Auge um Auge (German Edition)
»Gib’s ihm! Gib’s ihm! Gib’s ihm!« Kat klettert ein Stück am Zaun hoch, um besser sehen zu können.
Schließlich lässt Alex von Reeve ab, der rücklings auf dem Rasen liegt. Einer der Teamkameraden hält ihm eine Hand hin, um ihm aufzuhelfen, doch Reeve schlägt sie weg und steht allein auf. Allerdings braucht er etwas länger dafür. Seine Kieferpartie ist rot und geschwollen, sein Trikot verdreckt.
Alex steht einige Schritte entfernt neben Derek, der sich nach Kräften bemüht, ihn davon abzuhalten, gleich wieder auf Reeve loszugehen. Alex brüllt etwas, was ich von meinem Platz aus nicht verstehen kann, und zeigt Reeve über Dereks Schulter hinweg den Finger. Aber Reeve achtet gar nicht auf ihn. Er dreht sich um und geht an der Seitenlinie entlang. Rennie will zu Reeve, sich vergewissern, ob alles okay ist mit ihm, doch Ashlin packt sie am Arm und lässt sie nicht los. Zwei der Trainer laufen mit besorgter Miene zu Reeve und prüfen seinen Wurfarm. Nach Alex sieht niemand. Doch der Chefcoach stürmt zu ihm und brüllt ihn so heftig an, dass ihm die Spucke aus dem Mund fliegt. Derek zwingt Alex, sich auf die Bank zu setzen, dann geht er ebenfalls weg.
»Was denkt Alex sich überhaupt?«, sagt eins der Mädchen vor mir laut. »Reeve ist unser Quarterback. Alex hätte uns die ganze Saison ruinieren können!«
»Ich wette, der ist immer noch sauer auf Reeve wegen der Sache mit dem roten Band!«
»Armer lahmer Alex Limp!«, sagt die Dritte, und alle lachen.
Kurz danach beginnt das Spiel, und wenn Reeve noch aufgewühlt sein sollte von der Prügelei mit Alex, so lässt er sich nichts anmerken. Bereits nach zwei oder drei Spielzügen gelingt ihm ein Touchdown in der gegnerischen Endzone. Inzwischen jubeln die Fans alle wieder Reeve zu, so als hätte es die Prügelei nie gegeben.
Alex sitzt aufgebracht auf der Bank.
Zur Halbzeit stehe ich auf, um mir eine Colalight zu kaufen, aber die Schlange am Stand ist mir zu lang. Ich überlege, ob ich überhaupt noch bleiben soll. Kat ist auch schon weg. Ich hab sie und ihre Freunde kurz nach dem Zwischenfall weggehen sehen.
Ich komme an der Cheerleader-Bank vorbei. Das Mädchen, das Alex zugeteilt ist, steht ein paar Schritte von den anderen entfernt und redet auf Rennie und Lillia ein.
»Bitte!«, jammert sie. »Kann ich nicht jemand anderen anfeuern?«
»Soll das dein Ernst sein?«, fragt Lillia und kreuzt die Arme vor der Brust.
»Bitte! Jedes Mal, wenn ich für Alex cheere, werden die Leute doch nur jedes Mal wieder anfangen zu lachen und Liiimp brüllen.«
»Da mach dir mal keine Sorgen«, sagt Rennie. »Der wird heute Abend vermutlich gar nicht spielen.«
Das Mädchen schnappt nach Luft. »Und wenn sie ihn aus der Mannschaft werfen? Dann hab ich gar keinen zum Anfeuern!«
In dem Moment kommt Nadia herüber. Leise sagt sie zu Rennie: »Wenn Wendy nicht für Alex cheeren will, mach ich’s. Wir können gerne tauschen. Mir macht das nichts aus.«
Einen Moment lang sieht Lillia sie verblüfft an. Dann verschränkt sie wieder die Arme. »Hier wird nicht getauscht«, sagt sie. »Rennie hat sich so viele Gedanken darüber gemacht, wen sie wem zuteilt.«
Rennie nickt. »Lillia hat recht. Was ich sage, gilt. Wendy, du hast dich Alex gegenüber verpflichtet. Daran hast du dich zu halten. Wenn’s dir nicht passt, kannst du ja aussteigen.« Sie kramt einen Spiegel aus ihrer Sporttasche und fährt sich hektisch durch die Haare. »Fünf College-Scouts sitzen heute Abend hier unter den Zuschauern, um Reeve unter die Lupe zu nehmen. Deshalb muss ich als sein Cheerleader erstklassig sein, da kann ich mich echt nicht um solchen Blödsinn kümmern. So, Ende der Ansage!«
Damit dreht sie sich um und lässt Nadia und das andere Mädchen stehen. Lillia folgt ihr, und als sie an mir vorbeikommt, nickt sie mir zu.
Ich nicke zurück. Auftrag erledigt. Endlich! Denn ehrlich: Ich kann es kaum noch erwarten, bis wir mit Rennie loslegen.
25 KAT Ricky, Joe und ich verlassen das Footballspiel zur Halbzeit. Football ist so unglaublich, so geisttötend öde. Also gehen wir zum Surf Diner, holen uns Kaffee und Käsefritten und fahren noch ein bisschen durch die Gegend. Dann sage ich den Jungs, dass ich nach Hause will.
Freitagabend hin oder her – kurze Zeit später sitze ich tatsächlich an meinen Hausaufgaben. Einfach, um sie wegzukriegen. Aber ich muss auch viel an Alex denken.
Ich wette, wegen der Prügelei mit Reeve hat er Ärger gekriegt. Seine Mutter hat ihn sicher
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