Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand

Titel: Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ameneh Bahrami
Vom Netzwerk:
auf bessere Gedanken als die Suche nach der Liebe des Lebens. Die es möglicherweise gar nicht gibt!
    Ich besuchte weiterhin meine Kurse an der Universität und machte nichtsahnend die verhängnisvollste Begegnung meines Lebens …

11. Vorsicht – Die Begegnung mit dem Bösen
    Ich war im Elektronik-Tutorium und betrachtete mit mehreren Studenten zusammen die Details einer Schaltkonstruktion. Plötzlich stieß mich ein Kommilitone an, berührte mich am Oberarm und ging wortlos weiter. Ich hielt die Berührung zunächst für ein Versehen. Nichts, worüber man länger nachdenken musste. Wenig später wurde die Sache allerdings merkwürdig. Während der nächsten Minuten rempelte mich der Kollege noch ein paar Mal an – jedoch nicht mehr mit dem Arm, sondern mit seinem Bein.
    Das war zu viel. Ich drehte mich zu dem Typen um und fauchte ihn an: »Willst du etwas von mir, oder liegt dir die Schaltung da auf dem Tisch am Herzen?«
    Er sagte kein Wort, starrte mich nur durch seine dicken Brillengläser stumm an, um dann wieder ins Leere zu blicken. Ein komischer Kauz, dachte ich mir. Aber irgendwie auch bemitleidenswert. Er war mir früher schon einige Male aufgefallen. Nicht, weil er mir sympathisch schien, sondern aufgrund seines armseligen Erscheinungsbildes.
    Ich kam auch aus sehr einfachen Verhältnissen, und auch meine Familie musste sich bei jedem Toman überlegen, ob er nicht sinnvoller hätte ausgegeben werden können. Dieser Kerl mit der dicken Brille aber kam immer im selben T-Shirt in die Vorlesungen. Zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter! Fror er denn gar nicht? Oder hatte er schlicht nichts anderes anzuziehen?
    Trotz seiner plumpen Anmache aber hatte er wohl meinen Helferinstinkt geweckt. Wenn ich heute daran denke, jagt es mir noch immer einen eiskalten Schauer durch den Körper. Und noch heute wundere ich mich, wie ich damals wohl dazu kommen konnte, für einen fremden Mann Kleider zu sammeln. Einfach so. Ich fragte Bekannte, Verwandte, ob sie nicht abgelegte Sachen entbehren könnten, und bekam tatsächlich in kürzester Zeit einen Packen zusammen, den ich einem Wächter am Eingang zum Campus hinstellte.
    Ich erklärte ihm mein Anliegen: »Geben Sie die Sachen doch bitte dem Kommilitonen, der hier immer nur im T-Shirt aufkreuzt.« Erstaunlicherweise schien der Wächter auf Anhieb zu wissen, wen ich meinte.
    »Aber sagen Sie diesem jungen Mann auf gar keinen Fall, von wem Sie diese Kleider haben!«, schärfte ich ihm ein. Der Wächter sagte mir seine Verschwiegenheit zu, und es vergingen kaum zwei Tage, da trug der junge Mann tatsächlich die gespendeten Sachen. Und sie standen ihm gut. Geradezu schick sah er in den abgetragenen Kleidern aus meiner privaten Sammlung aus, und ich fragte mich, woher er wohl das Geld für die Studiengebühren nahm, so ärmlich gekleidet, wie er hier herumlief. Mein Bedürfnis zu helfen war für mich jedenfalls mit dieser guten Tat befriedigt.
    Mein Vater war inzwischen wieder im Krankenhaus. Er sprach nicht mehr, schien nichts zu hören, hielt die Augen fest geschlossen und lag da wie gelähmt. Ich saß mit Mardschan eines Nachmittags an seinem Krankenbett und fragte mich, womit er solche Qualen wohl verdient hatte. Keinem Menschen hat er je etwas zuleide getan. Er war ein rechtschaffener, anständiger, aber leider auch zutiefst unglücklicher Mann, und dieser Kummer schien ihn im Laufe der Jahre immer mehr aufzufressen.
    Wie gern hätte ich ihm geholfen, wieder gesund zu werden – aber was konnte ich tun? Hätte ich ihm doch wenigstens durch bloßes Handauflegen helfen können, um meine positive Energie auf ihn zu übertragen – so, wie ich es im Fernsehen gesehen hatte. Aber das war Hokuspokus, mehr nicht – und ich war letztlich dazu verdammt, seinem langsamen Niedergang hilflos zuzusehen.
    In jener Zeit hatte ich Albträume. Schreckliche Visionen von grauen Menschen, die sich im Schlamm suhlten, einander auffraßen und sich auch über mich hermachen wollten. In diesen Träumen rief mich plötzlich eine Stimme: »Komm her! Komm!«
    Zwei Pferde kamen in diesen Träumen vor, ein Schimmel und ein Brauner. Auch ein Mann, ganz in Weiß gekleidet und strahlend – als ob es der Prophet Mohammed war, erschien und sprach zu mir: »Reite den Schimmel, sitz auf, komm!«
    Ich zögerte dann immer, denn das Tier hatte ein gebrochenes Bein. Und doch trug das Pferd mich – es lief mühelos davon, und ich wusste stets, dass es mich in Sicherheit brachte. Ich empfand jedes Mal ein

Weitere Kostenlose Bücher