Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Auge des Mondes

Titel: Auge des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
Vom Netzwerk:
hatte sich in den dunklen Hof verirrt. Sein gleißender Schein schien wie ein Feuerpfeil auf dem polierten Obsidian zu tanzen.
    Die Weiße, die sich bislang ganz still gehalten hatte, schien fasziniert von ihm, verfolgte seinen Weg, bis er schließlich im Schoß der Statue landete. Sie äugte lange nach oben, sichtlich begierig, dort Platz zu nehmen, doch diese Höhe war selbst für den geschmeidigsten Sprung unerreichbar.
    Stattdessen machte sie es sich auf den Füßen Sachmets bequem. Vor dem tiefen Schwarz des Steins blendete ihr Fell beinahe.
    Senmut erhob sich langsam. Jetzt verlieh ihm ein feines Lächeln entspannte Züge.
    »Süß wie Bastet, zornig wie Sachmet«, sagte er. » Du hast mich erhört, herrlichste Gemahlin des Ptah«, sagte er leise. » Du allein bist das Leben!«

    Es ging ihm besser, deutlich besser sogar, doch der Schrecken saß tief. Noch immer war der rechte Arm deutlich dicker, noch immer glaubte Huy bisweilen glühende Feuerbahnen unter der Haut zu spüren, die ihm tödliche Angst einjagten. Den Verband der Alten hatte er bislang nicht angetastet, auch wenn dieser im Lauf der nächtlichen Einsätze unansehnlich geworden war und dringend gewechselt gehört hätte. Doch die Vorstellung, sich wie ein Bettler in das feine Haus mit dem Garten stehlen zu müssen, missfiel ihm.
    Irgendwann gab er sich einen Ruck. Was hatte er schon zu verlieren? Es ging um sein Leben. Alles andere wirkte nichtig daneben.
    Die anderen redeten ohnehin kaum noch mit ihm, als schienen sie zu spüren, was in ihm vorging. Und sie lagen nicht einmal falsch damit. Sein anfänglicher Enthusiasmus war längst verflogen. Sein Trieb war erloschen. Die dunkle Jagd erregte ihn nicht länger. Inzwischen stieß sie ihn regelrecht ab.
    Freilich war an ein Aufgeben nicht zu denken. Das musste ihm niemand sagen, das wusste Huy, ebenso wie jeder, der sich einmal freiwillig zu diesen heimlichen Einsatztrupps gemeldet hatte. Er las es in den starren Gesichtern der Männer, aus denen jede Freude gewichen war; er hörte es an den unzähligen Flüchen, die sie von sich gaben; er spürte es an der Grobheit, mit der sie ihre Beute, aber auch sich gegenseitig behandelten.
    Man musste bis ins Innerste abgestumpft sein, um überhaupt durchzuhalten, sonst ging man daran zugrunde. Er aber hatte sich vorgenommen, alles so heil wie möglich zu überstehen, danach seinen ganzen Lohn zusammenzukratzen, um eines nicht allzu fernen Tages vielleicht doch nicht nur im Traum die tanzenden Hüften von Henet-Wati zu genießen.
    Für dieses Vorhaben war freilich wichtig, dass er auf der Hut blieb, immer und überall. Also beobachtete er auch das Haus, in dem die Alte wohnte, die ihm vor ein paar Tagen geholfen hatte, eine geraume Weile.
    Zunächst verließ es ein Kerl, gerade mal ein paar Jährchen jünger als er. Nicht viel später eine gut gekleidete Frau, die es eilig zu haben schien. Konnte er nun davon ausgehen, dass er die Alte ohne unliebsame Zeugen vorfinden würde?
    Vielleicht war sie nicht allzu beglückt, ihn wiederzusehen, und verwehrte ihm den Eintritt. Deshalb schwang er sich lieber über die Mauer, um allen Einwänden vorsorglich auszuweichen, und näherte sich dem Haus vom Garten her.
    Sie musste im Küchenhof sein. Es duftete nach frischem Brot, beinahe betäubend gut, als er auf diesen zusteuerte, und augenblicklich überfiel Huy bohrender Hunger.
    Ein weiteres gutes Zeichen, wie er fand. Ein Zeichen, das Heilung verhieß.
    Sie stand an der Herdstelle und rührte in einem Topf, als er von hinten langsam näher kam. Plötzlich fuhr sie herum, ein langes Messer in der Hand.
    »Ich werde dich lehren, mich …« Sie ließ es sinken und stieß die Luft heftig aus, als sie ihn erkannte. »Du bist es! Zu Tode erschreckt hast du mich. Was fällt dir ein, dich heimlich bei uns einzuschleichen?«
    »Du hattest doch gesagt, der Verband müsse gewechselt werden«, begann er kleinlaut. »Da dachte ich …«
    »Zeig her!«, sagte Iset streng. »Das ist manchmal besser, als zu viel denken. Was hast du denn damit angestellt, Junge? Das sieht ja aus, als hättest du dich in frischem Dung gewälzt!«
    »Man kann sich seine Arbeit nicht immer aussuchen …« Huy verstummte angesichts ihres giftigen Blicks und hielt ab jetzt lieber den Mund.
    Iset begutachtete zunächst die Wunde. Säuberte sie dann mit Wasser, beträufelte sie mit reichlich Honig und griff als Letztes nach einem Schälchen, in das sie ein Leinentuch tauchte.
    »Was ist das?« Huy zog die

Weitere Kostenlose Bücher