Auge um Auge
gestartet war, lehnte Aidan Bell sich zurück, ließ sich einen Whiskey bringen und begann mit der Lektüre verschiedener englischer Zeitungen, die das Flugzeug auf dem Herweg mitgebracht hatte.
Der Premierminister und der russische Ministerpräsident würden auf der Themse zum Millennium Dorne fahren. Der zweiseitige Bericht im Daily Telegraph enthielt die genaue Route. Eine nächtliche Bootsfahrt den Fluss hinab. Es war ein Ereignis, bei dem die beiden politischen Führer von allen großen Fernsehgesellschaften beobachtet wurden. Mehr konnte man sich nicht wünschen.
Ein halbes Lächeln auf dem Gesicht, lehnte Bell sich zurück. Das war genau wie der Bericht im Time Magazine über Cazalet. Die Sache in Nantucket war zwar keineswegs so gelaufen wie erwartet, aber diesmal war es etwas anderes. In London hatte er schon immer gut gearbeitet. Na schön, er hatte seine Mannschaft verloren, doch dies war womöglich ohnehin ein Job, bei dem man besser allein agierte.
Er rief den Steward, um sich noch einen Drink bringen zu lassen, und vertiefte sich wieder in den Artikel.
Ferguson hatte Recht gehabt. Der Kebab war ausgezeichnet, und sie genossen das Abendessen.
»Na schön, dann werden wir also überleben, was ich auf jeden Fall vorhabe«, sagte Billy. »Wir überleben und kommen wohlbehalten heim nach Wapping. Und was dann, General? Wie sieht Rashids nächster Schachzug aus?«
»Dillon?«
Dillon lehnte sich zurück. »Es muss irgendwas mit Bell zu tun haben. Deshalb ist er nicht mehr hier.«
»Er wurde gesehen, wie er auf dem Air-Force-Stützpunkt Haman eine Gulfstream der Rashids bestiegen hat«, sagte Villiers. »Flugziel London.«
»Nett, dass Sie uns das mal mitteilen.«
»Ich habe beschlossen, es ein wenig aufzuheben, falls ihr auf den Nachtisch verzichten wollt.«
»Komm schon, Sean«, sagte Blake, »was hat er vor?«
Dillon steckte sich eine Zigarette an. »Erst ist die Sache mit dem US-Präsidenten fehlgeschlagen und dann die mit dem Ältestenrat. Vielleicht ist das Opfer diesmal wirklich die nahe liegende Wahl. Der russische Ministerpräsident kommt doch bald nach London, nicht wahr, Charles?«
»Ich bitte Sie, das würde selbst Rashid jetzt nicht probieren«, sagte Ferguson. »Bei all den zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen? Unmöglich.«
»Meinen Sie?« Blake schüttelte den Kopf. »Eigentlich hätte es auch unmöglich sein müssen, dass Bell auf Nantucket so nah an den Präsidenten rankommen konnte. Bei allem Respekt vor meinem lieben irischen Freund Sean Dillon – wenn ich dem den Auftrag gäbe, würde er einen Weg finden. Leute wie er schaffen so was immer.«
»Herzlichen Dank«, sagte Dillon. »Du kannst mich auch mal. Aber abgesehen davon – du hast Recht. Rashid würde den Ministerpräsidenten ohne Bedenken aufs Korn nehmen.«
»Und da kommt Bell ins Spiel?«, fragte Harry Salter.
»Letztes Jahr hat uns der amerikanische Präsident in London besucht. Zwei Leute, irische Terroristen, ein Mann und eine Frau, haben versucht, ihn umzulegen. Mit ein wenig Hilfe ist es mir gelungen, sie davon abzuhalten. Die Narben habe ich allerdings immer noch.«
»Worauf willst du hinaus?«, fragte Blake.
»Um einen Ausdruck aus der englischen Unterwelt zu benutzen, den Harry und Billy gut kennen: Das brauchen wir nicht mehrhändig anzupacken. Eine, höchstens zwei Personen reichen aus.«
»Ganz richtig«, sekundierte Billy.
»Mag sein, aber wir tun gerade so, als hätte Rashid tatsächlich diesen Plan«, wandte Ferguson ein. »Vielleicht hat er genug.«
»General«, sagte Sean Dillon, »wenn Sie das glauben, ist Ihnen nicht mehr zu helfen.«
»Na gut«, sagte Ferguson. »Kaffee, und dann los.«
»Tee«, sagte Dillon. »Schließlich bin ich Ire. Das passt zum Regen, General.«
Von der Gulfstream aus rief Bell Rashid auf dessen abhörsicherem Handy an und erreichte ihn in der Villa.
»Hören Sie zu, mir ist was eingefallen.«
»Heraus damit.«
Bell fasste den Artikel im Telegraph zusammen. »Da gibt es eine echte Chance.«
»Na gut, aber nicht der Premierminister«, sagte Rashid. »Nur der Ministerpräsident. Erkunden Sie die Lage, sobald Sie in London sind. Ich komme in ein oder zwei Tagen nach. Vorläufig schicke ich Instruktionen, dass man Sie in jeder Hinsicht unterstützen soll.«
»Was ist mit Dillon und Konsorten?«
»Ich hoffe, dass die morgen früh nur noch eine ferne Erinnerung sind.« Als Bell lachte, fragte
Weitere Kostenlose Bücher