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Auge des Mondes

Titel: Auge des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Wahl beglückwünschen.«
    »Du kannst dir deinen Spott sparen«, sagte Mina dumpf. »Ich werde Numi vermutlich niemals wiedersehen.«
    »Weshalb das denn?« Isets Augen wurden groß und rund.
    »Wir sind Fremde, er und ich«, sagte Mina. »Das hab ich heute Nacht so deutlich wie nie zuvor gemerkt. Wir reden und wir denken anders. Nicht einmal die gleichen Wesen sind uns heilig.«
    »Wenn du mich weiterhin auf die Folter spannst, werd ich dir noch die Augen auskratzen. Sag endlich, was du zu sagen hast!«
    Mina trank ihren Becher aus. Und dann erzählte sie Iset vom Satrapen, der Numi befohlen hatte, ihm ein weißes Katzenfall zur Stärkung seiner Potenz zu beschaffen. Sie beschönigte nichts und ließ nichts aus, weder die harschen Worte, die zwischen ihnen gefallen waren, noch Bastets kleines Malheur.
    »Wie soll ich mit einem solchen Mann jemals glücklich werden?«, sagte Mina. »Fehlte nicht viel - und er hätte Bastet nach allem auch noch getreten, so außer sich war er.«
    Iset wiegte bedenklich den Kopf.
    »Zuerst werd ich eine schöne Suppe für dich kochen«, sagte sie. »Scharfe Linsensuppe, einverstanden? Das hilft immer. Und danach werden wir …«
    Hoffnung und Pein stritten sich in Minas Augen.
    »… gemeinsam in aller Ruhe beratschlagen, was am besten zu tun ist. Nur wenn der Bauch voll und der Kopf klar ist, kann man seine Träume auch wahr machen.«

neun
    »Die Ibisse sind da, die Ibisse sind …« Verdutzt hielt Ameni in seinem fröhlichen Singsang inne, als er Mina in Chais einstigem Zimmer auf dem Boden sitzen sah, umgeben von zahllosen geöffneten Papyrusrollen. »Was machst du da?«, fragte er. »Suchst du etwas?«
    »Allerdings! Und zwar nach Material für Scheris kleine Mädchen«, erwiderte sie. »Damit sie schreiben lernen können. Aber bislang hab ich das Richtige noch nicht gefunden. Es ist einfach zu viel, was er hier aufbewahrt hat.«
    »Dann will ich nicht länger stören.« Ameni war schon wieder halb aus der Tür.
    »Du störst nicht«, sagte Mina. »Bleib! Wir sollten reden, findest du nicht?«
    Sein Gesicht verschloss sich wie früher, wenn er etwas angestellt hatte. Das Kinn schob sich nach vorn, die Lippen warfen sich trotzig auf.
    »Sind wir in gewisser Weise nicht quitt?«, sagte er.
    »Ach, so betrachtest du die Angelegenheit! Du erwischst mich mit dem Vater, ich dich bald darauf mit der Tochter - und damit wäre alles wieder in Ordnung? So geht es nicht, Ameni, und das weißt du ganz genau! Die Perser haben strenge Sitten und Gesetze. Numi behütet sein Kind sorgfältiger als sein Augenlicht. Wenn er herausbekommt, was ihr hinter seinem Rücken treibt, könnte es brenzlig für dich werden. Und ich hab nicht die geringste Lust, für euch beide die Kupplerin zu spielen - schon gar nicht in meinem Haus.«
    Er schien nicht zuzuhören. Mina erhob ihre Stimme ganz leicht, wie sie es auf dem Markt gelernt hatte, und hoffte, dies würde auch bei ihm Wirkung zeigen.
    »Du hast dich doch erst neulich in große Gefahr gebracht, selbst wenn es glücklicherweise noch einmal glimpflich ausgegangen ist. Willst du das Schicksal um jeden Preis herausfordern?«
    »Ich liebe sie - und sie liebt mich. So einfach ist das.«
    »Ist es eben nicht! Denn da gibt es zu allem anderen auch noch den Streit zwischen euren Vätern. Was ist zwischen Numi und Tep eigentlich genau vorgefallen? Weißt du, weshalb dein Vater ihn so inbrünstig hasst?«
    »Wieso fragst du das nicht deinen heimlichen Liebhaber?«
    Sie sah ihn schweigend an, mit ernster Miene, bis Ameni schließlich den Kopf senkte.
    »Es tut mir leid«, brachte er hervor. »Ich bin zu weit gegangen, ich weiß. Aber ich kann es einfach nicht mehr ertragen, dieses ganze sinnlose Gerede von Fremdsein und Feindschaft! Sind wir nicht alle Menschen, die denken, fühlen und lieben, ganz gleich, ob wir aus Persien stammen oder aus Kemet?«
    »Das sind wir, aber wir leben nun mal nicht außerhalb der Welt. Also, was weißt du? Du warst doch erst bei Rahotep. Weshalb eigentlich?«
    »Um Frieden zu machen, endlich Frieden.« Ameni wirkte bedrückt, während er das sagte. Beinahe, als ob ihn ein schlechtes Gewissen plage.
    »Es hat nicht funktioniert?«
    »Natürlich nicht! Vater hat zwar eine ganze Weile zugehört - erstaunlich lang sogar für seine Verhältnisse -, aber dann hat er wie gewohnt losgepoltert. Er nimmt mich nicht ernst, ebenso wenig wie Ashas Vater es tut. Für den einen bin ich noch ein kleiner Junge und für diesen Numi nur ein

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