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Auge des Mondes

Titel: Auge des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Tempel«, sagte Senmut. »Was hat dich heute ausnahmsweise zu uns geführt?«
    Wie nur sollte er beginnen? Die ganze Angelegenheit schien heikel genug, aber Rahotep war entschlossen, sie erfolgreich zu Ende zu bringen - jetzt, nachdem ein gnädiges Schicksal ihm solch einen Trumpf zugespielt hatte. Er rieb sich die Hände, weil er vor Aufregung nicht wusste, wohin mit ihnen, und fing an, unruhig hin und her zu trippeln. Natürlich begann er dabei heftig zu schwitzen. Sein großer, plumper Körper schien nur auf die Gelegenheit zu warten, um wahre Bäche von Schweiß absondern zu können.
    Senmut trat einen Schritt zurück. Dabei war er es doch, von dem dieser widerlich süße Geruch ausging, der Rahotep schon die ganze Zeit in die Nase stieg!
    Der Händler musste sein Gesicht verzogen haben, ohne es zu bemerken, denn plötzlich begann der Oberste Priester davon zu reden.
    »Baldrian«, sagte er mit einem entschuldigenden Lächeln. »Ich weiß, für uns Menschen riecht er nicht besonders anziehend. Katzen aber lieben ihn. Meine Lieblingskatze ist verschwunden. Ich hab Baldrian aufgelegt, damit sie möglichst schnell zurückkommt. Sie kann nichts hören, wurde taub geboren. Da lauern so manche Gefahren auf sie!«
    »Ist sie weiß?«, stieß Rahotep hervor. Vor Aufregung schien ihm die Zunge fast am Gaumen zu kleben. So viel Glück auf einmal war ihm richtig unheimlich. »Sie ist doch weiß, oder?«
    »Woher weißt du das?«
    Endlich genoss er die ungetrübte Aufmerksamkeit des Priesters! Rahotep atmete tief aus. Jetzt kam es auf jedes Wort an.
    »Ich weiß von jemandem, der aus schnödem Profit Jagd auf weiße Katzen macht«, sagte er. »Ein persischer Händler namens Numi. Hinter dem Fell ist er her. Und dass die Tiere dafür sterben müssen, nimmt er nur allzu bereitwillig in Kauf. Angeblich soll es die Manneskraft stärken - du weißt ja, wie pervers diese bärtigen Dämonen sind!«
    Senmuts Miene blieb unbewegt, seine Kiefer aber fingen an zu mahlen, wie Rahotep mit Entzücken feststellte.
    »Wie kann ich dir trauen?«, sagte der Erste Sehende schließlich. »Das Ganze klingt reichlich unwahrscheinlich, das musst du selber zugeben. Wie sicher sind deine Kenntnisse?«
    »Sie stammen aus erster Quelle«, sagte Rahotep mit fester Stimme. »Darauf gebe ich dir mein Wort. Aus der allernächsten Umgebung dieses Numi. Alles, was ich dir sage, ist wahr. Ich bin sofort zu dir geeilt, damit du diesen Frevel unterbindest. Jeder aufrechte Mann aus Kemet hätte an meiner Stelle nicht anders gehandelt! Diesem feigen Verbrecher muss schleunigst das Handwerk gelegt werden. Das sind wir der Großen Göttin schuldig!«
    Der Priester schien längst in Gedanken versunken. Er nickte nur zerstreut, als der Händler sich wortreich verabschiedete.
    Rahoteps Siegestaumel ebbte ab, während der magere Kleine ihn zurück ans Tor brachte. Als er die Mauern wieder von außen betrachtete, stieg sogar so etwas wie Besorgnis in ihm auf.
    Er hatte Amenis Vertrauen benutzt, nein, er hatte es missbraucht, um sich den verhassten Rivalen vom Hals zu schaffen. Er kannte seinen Jungen, der sein Herz ausgerechnet an diese Asha verloren und ihn nur deshalb ins Bild gesetzt hatte. Sollte er jemals von dem Verrat erfahren, hätte er ihn für alle Zeiten verloren.
    Schwerfällig setzte Rahotep sich in Bewegung. Jeder Schritt bedeutete eine Anstrengung. Wenn die Hitze weiterhin so anhielt, würde er Tama bitten müssen, den fetten Entenbraten durch mageres Hühnerfleisch zu ersetzen. Es lohnte sich, gesund zu bleiben, jetzt, da endlich die Aussicht auf ein besseres Schicksal am Horizont auftauchte. Seine Füße bewegten sich schneller, als spüre er bei diesen Gedanken bereits den Wind der Hoffnung im Rücken. Und schließlich musste Ameni ja nichts von seinem Besuch bei Senmut erfahren.

    Mina war als Erstes doch zu Rechmire gegangen, dessen wacher Blick ihr in Erinnerung geblieben war. Aber zu ihrer Enttäuschung war er nicht anwesend, als sie die Wache betrat. Stattdessen lümmelten zwei Männer sichtlich gelangweilt auf klapprigen Schemeln, klein und fett der eine, lang und dürr der andere.
    »Ich möchte zu Rechmire«, sagte Mina. »Wo kann ich ihn finden?«
    »Im Bett vermutlich«, sagte der Dürre und schien sich vor Lachen ausschütten zu wollen über diesen Witz, den Mina nicht verstand.
    »Ist er denn krank?«, fragte sie weiter.
    »In gewisser Weise.« Jetzt prusteten beide gemeinsam los, hielten sich dabei den Bauch und wollten sich gar nicht

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