Aufstand der Maschinen
...«
»Können Sie mir sagen, wo Lew Dirkman oder John Jonas zu finden sind?« unterbrach Charles Henry ihn.
»War es der Smog?« drängte der Arzt.
»Wenn Sie ein Radio haben, können Sie Nachrichten aus erster Hand empfangen«, sagte Charles nur. »Ich muß jetzt wirklich sofort zu Dirkman und Jonas.«
»Fühlen Sie sich nicht ganz wohl?« fragte der Arzt mißtrauisch.
»Doch, doch, mir geht es ausgezeichnet, aber ich muß zu Dirkman und Jonas.«
»Hmmm ... nun, Dirkman wohnt in dem alten roten Fachwerkhaus am Ende dieser Straße, aber ich bezweifle, daß Sie ihn dort antreffen werden, weil er ...«
Charles eilte fort, ohne sich anzuhören, was der Arzt noch zu sagen hatte.
Die Hauptstraße von San Marco bot ein ungewohntes Bild. Hier gab es nur Fußgänger und zwei oder drei Radfahrer. Auf der Insel waren Autos nie zugelassen gewesen, und Charles war seinem Schicksal für diese Tatsache dankbar, während er an Kunstgewerbeläden, Buchhandlungen und Bars vorbei auf das baufällige Haus am Ende der Straße zuging.
Im Erdgeschoß des Gebäudes, das offenbar als Lagerhaus verwendet wurde, waren die Fenster undurchsichtig vor Staub. Draußen führte jedoch eine Treppe nach oben zu einer Art Atelier – Charles hielt es jedenfalls dafür, als er das riesige Fenster sah.
Er stieg langsam die Treppe hinauf und klopfte an die Tür. Sie öffnete sich von selbst, und er hatte einen großen Raum vor sich, in dessen Mitte eine Staffelei unter dem Oberlicht stand, das die Hälfte des Daches einnahm.
»Hallo«, sagte eine Stimme im Hintergrund des Ateliers, und Charles kniff die Augen zusammen, als er in diese Richtung sah. Dort erkannte er eine blonde Riesin, die den Fußboden mit einem alten Besen abkehrte. Charles Henry riß den Mund auf und schüttelte verblüfft den Kopf. Die Blondine war völlig unbekleidet!
»Was ist los?« wollte sie wissen. »Haben Sie noch nie jemand gesehen, der einen Fußboden kehrt?«
»Äh ... ah ... entschuldigen Sie bitte«, stotterte Charles und wollte das Atelier wieder verlassen. »Äh ... ich ... tut mir leid, daß ich einfach so hereingeplatzt bin.«
»Bleiben Sie nur hier«, forderte ihn die Blondine auf, ohne dabei den Versuch zu machen, sich zu bedecken. »Ich bin schon fast fertig. Außerdem wirble ich ohnehin nur den Staub auf. Suchen Sie Lew?«
»Äh ... ja, Mister Dirkman, den ... äh ... Künstler ...« Charles stellte fest, daß es ausgesprochen schwierig war, die geradezu klassischen Proportionen dieser jungen Dame nicht anzustarren.
»Ich bin Helga Svenson, Lews Modell«, erklärte sie ihm, und er merkte jetzt auch, daß sie Englisch mit einem schwachen Akzent sprach.
»Freut mich sehr, Sie ... Sie kennenzulernen«, versicherte Charles ihr und gab sich Mühe, ihr nur ins Gesicht zu sehen, als sie jetzt auf ihn zukam.
»Ich wollte hier nur ein bißchen saubermachen«, fuhr sie fort. Wenn sie lächelte, hoben ihre weißen Zähne sich auffällig von der sonnengebräunten Gesichtshaut ab. »Lew hält selbst nicht viel von Hausarbeit.«
Charles sah sich um, stellte fest, daß Helga recht hatte, und überlegte sich gleichzeitig, daß der Boden mehr als eine nur oberflächliche Reinigung vertragen konnte. »Äh ... ja, aber tragen Sie immer ... nichts, wenn Sie hier saubermachen?«
»Natürlich«, antwortete sie unbekümmert. »Das ist bequemer, und ich mache mir kein Kleid dabei schmutzig. Ich habe ohnehin nicht sehr viel anzuziehen.«
»Aha. Nun, ich ... äh ...« Charles vergaß, was er hatte sagen wollen, weil er sich jetzt fragte, wie groß sie sein mochte. Sie war mindestens einsfünfundsiebzig und wog dabei bestimmt nicht weniger als siebzig Kilo – vielleicht sogar fünfundsiebzig, die jedoch wunderbar verteilt waren. Er fragte sich, wie es sein mußte, eine Frau wie sie zu umarmen, aber dann hatte er sofort Gewissensbisse. Derartige Überlegungen waren nichts für einen Mann, der erst vor kurzem seine Frau verloren hatte, und außerdem bevorzugte er seit jeher kleine, zierliche Frauen. Helga war bestimmt noch herrschsüchtiger als Agnes, und er fühlte sich dieser modernen Wikingerin nicht gewachsen.
»Hmmm ... Ich bin wegen einer wichtigen Angelegenheit hier«, sagte er schließlich. »Ich heiße Charles Henry ... nein, Chuck Hyde.« Er konnte seine beiden Vornamen plötzlich selbst nicht mehr hören. »Ich bin mit Professor Enders hierher gekommen. Wir brauchen Mister Dirkmans Hilfe.«
»Sie brauchen Lews Hilfe?« wiederholte die Blondine erstaunt.
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