus und - auf seine Pferde.
Tuk und Belit - in diesem einen Punkt sei kein Unterschied zwischen den beiden. Belit wolle die Pferde, um die Herrschaft zu stützen, eine Herrschaft, die sich selbst sicherer zerstörte, als es je ein anderer vermöchte. Der Großen Dame blieb immer nur die eine Hoffnung. Das Entsetzen des Volkes vor den unheimlichen Tieren werde größer sein als dessen Verzweiflung. Garp bewunderte Belit, aber nur, weil sie vor so langer Zeit schon mit dieser Möglichkeit gerechnet und die Pferde nach Kreta gebracht hatte. Nun freilich seien sie wohl ihr
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