Aufstand der Maenner
ungewissen Licht vor dem Volke gestanden, bis dann seine ebenso beispielhafte wie demütige Unterwerfung unter Rhea ihn in ein grelles Licht gerückt hatte. Alle Ungewißheit schien damit getilgt.
»Oh, Vater, Schwestern, Brüder!« schrie das Mädchen. »Gesehen habe ich ihn unter den Ruten der Opferpriesterin am Altar mit meinen eigenen Augen gesehen! Er, der doch kein Knabe mehr ist, drängte sich zum Opfer! Vor mir und den andern Jungmädchen lag er auf den Stufen! Und ich sah seine Striemen!«
Es war die Tochter einer Dame, die es rief, und es bewies dem, der sich Tuk nannte, wie weit der dionysische Glaube bereits gedrungen sei. Mit einer weit ausholenden Bewegung schlug er seinen Mantel zurück und hob er das Schwert.
»Eisen! In der Schule der Gläubigen ein Schwert!«
Mit diesem Ruf der Empörung und der Furcht wich alles vor ihm zurück. Waffenlos waren sie, und der herabgeglittene Mantel des Mannes gab den Anblick einer ungewöhnlichen Kraft preis. Vor die Ausgänge warfen sie sich dennoch mit ihren Leibern, und mit Genugtuung sah der Mann, daß hier Menschen waren, die Grund zur Furcht hatten und doch gewillt waren, einem Enkel der Großen Dame den Ausgang zu wehren. Wie eine Antwort war das auf seine Frage, als sich die glühende Kohle ihm in die Hand brannte. Er hatte gehört, er hatte gesehen, und nun zögerte er nicht mehr.
»Wer das Schwert nicht berührt und nicht dessen Träger, den berührt das Schwert nicht«, sagte er und senkte den Arm. »Höret mich an - du, Vater, und ihr, meine Freunde, und wäget wohl, ob ich zu Recht erschienen bin. - Tuk ist mein Sklave, sein Name gehört mir, wie er selbst mir gehört. Tuk aber betet den einzigen Gott an, und wenn ich mich des Namens eines Bekenners bediente, so bekannte ich mich damit zum Gott, dem die Sonne der Thron ist und der gekreuzigt wurde.«
Eine Stille breitete sich aus. Aber lauerndes Mißtrauen blieb zum Sprung geduckt, um jeden Augenblick neu auszubrechen.
»Das Mädchen sprach wahr und wiederum nicht«, fuhr der Mann fort. »Mein Name ist Garp. Ich verlor ihn, ich gewann ihn zurück, und so ist er mein. Nachgeforscht habe ich über mich und über euch. Als die vielen vertilgt wurden, die vor euch und den Euern waren, kam ich zur Welt. Weit im Norden am Schwarzen Meer geschah das, an der Mündung des Flusses Phasis. Ein Amaza bin ich und ohne Mutter. Eine Stute säugte mich, ein weibliches Pferd.«
Ein Rauschen ging durch die Hörer, doch die Erwartung ließ es sich wieder legen.
»Reiterinnen sind die Mädchen der Amaza, ohne Brüste sind sie, und sie beten die Göttin an, die Große Jägerin. Ich aber sagte den Mädchen auf und der Göttin. Den Unbekannten weihte ich mich - ein Knabe -, denn ich wußte nichts von einem männlichen Gott. Gerungen habe ich mit der Göttin im Schilf und im Sturm auf dem Meere und sie besiegte mich nicht. Darum machte sie aus mir - jetzt sehe ich klar -Garparuda, den Enkel der Belit. Nach Kreta kam ich und wußte nicht, daß es das Land des Gottes sei. Der Göttin aber blieb ich feind, bis mir im Palaste des Minos der Jägerin Stellvertreterin Sipha den Fuß auf den Nacken setzte. Ich war besiegt.«
»Hört ihr! Er gesteht!« gellte das Mädchen, und die
Wiederholung durch die andern war wie Schaum auf der Woge.
»Wer unter euch wurde niemals besiegt?« warf Garp darüber. »Ja, ich gestehe! Sollte ich meine Niederlage leugnen, die man sah? Soll ich dem Mädchen sagen, sie lüge, obwohl sie die Wahrheit sprach? War Bak der Sieger, als man ihn ans Kreuz schlug? Und doch zweifelt ihr nie, daß er wiederkehren werde in seiner Herrlichkeit.«
»Vergleichst du dich mit Bak?« fragte Zeia. »Bist du Gott?«
»Gottesfeind! Gotteslästerer!« schrie es um Garp. »Steine auf ihn!«
»Noch nicht!« gebot Zeia. »Es ist Nacht, und wenn ihm der Gott nicht hilft, wird er den Tag nicht sehen.«
»Ich werde ihn sehen«, sagte Garp. »Ich war schon weiter vom Tage entfernt als jetzt. In jener Nacht des Meeressturmes war ich es, in der Nacht meines Kampfes mit der Göttin. Dem unbekannten Gotte hatte ich mich geweiht, und Er reckte seine Hand aus der Tiefe und gab mir die Kraft, daß ich widerstand. Bei der weißen Strähne meines Haupthaares, dem Zeichen Seiner göttlichen Berührung. Er tat es! - Nicht mehr unbekannt ist mir der Gott, dem ich mich weihte. Mit Namen rufe ich ihn: Bak - Dionys! Legt eure Trauer ab, ihr, die ihr mich hört: Abgelaufen ist die Zeit, und die Unterwelt gibt ihren Gast heraus.
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