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Augen für den Fuchs

Titel: Augen für den Fuchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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Zu Ihrem Besten.«
    Herr Kriminaldirektor, gönnen Sie sich doch mal eine Pause. Urlaub. Sie fallen mir um. Damit ist keinem geholfen. Cholerisch hatte sich Miersch die guten Ratschläge seiner Sekretärin verbeten. Doch Andrea Dressel brachte sie bei jeder Gelegenheit wieder an. Er hatte ihr mit einer Zwangsversetzung drohen müssen. Seither schwieg sie, aber er konnte ihre vorwurfsvollen Blicke kaum ertragen. Die Dressel behandelte ihn, als hätte sie seine Vormundschaft übernommen. Jetzt redete dieser Dr. Fränkel die gleiche Grütze. Nein! So alt war er nicht. Er war seinen Aufgaben gewachsen. Na aber! Ein Kriminaldirektor ist immer bereit und kann seine Verantwortung auch tragen.
    Ja, er machte sich Sorgen um seine Gesundheit. Ja, in schwachen Momenten fühlte Miersch sich alt. Manchmal sehr alt. Jeden Morgen verkürzte der Wecker seinen notwendigen Schlaf. Miersch hatte oft nächtelang kein Auge zugetan. Das Herz stach. Die Gelenke knackten. Seine Zuckerwerte erklommen neue Höhen. Er wusste, dass er Medikamente brauchte, um den täglichen Herausforderungen gewachsen zu sein. Aber als Kriminaldirektor hatte er einfach keine Zeit für den Arzt und für Urlaub schon gar nicht. Er kämpfte um seinen Job und sein Ansehen. Mörder. Monster. Margo und die Kollegen schienen an ihm nichts Auffälliges zu bemerken, bis auf die Dressel, die sie seine gute Seele nannten. Im Prinzip war alles normal. Und jetzt quatschte ein Dr. Fränkel von tiefer Bewusstlosigkeit und mal durchchecken lassen. Er lebte seit Monaten am Limit. Das war sein Leben. Nichts Besonderes!
    »Nein!«, sagte er.
    »Wäre aber besser.«
    »Sonne wäre besser. Bei diesem Regen.«
    Dr. Fränkel und Schwester Vroni starrten ihn an, als hätte er ihnen ein unmoralisches Angebot unterbreitet.
    »Danke für Ihre Bemühungen. Aber ich möchte jetzt wirklich gehen.«
    »Bei diesem Regen?« Schwester Vroni lächelte wie die Diven in Hollywoodfilmen. Liz Taylor. Kim Novak. Und wie hatten die Engel von Charly geheißen? Da wartete doch die eine von denen, die Blonde, gerade auf den Krebstod wie Patrick Swayze. Lag die im selben Krankenhaus hier? Diese Sarah? Oder war die schon gestorben? Klara hieß die. Oder? Nein, Farrah! Endlich ein Name, der ihm wieder einfiel. Farrah Fawcett, genau. Was wollte er hier im Bett bei den Kranken und Toten?
    Dr. Fränkel sprach wie ein Lehrer mit Rohrstock, und er hob auch die Hand, als ob er zuschlagen würde. »Ihr Arbeitgeber kann ein paar Tage auf Sie verzichten. Ich unterzeichne Ihnen die Krankschreibung. Wir geben sie in die Post.«
    »Nein! Verstehen Sie, ich kann meinen Posten nicht einfach verlassen. Und aus so nichtigen Gründen schon gar nicht. Zusammengerutscht. Vielleicht war schlecht gebohnert!«
    Miersch schob seine Beine neben das Bett, Nacktheit hin oder her. Dr. Fränkel und Schwester Vroni traten zur Seite und blickten erst ihn und dann sich mitleidig an. Miersch erschrak. Gott, wie sah er denn aus? Er hatte ein gestärktes OP-Hemd am Leib, das kaum seine Blöße bedeckte. Schwester Vroni blickte dezent zur Seite, als er an ihr vorbei zum Schrank lief. Dort hing sein Anzug ordentlich auf dem Bügel. Die Schuhe standen exakt nebeneinander. Die Socken darin kräuselten sich.
    »Ich danke für Medikamente und Bett.«
    »Herr Miersch, bitte bleiben Sie, wir haben Sie doch als Patient bereits aufgenommen.« Schwester Vroni fing fast an zu weinen. Aber er konnte sich auch in ihrem Tonfall getäuscht haben.
    »Ich entlasse mich selbst.«
    Dr. Fränkel herrschte ihn an: »Nur auf eigene Verantwortung. Und das müssen Sie uns schriftlich bestätigen! Nicht dass wir für die Konsequenzen grade stehen müssen, bei so viel Unvernunft.«
    »Ja. Gern. Wo muss ich unterschreiben?« Er fühlte im Jackett seinen Kuli. Diese Mediziner meinten, sie könnten sich alles erlauben. Da war Herr Doktor Fränkel bei ihm an den Falschen geraten.
    »Ich warte im Schwesternzimmer auf Sie.« Schwester Vroni verschwand kopfschüttelnd.
    Dr. Fränkel folgte ihr forschen Schrittes. Es war wirklich wie in einer billigen Arztserie. Jetzt musste der Patient nur noch einmal zusammenbrechen. Todesnähe. Herzstillstand. Der Doktor griff zum Elektroschocker. Weg vom Bett! Einmal. Zweimal. Natürlich würden sie ihn wiederbeleben. Weg vom Bett! Und am Ende stand Margo mit Blumen in seinem Zimmer und erneuerte ihr Eheversprechen. Welche Vorstellung!
    Was bilden diese Mediziner sich ein! Auf eigene Verantwortung! Auf wessen denn sonst? Das müssen Sie

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