Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)
Linsen ein, sobald ich morgens aufstand. Mit diesen oberfetten Dingern hatte er mir mal wieder einen Wunsch nicht abschlagen können, den meine Eltern bezahlten.
»Hey, hey, hey, Mädels. Wir sind da!« Sara klebte mit der Nasenspitze an der getönten Fensterscheibe. Sie klang atemlos.
Im Schneckentempo fuhren wir über eine Straße, die um die Konzertarena herumführte. Gefühlte Millionen Menschen umringten das Gebäude. Kein Laut drang in die Limousine, doch man sah die Aufregung in den Gesichtern der zumeist jüngeren Leute.
Wir ließen eine Sicherheitsschranke und einen Kontrollpunkt hinter uns und blieben dicht an der Rückseite einer riesigen Mauer stehen. Jemand öffnete die Tür von außen. Ein hochgewachsener Security-Mann mit einem Freisprechknopf im Ohr. Schwarze Kleidung, ernstes Gesicht.
»Absolut cool«, hauchte Sara.
Alessia schnappte sich meine Hand. Sie war eiskalt wie meine.
Ein geschäftig wirkender junger Mann in Jeans und Jackett begleitete uns durch enge Flure hinter der Bühne entlang. Er hörte nicht einmal auf, in sein Handy zu sprechen, als er uns die VIP-Ausweise in die Hände drückte. »Umhängen und nicht abnehmen. Ihr bekommt noch einen Stempel auf die Hand. Viel Spaß!«
Ich drehte den Plastikausweis zwischen den Fingern und legte mir die lange Kordel um den Nacken. Die hochroten Gesichter meiner beiden Freundinnen sagten genau das aus, was ich fühlte, doch außer einem breiten Grinsen brachten wir nicht mehr viel heraus.
Der breitschultrige Sicherheitsmann drückte uns rasch einen schwarzen Stempel auf den Handrücken und schob uns weiter bis in einen kleinen Raum, von dem man seitlich auf die riesige Bühne blicken konnte. Ein schmaler Durchgang brachte uns drei bis direkt vor die hohe Bühne in einen abgesperrten Bereich mit nur wenigen, anderen Auserwählten. Hinter und neben uns die Menschenmassen. Körper, Köpfe, Haare.
Der Lärm der unzähligen Konzertbesucher wallte wie ein tosender Orkan zu uns herüber. Ein unfassbares Geräuschewirrwarr. Der Boden schien zu vibrieren, eine knisternde Spannung lag in der Luft.
»Boah, mir bleibt gleich das Herz stehen«, wisperte Sara mir ins Ohr.
Ich nickte. Ich machte mir selbst fast in die Hose, was wirklich schade und peinlich wäre. Ich hatte sie ausschließlich für Mr. Night gekauft und sie hatte mehrere Monatstaschengelder verschlungen, vom Oberteil ganz zu schweigen. Ich betrachtete den Stempel. Ein Vollmond auf schwarzem Hintergrund. Ich würde mir niemals wieder den linken Handrücken waschen. Hoffentlich begann das Konzert bald. Beim Mitsingen würde ich vielleicht ein wenig ruhiger werden.
Endlich gingen alle Lichter in der weitläufigen Arena aus. Die Vorgruppe verschwand hinter der Bühne, die Menge applaudierte und kreischte. Nicht, weil die Vorband so umwerfend gewesen war, nein, sondern weil Mr. Night endlich loslegen würde. Der, auf den sie alle warteten, für den sie alle hierhergekommen waren. Die Erregung ließ sich wie knisternde Funken aus der Luft greifen.
Ein Knall ließ Tausende Besucher zusammenzucken und loskreischen. Ein Spot leuchtete grell auf. Weißblaues Licht, der Mond, Vollmond. Mr. Nights unverkennbares Merkmal. Er kniete mit einem Knie wie ein Ritter vor seiner Herzdame allein auf der Bühne, als wollte er all seinen Fans einen Heiratsantrag machen.
Mir blieb nun wirklich das Herz stehen. Sein schwarzes Haar flatterte im Wind der starken Ventilatoren. Obwohl die Menge außer Rand und Band war, schien der Krach kaum an meine Ohren zu dringen. Mr. Night befand sich keine fünf Meter von mir entfernt und ich konnte nichts anderes, als ihn anzustarren, seinen athletischen Körper und die nackten Armmuskeln betrachten, die mir so nah waren, wie sie niemals wieder sein würden.
Er erhob sich langsam und das Tosen der Menge nahm hallenerschütternde Ausmaße an. Sara und Alessia kreischten ebenso wie alle anderen, reckten die Hände ihrem Star entgegen, doch ich stand da wie verzaubert.
Mr. Night hob in einer anmutigen Geste das Mikrofon vom Boden auf. Er wandte den Kopf zur Seite und sah mir direkt ins Gesicht. Er – mir! Ich schluckte, lächelte, weinte. Nun ja, mir liefen wirklich Tränen über die Wangen. Heiße, sehr heiße. Er lächelte sein Mr. Night-Lächeln . Sein umwerfendes, einzigartiges Lächeln, das, ja, wirklich, nur mir galt. Jede Faser meines Körpers sehnte sich nach meinem Schwarm.
Er schloss mit einer ausholenden Geste die gesamte Arena ein, legte sich die freie Hand
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