Aufstand der Maenner
vielen.«
»Sind das deine Gedanken«, fragte Garp, »wenn du . . .?«
»Wenn ich was? Wenn ich Adnas Leib unter meinen Händen habe? - Oh, sie hat glatte Haut und rundes Fleisch, die erlauchte Dame. Aber reizen würde es mich nur . . .«
»Laß!« befahl Garp. »Mich selbst, ihren Bruder, zählst du jedenfalls nicht zu den Besten?
»Nicht mehr. Und mehr als je zähle ich dich zu uns'.«
»Mehr als je?«
»Wohl ist auf Kreta jedes männliche Wesen ein Knecht, aber wir Knechte werden den Frauen unser eigenes Joch auflegen. Was jedoch wußtest du, was konntest du davon wissen? Jetzt sind es deine Striemen, die dich frei machen, dein Nacken unter Siphas hartem Absatz, dein ganzer Leib in der Verschlingung mit ihr, wenn sie Stachelriemen um Bauch und Schenkel gewunden hatte, um sich in ihrer Lust an deinem Schmerz zu ergötzen. Der Weg der Erkenntnis geht durch den Schmerz, und du bist ihn gegangen.«
»Aber er führte mich nicht zum Haß.«
»Du mußt den Glauben an die Frau in dir töten. Dann hast du sie überwunden.«
»Seit ich denken kann, war ich nie sehr stark im Glauben. Ich brauche ihn nicht erst zu überwinden.«
»Und doch sprachst du von den Frauen als dem Gesetz der Erde?«
»Der Erde! Gibt es außer Erde und Mond nicht noch die Sonne? Und kannst du leben ohne sie? Aber du, mein Tuk, mußt deine Damen wohl sehr geliebt haben, sonst würdest du sie nicht so hassen.«
»Das war«, sagte Tuk finster. »Aber dein Wort von der Sonne ist gut. Wer lehrte es dich?«
»Wer brauchte es mich zu lehren? Ich sehe die Sonne.«
»Du solltest nicht etwas sein wollen aus dir selbst! Du brauchst die vielen, und die vielen brauchen dich! Nur wenn ihr Wille dir gehört und solange er dir gehört, kannst du herrschen!«
»Ich bin ein Arbeiter im Hause der Belit. Vom Herrschen weiß ich nichts.«
Immer mehr brachte Garps Gelassenheit den Schreiber auf.
»Heuchle nicht!« rief er heftig und voll Neid. »Im Hause der Belit? Im Hause Kreta! Sage nie wieder, daß du nicht wissest, was du wollest! Das ist Lüge! Du willst die Herrschaft! Du mußt sie wollen! Du kannst gar nicht anders!«
»So störe nicht, was wachsen will«, sagte Garp. »Ob du recht hast, wird sich weisen.«
Eine Stille brach auf. Tuk hockte sich nieder. Aber seine Schreibtafel nahm er nicht.
»Es ist wahr, Garp«, sagte er nach einer Weile, »um teil an deiner künftigen Herrschaft zu haben, wurde ich dein Sklave.«
»Um meinen Willen zu lenken?«
»Um deinen Willen zu lenken.«
»Also um selbst zu herrschen.«
»Um selbst zu herrschen, du sagst es. - Jokbed wollte durch dich mancherlei Geschäfte befördern, das heißt: durch mich wollte er es. Er erkannte mich nie, wie du mich erkennst.«
»Aber die Geschäfte beförderst du doch?«
»Ich verhehlte es dir nicht. Du wußtest stets, was mit deinem Siegel geschah. Es war sicherer.«
Ganz vornübergebeugt saß Garp da und starrte zur Erde. Schließlich hob er den Kopf.
»Es hat sich manches geändert«, sagte er. »Jokbed hat sich an kretischen Siedlungen vergriffen und an kretischen Schiffen. Ich weiß es, obwohl du es mir verschwiegst.«
»Alles, was die Damen schwächt, erleichtert ihren Sturz.«
»Ganz recht, Tuk, du willst sie ja stürzen. Ich bin mir dessen noch nicht so gewiß, ob ich es will, und noch weniger dessen, ob du es vermagst. Jokbed ist geil nach den Schätzen von Knossos, und für einen Mann aus Sidon brauchen seine Gedanken nicht weiter zu reichen. Du aber solltest wissen, daß am Tag deiner Rache erst alles beginnt. Wenn du herrschen willst, dann laß das Volk nicht hungern, das rat’ ich dir.«
»Ich sandte Botschaft an Jokbed«, war Tuks Antwort. »Er kommt nach Knossos.« Garp stutzte. Und dann mußte er lächeln.
»Bringe ihn mir«, meinte er obenhin. »Und jetzt nimm deine Tafel, Schreiber«, fügte er als das Eigentliche hinzu, »ich sehe, du bist zu brauchen.«
»Wie es meinem Herrn gefällt.«
Ohne Spott sagte es Tuk.
21
Garp blieb länger in Knossos, als er sich vorgenommen hatte. Es war noch viel zu tun. Silber war genug auf Kreta, aber wenn die Waren knapp wurden, sank sein Wert. Was aber wolle das Volk? Mehr zu essen und ausreichende Kleidung. Garp traf also Anstalten, mehr Land unter den Pflug zu nehmen und außerdem durch Einfuhren zusätzliche Mengen von Getreide auf den Markt zu bringen.
In seinen eigenen Kreisen erntete er damit nur Feindschaft. Er senke den Preis der Läger, warf man ihm vor, und Belit wurde bedenklich, weil sie merkte,
Weitere Kostenlose Bücher