Aufstand der Maenner
nur in der Hand eines Mannes, an den die Menschen glaubten, deren Namen darauf verzeichnet standen. Glaubten die Gottesbekenner an Garp?
Zeia behauptete, daß es so sei. Und er war unter, den Gläubigen ein Mann von hohem, wenn nicht höchstem Gewicht. Er war der Verwalter der Tafeln.
Es gab kaum einen Ort auf Kreta, der nicht seine Gläubigen hatte, und wie fest die Mauer des Geheimnisses war, konnte Garp sehr wohl ermessen. Jahrelang hatte er auf
Maaletauro gelebt und nie erfahren, daß sich gerade dort unter den Knechten eine ganze Reihe von Dionysiern befand. Nicht einmal Tuk konnte etwas bemerkt haben. Zu echt war seine Verzweiflung über Egels Verschwiegenheit gev/esen. Wer aber hätte in die Gemeinschaft eindringen können, wenn das nicht einmal Tuk gelungen war? Ein festes Gefüge war sie, in dem alles so klar und abgestuft ineinanderlief, daß die Kraft aller sich an einem einzigen Punkt auswirken konnte, wenn die Zeit gekommen sein würde. Hier waren sie, die Männer, die nach einem einzigen Plan handeln und beim Zusammenbruch der Damenherrschaft die Führung übernehmen könnten, dachte Garp und begriff nur das eine nicht, warum es nicht bereits geschehen sei.
Man habe auf den Gottgesandten gewartet, sagte Zeia. Nach der Prophezeiung habe er kommen müssen. Und nun sei er da.
Zeia glaubte an Garp, und, was mehr war, Garp glaubte an sich selbst.
Sehr zurückgezogen und überaus bescheiden lebte die Familie Zeia. Aber gerade diese Lebensform, die Zähigkeit und der Fleiß hatten das Familienunternehmen zu einem sehr ansehnlichen werden lassen. Es hatte sich daher ergeben, daß schon das Haus der Arta Verbindungen zu ihm aufgenommen hatte, die ergiebig genug waren, um sie als Geschäftsgeheimnis zu hüten. Wenn Garp nun auch seinerseits das drittletzte Gehöft auf der Straße nach Silas aufsuchte, so konnte das nur die besondere Tüchtigkeit des Enkels der Belit beweisen. Es war ja bekannt, wie sehr er immer hinter neuen Fabrikationsmethoden her war, und der einzige, der sich über diese Besuche ärgerte, war Herr Cheta vom Hause der Arta, was die Besuche nur noch unverdächtiger machte.
Von der Art der Zusammenkünfte zwischen Garp und Zeia ahnte kein Außenstehender etwas.
Garps jungem Hirn prägte sich alles ein: die Orte, die Namen der führenden Bekenner und derjenigen, die als Verbindungsmänner das Netz instand hielten, sowie die der Vorsteher größerer Bezirke. Und nicht nur die Namen. Auch die Geschichte jedes einzelnen ließ er sich erzählen. Auf dies?
Weise wußte Garp, bevor er sie gesehen, oft mehr von den Namensträgern als deren eigene Verwandte . . . von Männern und Frauen. Denn die Frauen waren unter den Bekennenden gar nicht selten die eifrigsten bei ihrer eigenen Entthronung.
Immer fester schmiegte sich auf diese Weise in Garps Hände eine Macht, die ihm ganz allein gehörte. Wessen Eigentum hätte sie wohl auch sein können, wenn nicht das des Gottgesandten, des Verkündeten, der Fleischwerdung des alleinigen wiedererstandenen Gottes? Während Garp noch las und lernte, verkündeten die Lehrenden, die in der Nacht seines Erscheinens zugegen gewesen waren, bereits seine Auferstehung. Und dann kam der Tag, da Zeia andere Tafeln bringen ließ, die Garp noch nicht kannte. Es waren die Tafeln der Unsicheren, der Schwankenden oder Verdächtigen. Unter ihnen sah er Namen, die er kannte, und auch einen, den er nicht überrascht war zu finden. Das war Tuk.
»Was ist mit meinem Schreiber?« fragte Garp.
»Er gehörte vor der großen Verfolgung zu uns und verschwand dann aus Kreta. Wir beobachteten ihn, weil wir ihm mißtrauen.«
Es habe keinen Zweck, dachte Garp, Zeia zu sagen, daß es Tuk gewesen sei, der ihn in die Grube der Vergessenheit geführt habe. »Tuk begehrte die große Weihe von Egel«, sagte er nur.
»Die begehrt er von je. Was Tuk nicht weiß, ist dieses: Niemand, wer es auch sei, erringt die große Weihe. Man wird mit ihr geboren. Egel gab dir nur, was dein ist, o Garp, unser Herr.«
»Tuk war Priester?«
»Bei den bärtigen Libyern, die unverschnittene Priester haben. Zu den Bekennern des Gottes gesellte er sich nur aus Haß. Weil ihn eine kretische Dame mißbrauchte und dann lachend fortwarf, haßt er alle Frauen.«
»Es ist gut, daß er nichts von uns weiß.«
»Es ist sehr gut, unser Herr.«
Auf andere Namen stieß Garp, Barbarennamen. Diesen Menschen war ein Manngott nichts Unausdenkbares. In ihrer Heimat hatten sie Götter gehabt. Aber sie glaubten an
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