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Augen für den Fuchs

Titel: Augen für den Fuchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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der General weitere Befehle. »Noch etwas gegen hohen Blutdruck. Sonst nur Schmerzmittel, und nur, wenn er fragt.«
    »Ja.«
    »Typisch diese Symptome. Zusammenbruch. Wahrscheinlich zu viel Arbeit und nie Nein sagen können.«
    »Ja.«
    »Ich denke ein, zwei Wochen. Wir werden sehen.«
    Ein, zwei Wochen? Was? Hier? Er begann zu zittern und versuchte, seine Augen zu öffnen. Die Lider waren verklebt. Er fuhr sich mit dem Finger darüber. Kleine Körnchen blieben haften. Jemand schob seine Hände beiseite und benutzte ein feuchtes Tuch. Sein Blick wurde klar.
    »Gut geschlafen?«
    Die Frau, die ihm ins Gesicht lächelte, war natürlich nicht die nette Moderatorin. Ihr Name fiel Miersch immer noch nicht ein. Aber die Frau hatte Ähnlichkeit mit der Schauspielerin aus Drei Engel für Charly. Sie war weiß gekleidet und roch aseptisch.
    »Wie geht es Ihnen?«
    »Wer sind denn Sie?«
    Der Engel lächelte professionell. »Ich bin die Veronika. Schwester Vroni.«
    »Ah.« Schwester Veronika. So hieß die Moderatorin im Fernsehen nicht. Babette? Birgit? Anna-Maria? Der Name fiel ihm nicht ein. Er war zum Verzweifeln. Dann eben nicht! Sybille? Nadjeschda? Er lag also im Krankenhaus. Doch er wusste nicht, wie er hierhergekommen war. Veronika? Eigentlich würde der Name auch zu der Moderatorin passen. Die Schwester schien immer zu lächeln. Miersch bemühte sich, zurückzulächeln. Kurz trafen sich ihre Blicke. Er sah sich um, so weit er in seinem Bett konnte. Neben Schwester Vroni stand ein Herr im weißen Kittel, der aussah wie Cary Grant. Auch er lächelte milde. Also war er doch nicht im Krankenhaus. Das war hier ein Film, und Miersch nur in die falsche Kulisse geraten.
    »Sie heißen Konstantin Miersch?«
    Gleich würde Cary Grant ihn zwingen, sein eigenes Todesurteil zu unterschreiben. »Und wie heißen Sie?«, fragte er.
    »Das ist Herr Doktor Fränkel.«
    »Muss ich den kennen?«
    »Nein.« Jetzt strich ihm Schwester Vroni mit dem feuchten Tuch über die Stirn. »Sie machen ja Sachen.«
    Schwester Vroni behandelte ihn, als wäre er gerade eingeschult worden.
    »Sie sind auf Station Mb zusammengebrochen. Erinnern Sie sich?«
    Moderierte Veronika eine Quizsendung mit Tieren? Wäre möglich. Sie tätschelte wieder seine Wangen. Oder war es die Show mit dem Eine-Million-Jackpot?
    »Erinnern Sie sich? Herr Miersch, nicht einschlafen. Hören Sie?«
    Ja, er hörte sie. Zusammengebrochen? Hier auf Station? Bei den Komatösen? Du lieber Himmel! Deshalb redeten die, als wäre er behindert oder im Vollrausch.
    Er erinnerte sich. Miersch sah Philip Thede in seinem Bett strampeln. Der hatte gegrunzt und ihn augenscheinlich verstanden. Philip Thede, dieser Verbrecher, lag überhaupt nicht im Koma! Nur gaben das die Ärzte nicht zu. Warum nicht? Warum nur nicht?
    Ja, er erinnerte sich. Miersch sah Simona Thede auf sich zurennen. Er konnte ihre Schläge noch spüren, fuhr sich über die Wangen und fühlte den Grind. Die Hände der Vroni tätschelten ihn nicht mehr.
    Er sah sie vor sich, Simona Thede. Sie hatte auf ihn eingeschlagen und geschlagen und geschlagen. Immer wieder. Miersch hörte sie schreien. Er hörte sich schreien. Er lag am Boden. Und dann kam dieses Kameraauge auf ihn zu. Ganz nah, und drohte, ihn zu verschlucken. War doch alles ein Film? Eine Fernsehaufzeichnung mit der adretten Moderatorin. Isabell? Kati?
    »Bin ich verletzt?«, fragte er.
    »Ein paar Kratzer. Nichts Ernstes.«
    Miersch schob seine Beine unter der Bettdecke hervor. Sie hatten ihn entkleidet. Er genierte sich plötzlich, vielleicht war er ja gänzlich nackt. Und das alles im Fernsehen!
    »Sie können sich erinnern?«
    Jetzt sprach der Arzt. Er kam mit einer kleinen Lampe auf ihn zu, als wollte er ihn damit erstechen. Aber Dr. Fränkel schaute ihm nur interessiert in die Augen. Es war Miersch ein Rätsel, nach welchen Symptomen Ärzte ihre Diagnosen stellten. Aber der Doktor las in seinen Augen, als könnten die Romane erzählen. Peinlich.
    »Mir fehlt nichts«, sagte er.
    »Sie waren bewusstlos, sind einfach zusammengerutscht. Das sind ernste Zeichen, damit soll man nicht spaßen.« Dr. Fränkel sprach wie sein Lehrer in Altgriechisch oder Latein.
    »Eine Geistesgestörte hat mich geschlagen. Ich bin wohl ungünstig gefallen.«
    »Möglich. Aber Ihre Bewusstlosigkeit war sehr tief. Das ist mit den Schlägen der Frau allein nicht zu erklären. Ihre Ohnmacht muss andere Ursachen haben. Wir würden Sie gern zum Durchchecken hierbehalten. Nichts Besonderes.

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