Auge um Auge
allein damit zurechtkommen würden. Außerdem ließ er den Leichnam von George bergen und nach England überführen.
In London suchte Dillon Hannah im Krankenhaus auf. Sie saß aufrecht im Bett und zufällig war Bellamy da, um sie zu untersuchen. Dillon entschuldigte sich und wartete draußen. Endlich kam der Professor heraus.
»Wie geht es ihr?«, fragte Dillon.
»Besser. Es bleibt abzuwarten, ob sie sich vollständig erholen wird. Allerdings weiß ich noch, wie Norah Bell Ihnen ein Messer in der Rücken gestoßen hat. Das haben Sie auch überstanden.«
»Ich weiß. An einem guten Tag sind Sie ein wahres Genie.«
Bellamy seufzte. »Wie oft habe ich Ihnen eigentlich schon die Haut gerettet, Sean? Das kann nicht immer gut gehen. Versuchen Sie, besser auf sich aufzupassen.«
Er ging davon und Dillon dachte kurz über seine Worte nach. Dann klopfte er an Hannah Bernsteins Tür. »Wie geht’s dir?«
»Ziemlich mies. Aber ich muss dich nur anschauen, dann weiß ich schon, dass es dir auch ziemlich mies ergangen ist. Erzähl mir davon.«
Er öffnete das Fenster, steckte sich eine Zigarette an und setzte sich zum Erzählen zu ihr. Als er fertig war, sagte sie: »Der junge Billy entpuppt sich ja als echter Star.«
»Kann man wohl sagen. Bellamy meint, du schaffst es.«
»Das sagt mein Vater auch. Allerdings werde ich morgens womöglich nicht mehr die große Runde um den Hyde Park drehen können.«
»Tja, man kann nicht alles haben.«
»Was Rashid betrifft, solltest du mal in die Zeitungen schauen. Aus Langeweile habe ich jeden Tag eine Menge gelesen. Schau dir den Stapel da drüben an. Da findest du eine Ausgabe des Daily Telegraph, die dich wahrscheinlich interessiert.« Er las den Artikel, dann blickte er nachdenklich vor sich hin. »Das könnte doch passen«, sagte Hannah.
»Durchaus. Erinnerst du dich an die Sache mit Norah Bell?«
»Wie könnte ich die vergessen? Schließlich habe ich sie erschossen.«
»Sie und ihr Freund hatten damals kein Problem, sich in die Mannschaft des Flussdampfers einzuschmuggeln …«
»Als Kellner«, ergänzte Hannah. »Schließlich ist es nicht sehr schwierig, die Cocktailhappen herumzutragen.«
Dillon stand abrupt auf. »Ich muss jetzt los. Alles Gute, Hannah.«
»Pass auf dich auf, Dillon.«
Er nahm ein Taxi zum Cavendish Place, wo Ferguson und Blake am Kamin saßen und sich unterhielten. Dillon erläuterte ihnen, was er entdeckt hatte.
»Meinen Sie, das soll nach demselben Muster ablaufen wie bei Norah Bell?«, fragte Ferguson.
»Nach Hannahs Meinung ja, und nach meiner auch. Was tun wir? Informieren wir den Geheimdienst?«
Ferguson schnaubte. »Diesen Haufen? Der baut sowieso nur Mist. Das wissen Sie doch, Dillon.«
»Na schön, aber was unternehmen wir nun tatsächlich?«
»Hört mal«, sagte Blake, »ich liebe Flüsse. Nimm mich morgen auf dieselbe Bootsfahrt mit, Sean, und dann schauen wir mal, was uns einfällt.«
Der nächste Morgen war typisch für London. Regen fiel, als Dillon und Blake am Savoy Pier die Prince Regent bestiegen. An einem derart grauen Tag außerhalb der Saison waren nicht mehr als fünfzehn Leute an Bord.
»Eine tolle Stadt«, sagte Blake, als die beiden am Heck unter der Markise standen. »Selbst bei Regen.«
»Dublin ist zwar nicht übel, und auch Manhattan hat Atmosphäre, aber die Themse ist tatsächlich was Besonderes.«
»Erzähl mir doch mal diese Geschichte mit Norah Bell, Sean.«
»Eine Gruppe iranischer Fundamentalisten, die sich die Armee Gottes nennt, war nicht mit dem neuen Status Palästinas einverstanden, den Arafat mit Israel ausgehandelt hatte. Genauso wenig hat den Leuten gepasst, dass der amerikanische Präsident die Verhandlungen im Weißen Haus geleitet und der Vereinbarung seinen Segen gegeben hat. Deshalb sind sie an einen loyalistischen Killer aus Ulster und dessen Freundin herangetreten. Diese beiden – Michael Ahern und Norah Bell – waren so übel, dass selbst die ›Red Hand of Ulster‹ sie rausgeschmissen hatte.«
»Und worum ging es?«
»Um fünf Millionen Pfund Sterling für die Ermordung des Präsidenten.«
»Mein Gott, davon habe selbst ich nie was gehört«, sagte Blake.
»Ach, das hat man unter Verschluss gehalten. Der Premierminister hatte sich einen bunten Abend mit Cocktails für den Präsidenten ausgedacht, eine Kreuzfahrt auf der Themse am Parlamentsgebäude vorbei zum Westminster Pier. Ahern und Norah
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