Augen der Nacht (Dunkelmond Saga) (German Edition)
also lasst es gut sein.“
Der
Mund
des
Patriziers formte nun
ein
mitleidiges
Schmunzeln. „ Ich fürchte, dass kann ich nicht. Nicht, in
Anbetracht unserer
Lage.
Du wirst mir
die Geschichte
erzählen müssen. “
Doch Willets Augen funkelten unwillig. „ Nein!“, s tellte er
klar, „ war das jetzt deutlich genug!“
„Dich
zu
kompromittieren,
wäre
reizvoll“, sprach
die
Schranze, „ doch diesmal habe ich nichts als die Wahrheit im
Sinn. Wir wissen beide, dass ihre Majestät dir gegenüber
unschätzbar großes Vertrauen gezeigt hat. Und ich werde
sicherstellen, dass du es wert bist. Deshalb frage ich noch ein
letztes Mal: Was möchtest du uns sagen?“
„Gar nichts!“, fauchte Willet, „ also findet euch damit ab!“
„Das geht leider nicht. Selbst wenn ich es wollte. Aber ich
habe ein
Faible für traumatische Kindheiten.
Und deine
scheint mir sehr interessant zu sein .“
„ Genug !“ brüllte Willet, „ oder ich stopfe euer Maul!“ Er zitterte vor Wut. Dann aber griff er nach der Tür und
verließ die Kajüte.
Zurück blieben fragende Gesichter. Und ein Patrizier, der
lächelte.
„Du kannst nicht weglaufen!“, rief er ihm nach. „ ich werde
immer hier sein, acht ganze Tage lang!“
*
Wellen
peitschten
unter dem Schiff
hinweg.
Der
kühle
Fahrtwind streifte Willets Gesicht.
Er
hatte die Augen
geschlossen und stand an der Reling. Er wusste nicht, wie
lange schon. Hauptsache er tat nichts Unüberlegtes.
Hinter sich hörte er Schritte. Sie waren leicht, fast lautlos.
Velura schmiegte sich an ihn wie ein wärmender, stiller
Mantel.
Und doch würde er hier draußen stehen bleiben, notfalls die
ganze Nacht wenn es sein musste. Nur um sicher zu gehen,
dass er nicht die Kontrolle verlor.
*
Die Dunkelheit hatte viele Augen. Zwei davon starrten zur
gleichen Zeit in das dunkle Hafenwasser. Sie waren schwarz,
voller
Hass.
Die
Finger
des
Drachen
hielten
einen
blutverschmierten Brief. Er zerknüllte ihn und warf ihn in
die See.
Bald war es soweit. Auf dem Deck der Harpyie wurden
gerade die Lichter angezündet und in wenigen Stunden
würde sie ablegen.
Im Auftrag des Königs
Morgendliches Gepolter sorgte für eine kurze Nachtruhe.
Vor Sonnenaufgang begann
der
Naugrimm
mit
seiner
Morgentoilette. Dabei schnaufte er laut und grub seinen
Kamm in den Bart.
„Kannst du das nicht draußen machen?“, knurrte Vell, „ ich
will noch schlafen.“ .
„Nein, kann ich nicht.“
„Aber es ist noch dunkel.“
Wütend warf er den Spiegel von sich. Er zerschellte. Überall
lagen Splitter.
„Dieses verfluchte Schiff!
Es hört einfach
nicht auf
zu
schaukeln!!“ Er trat gegen das Bett, so, dass der Nordmann
darin vibrierte. „ Ich habe genug davon! Mir reicht’s ich gehe!“ Wütend warf Rolin die Kajütentür zu und stapfte an Deck.
„ Verdammt “ , schnaubte Tengol. Und sah sich um. „Was für eine grandiose Idee, deinen kurzen Freund mit an
Bord
zu
nehmen“, bemerkte der
Patrizier,
„ ohne
Betäubungsgift ein Absurdum.“
„Es ist sein erster Tag auf See“, sprach der Nordmann, „ er
wird sich an die Belastung gewöhnen.“
„Das Wort Belastung trifft den Nagel auf den Kopf, mein
Freund,
denn
ich
brauche meinen Schlaf und werde sehr
ungehalten, wenn man mir ihn vorenthält.“
Der Patrizier griff seine Decke und drehte sich um. Die
Perücke lag neben ihm. In Wahrheit waren seine Haare
braun, wie die Stacheln eines Igels.
„ Er sieht fast wie ein Mensch aus“, fand Vell.
Willet schmunzelte. Alles, was er wollte, war weiterdösen.
Aber wie es schien, war es ihm nicht mehr vergönnt. „Kannst du diesem vorlauten Weib nicht den Mund stopfen“ zürnte die Schranze, „ich fühle mich sonst genötigt, diese
männliche Aufgabe für dich zu übernehmen!“
„ Nicht jetzt, “ knurrte Willet, „ ich träume gerade von eurem
Ableben.“ Mit letzter Kraft schloss er die Augen, um es sich
wenigsten noch mal vorzustellen
„Was soll’s“, grummelte der Nordmann, „ ich gehe und sehe
nach ihm.“ Mürrisch erhob er sich und legte sich seinen
Waffenrock an. Die Sonne ging gerade auf. Und durch das
Schiffsfenster konnte man den klaren Himmel sehen.
„ Gute Nacht allerseits.“ Dann machte er sich auf, seinen
Freund zu suchen.
*
Der Tag auf der Viper begann früh. Schneller als erhofft,
dröhnte das Läuten der Schiffsglocke an ihre Ohren und ein,
„ alle Mann an Deck !“ machte die Morgenruhe endgültig zu
Nichte.
Schon
wenig
später
waren
Passagiere
und
Mannschaft an Deck versammelt, um
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