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Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Titel: Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Madea
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entsprechend war Florian mit einer Tarnfamilie – Mann und Frau mittleren Alters, unauffällig – nach Los Angeles geflogen. So viel hatte er recht schnell anhand des von ihr ausgehändigten Fotos herausfinden können. Die drei waren als Familie getarnt unter fremdem Namen mit gefälschten Papieren geflogen. Nichts ließ sich mehr nachvollziehen, es gab keine gültige Adresse, keine Sozialversicherungsdaten, keine Kontoverbindung.
    Die Polizei nahm Kontakt in die USA auf, man versprach, der Spur zu folgen, doch es gab viel zu viele verschwundene Kinder. Anja setzte eher auf den von ihr bezahlten Holmes.
    Alle paar Tage meldete er sich mit einem Bericht. Er reiste an der Westküste von San Diego im Süden nach Seattle im Norden und verfolgte sehr vage Spuren, die ihr eher vorkamen wie Hirngespinste. Aber alles war besser als nichts. Leider fand er weder das Paar noch Flo.
    In einer Nachricht erzählte er ihr, einen Gefallen eingefordert zu haben. Er wollte einen Gesichtsvergleich machen lassen, auch wenn er nicht glaubte, dass bei diesem schlechten Foto eine hohe Chance bestand, den halb verdeckten Mann zu identifizieren. In Deutschland hatte der Abgleich keine Übereinstimmung gebracht.
    Der letzte Anhaltspunkt führte Holmes im Norden über die Grenze nach Kanada, genauer nach Vancouver – ihr jetziges Ziel.
    Kurz danach blieben die Berichte aus, doch sie überwies weiter, aus Angst, ihren einzigen Kontakt zu verlieren, der ihren Sohn vielleicht finden könnte. Doch irgendwann sah sie ein, dass sie nur auf eine Art herausfinden konnte, ob Holmes noch für sie arbeitete. Sie stoppte schweren Herzens die Zahlungen. Leider meldete sich Holmes niemals wieder.
    Anja holte das unscharfe, eingeschweißte Bild hervor und strich zärtlich mit dem Daumen über die Folie. Es war möglich, dass es Florian zeigte. Wenn sie ihm vor der Abreise die blonden Haare gekürzt hatten. Zumindest die Größe stimmte, da Flo nach seinem groß gewachsenen Vater kam. Schade, dass es ihn nur von der Seite zeigte. Der Mann, der Flo locker eine Hand auf die Schulter gelegt hatte, trug Jeans und eine braune Lederjacke. Er musste an die eins neunzig groß sein und sportlich. Die blonde Frau verdeckte mit ihrem Hinterkopf das halbe Gesicht des dunkelhaarigen Mannes. Das Schlimmste war jedoch die halbe Handfläche eines Flughafenpolizisten, die die Fotografie beinahe völlig unbrauchbar gemacht hatte.
    Anja drückte das Bild fest an ihr Herz. Hätte es ihr gesagt, dass sie loslassen sollte, hätte sie es vielleicht getan. Doch das Gegenteil war der Fall. Schon immer hatte sie eine sehr innige Verbindung zu ihrem Sohn verspürt, und es kam ihr vor, als wenn sein Verschwinden diese Verbindung noch intensiviert hätte. Sollten sie ruhig alle für verrückt halten. Sie wusste, was sie fühlte. Flo lebte.
    »Wir finden dich«, flüsterte sie, »wir finden dich, Flo. Verlass dich auf uns.«
     
    *
     
    Die Geräusche des Waldes drangen mit unverminderter Stärke auf View ein. Hier ein Knacken und Knarzen, dort ein Rascheln im Laub. Ein leichter Windhauch zu ebener Erde, luftige Böen in den hohen Wipfeln der Bäume. Längst hatte sie es aufgegeben, die ungewohnte Wildheit der Natur ausblenden zu wollen, die mit all ihrer Kraft auf ihre geschärften Sinne einhämmerte und versuchte, sie zu verwirren. Sie konzentrierte sich auf ihre Füße, die bei jedem schnell gesetzten Schritt Halt finden mussten, damit sie nicht umknickte und stürzte. Ihre Arme zitterten seit gefühlten Stunden, weil sie sie zum Schutz in Höhe ihres Gesichts vor sich ausgestreckt hielt. Zum Glück standen die Bäume nicht allzu dicht und nur stellenweise hatten sie verworrenes Gestrüpp und Unterholz hinter sich lassen müssen.
    Bald, ganz bald würde sie Zac sagen, dass sie am Ende ihrer Kräfte war. Wie lange stolperte sie nun schon durch diesen unendlichen Wald? Drei, vier Stunden? Ihr Kopf drängte sie, über all das nachzudenken, was sie gehört hatte. Doch sie ahnte instinktiv, dass sie wohl zusammenbrach, würde sie es zulassen. Wenn Zac doch nur mal wieder etwas anderes sagen würde als »Pass auf, vor dir, eine Wurzel, ein Loch im Boden« oder »Achtung, Dornenstrauch«. Zumindest war er ein guter Bergführer, wenn er schon ein schlechter Unterhalter und gemeiner Lügner war.
    Sie fror erbärmlich, gleichzeitig schwitzte sie, doch da Zac nichts sagte, beschwerte sie sich auch nicht. Er schien wesentlich fitter zu sein, bewegte sich leise wie ein Waldbewohner, wie ein

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