Augen der Nacht (Dunkelmond Saga) (German Edition)
erklärte Adamus, „ein neuer Tag
bringt bekanntlich auch neues Glück.“
Was!!? „ Wieso ich ?“, fragte Vell unwillig. Sie sah drei ernste
Gesichter. Aber keines davon zeigte Zweifel.
„ Ich bitte darum“ , setzte Adamus nach, „ es ist schon sehr
spät.“
„ Schon kapiert“ , fauchte sie, erhob sich und verließ den
Raum. Zu gerne hätte sie gewusst, was Adamus nun im
Schilde führte. Aber er kam ihr noch nach bis zur Treppe
nach.
„ Gute Nacht“, rief er, „ bis morgen.“
„ Bis morgen“, knurrte Vell.
Sie
würde
ohnehin
nicht
schlafen!
Sie
war
viel
zu
aufgewühlt!
Adamus aber wartete, bis sie ganz oben war.
Dann erst ging er zurück und verschloss die Tür.
Sie hörte Gemurmel.
Es war dumpf und entfernt.
Es sei denn.. Ihr kam ein Gedanke. Der Kamin!
Die Stelle, an der sich der Schacht durch die Mauer zog, war
deutlich sichtbar und sie lehnte ihren Kopf daran, um zu
lauschen.
Tatsächlich, jemand schien gerade zu sprechen. Aber es war
nur ein Raunen.
„Lauter!“,
wünschte sie
sich. Es war
ihr schon
einmal
gelungen. An jenem Abend, vor vier Tagen. Sie musste nur
fest daran glauben.
-Aber vergeblich.
Je länger sie im kühlen Flur stand, desto sinnloser kam es
ihr vor zu warten. Trotz aller Mühen, blieben die Worte nur
stumpf. Und entmutigt gab sie den Versuch schließlich auf.
Fröstelnd nahm sie die Stufen hinauf zu ihrer Kammer.
Hier oben war es kalt. Rolins Kram stand noch überall
herum, also stieg sie darüber und fiel auf ihr Bett. Das
dumme Kleid zog sie aus. Sie mochte Tengols Nachthemd
viel lieber. Doch sie konnte nicht schlafen. Sie war viel zu
aufgewühlt. In Gedanken bereiste sie gerade die Unterwelt.
Und es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich dem Zustand
zu überlassen.
*
Das Dröhnen wurde lauter. Wildes Schnarchen erschütterte
Mark, Bein und Wände. Velura erwachte. Tatsächlich. Im
Mondlicht lag der Naugrimm. Er schien zu schlafen. Sie
hatte das Gefühl, dass es längst weit nach Mitternacht war.
Doch im Flur brannte immer noch Licht.
Leise kletterte sie aus ihrem Bett und schlich hinaus zur
Treppe. Jetzt hörte sie auch Geräusche.
Es waren Stimmen. Jemand redete gerade. Irgendwo im
Erdgeschoss. Barfuß nahm sie die Stufen und kletterte hinab
in den Hausflur.
Das Licht kam aus der Küche. Auch die Geräusche. Sie
näherte sich, so leise sie konnte.
„ Du kannst sie jetzt nicht mitnehmen“ , sprach Adamus, „ du
würdest sie in große Gefahr bringen. “
„Das ist sie bereits!“, fauchte jemand. Es war Willet. Er war
tatsächlich zurückgekehrt!
Vor ihr lag die zu einem Spalt geöffnete Tür. Sie lehnte sich
an die Wand und spähte hinein. Ein Stuhl knarrte. Sie hörte
Schritte. Im Schein einer Kerze saß der Graubart. Er trank
aus einem Kelch und starrte in Richtung Fenster. „ Wenn du
sie jetzt mit nimmst, ist sie verloren“, mahnte er, „ Hanora
wird euch ausliefern, das ist gewiss.“
„ Sie wird es ohnehin tun“, kam Willets Antwort, „ sie kann
sich einen Feind wie mich nicht leisten.“
Sie konnte ihn nicht sehen. Er war hinter der Tür.
„ Nichts desto trotz bitte ich dich darum“, entgegnete der
Bruder , „gib mir dein Wort, dass du sie nicht voreilig in
Gefahr bringen wirst! Hanora ist zu weit gegangen. Und ich
werde alles in
meiner
Macht stehende tun,
um euch
zu
helfen.“
„Warum sollte ich euch vertrauen?“
„Weil du fühlst,
dass
ich
die Wahrheit sage “, erwiderte
Adamus, „ genauso, wie du vorher wusstest, dass ich etwas
verberge. Im Gegenzug für dein Vertrauen schenke ich dir
meines und du wirst von mir erfahren, was du verlangst. Doch
was ich nun brauche, ist Zeit. Und nur du kannst sie mir
verschaffen.“
„Von wie viel Zeit sprecht ihr?“
„Etwa drei Tage“, schätzte Adamus, „ vielleicht auch vier.
Hanora mag Einfluss haben. Doch ich werde den meinen
geltend machen, um sie bis auf weiteres zu entmachten.“
„Ich gebe euch zwei“, erwiderte Willet, „ wenn
ihr
mich
anlügt, seht mein Wort als gebrochen.“
„Also schön“ ,
erwiderte der Bruder, „ ich
habe
das
Versteckspiel sowieso langsam satt.“ Er nahm einen Schluck
aus dem Kelch und presste ihn langsam die Kehle hinunter.
„ Auch einen?“, fragte er
„ Nein“, kam Willets Antwort, „ ich
würde nun
gern
die
Geschichte hören.“
„Aber natürlich, die Geschichte.
Nun, wie du schon vermutet hast, bin ich nur zu einem Teil
ein Mönch. Schon lange Jahre diene ich hier im Kloster, um
mir meine echte Identität zu bewahren. Denn in
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