Augen für den Fuchs
Er hatte geweint und dafür gekämpft, dass sie am Leben bleiben durften. Aber Omchen behielt die dörflichen Sitten bei. Sie hatte die Tiere selbst geschlachtet und ihm aus den Kaninchenfellen kleine Kissen genäht. Alexia schob sich das Blatt mit dem Finger zwischen die Zähne.
Die Flasche Wein war geleert. Der Alkohol spielte Kohlund immer mehr Argumente zu. Alexia hörte ihm aufmerksam zu. Er rutschte an ihre Seite und flüsterte ihr nicht nur dienstliche Belange ins Ohr. Er nagte an ihrem Ohrläppchen. Sie wendete ihren Kopf. Der Kellner ging vorbei und sah in die andere Richtung.
»Weißt du, worauf ich jetzt Lust hätte?«
Sie hatte ihn sofort durchschaut. »Lars, in einer halben Stunde sind wir zu Hause.«
»Da steht nur das Bett, und es hören die Nachbarn.« Seine Hand fuhr ihr unter den Pulli. Er fühlte ihre Brust, umkreiste die Warze. Sein Mund saugte sich an ihrem Ohr fest. Alexias Gegenwehr war Routine und gehörte zum Spiel, da war er sich sicher.
»Lars!«
Kohlund legte sich ihre Hand zwischen die Beine. »Komm!«
»Lars.« Jetzt flüsterte sie. Er nahm es als Zustimmung und zog sie an der Hand in Richtung Toilette. Der Kellner tat, als sähe er nichts. Das Barmädchen lachte.
Sie stiegen die Treppe hinunter. Alexia versuchte, sich seinem Kuss zu entziehen. »Wenn jemand kommt!«
»Sex ohne Gefahr ist keiner. Kannst du dich erinnern, als Gisbert schlaftrunken ins Zimmer gekommen ist? Oder als deine Mutter …«
»Hör auf!« Sie gab ihm einen Klaps, den er als Zärtlichkeit wertete. Alexia wollte es auch. Er schob sie in die Toilette für Männer. Die Spülung rauschte. Ein Becken war übergelaufen. Die Kabinentüren standen offen. Sie patschten durchs Wasser.
»Lars!«
Er drückte seine Lippen auf ihre, spürte ihre Zunge. Sie nestelte an seinem Reißverschluss. Er drehte die Verriegelung auf rot. Ihre Hosen glitten ihnen zwischen die Füße. Sie trug einen Slip, den er nicht kannte. Er zog ihn ihr mit den Lippen von der Hüfte und versank …
»Lars!«
Sie schrie nicht wirklich, oder sie schrie nicht vor Angst. Er öffnete ihre Bluse. Er hängte sein Jackett an den Haken. Das Hemd zog er sich über den Kopf.
»Lars! … O mein Lars!«
Endlich fühlte er sich aus der Enge seiner Hosen befreit. Sie suchten eine vernünftige Stellung zwischen Spülkasten und Kloschüssel. Er umfasste ihre Hüfte. Spitze Schreie konnte sie nicht unterdrücken.
Dann hörte er den schneidenden Ton. Nokia Tune. Zunächst konnte Kohlund ihn nicht interpretieren. Nokia Tune. Das Handy schrillte in der Hose an seinen Füßen. Nokia Tune. Augenblicklich war seine Erregung verflogen. Er fummelte das Handy aus der Tasche, Alexias Hintern vor Augen. Sie stand gebückt vor ihm. Er konnte sich nicht erinnern, warum. Nokia Tune. Er drückte die Taste.
»Kohlund!«
Zunächst begriff er nicht, was die Beetz von ihm wollte. Nachtschwester … zum Dienst nicht erschienen …
»Ja, diese Demand suchen wir doch!«
Was? Nicht die Demand! Kohlund konnte den Satz nicht deuten. Die Beetz versuchte es ihm zu erklären: Nicht die Demand, ihre Kollegin habe den Dienst heute nicht angetreten. Schwester Monique wisse nicht, woher sie noch Personal nehmen soll. Die Station stehe Kopf. Und nicht nur diese …
Alexia blickte ihn von unten herauf an. Ihr Lippenstift war verschmiert, die Haare hingen außer Fasson. Kohlund schlug ihr leicht auf den nackten Hintern und zog sich die Hose über die Hüfte, griff nach seinem Jackett.
»Ich komme«, sagte er ins Handy.
Dann schlug die Tür. Seine Schuhe hinterließen nasse Spuren auf den Kacheln. Kellner und Barmädchen vergaßen die Arbeit. Kohlund trug sein Jackett mit dem Futter nach außen.
21
»Die Schwitters ist nicht zum Dienst erschienen!«
Schwester Monique hantierte wütend mit Medikamenten. Zwei Schachteln fielen auf den Boden. Schwester Solveig bückte sich danach. Aber die Stationschefin war nicht zu beruhigen und fluchte. Monique war den Tränen nahe und versuchte, dies durch ständiges Reiben der Nase zu überspielen. Beetz bemerkte den Stress der vergangenen Tage in ihrem und Solveigs Gesicht. Die Krankenschwestern hatten mehrere plötzliche Ausfälle im Dienstplan zu kompensieren. Sie waren am Ende ihrer Leistungsfähigkeit und mussten Doppel- und Dreifachschichten schieben.
»Zum Dienst nicht erschienen. Und wir erreichen sie nicht. Als hätte es diese Frauen nie gegeben! Sie sind wie vom Erdboden verschwunden, nicht existent.«
Solveig strich ihrer Kollegin
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