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Augen für den Fuchs

Titel: Augen für den Fuchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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in seiner Bürotür und legte den Hörer neben den Telefonapparat. Er schloss die Augen. Sie übernehmen die Frauen! Er würde Marissa heute Abend einen ausgeben auf seinen Erfolg.
    Heut ist ein wunderschöner Tag, die Sonne lacht mir so hell …

28
    »Hatter Geburdsdaach?«
    »Nein. Ich möchte ihn einfach so mal besuchen.«
    »Schon eener da. Erseht nie jemand, dann aller Minuten.«
    Die Alte wackelte mit ihren Locken und schlich mit dem Müll die Treppe hinunter. Kohlund trug ihr eine heruntergefallene, halb leere Packung Fleischsalat hinterher und legte sie zurück in den vollen Eimer.
    Kohlund wunderte sich, dass Queißer Besuch haben sollte, aber vielleicht lernte er jetzt dessen Sohn oder die Schwiegertochter kennen. Bislang schien Queißers Familie nur in seinen Erzählungen zu existieren. Kohlund schaute auf seine Schuhspitzen, die waren geputzt, und er zog sich den Schlipsknoten gerade.
    »Nein! Welche Freude!«
    Queißer stand mit hochrotem Kopf in der Tür, dann fiel er Kohlund um den Hals. Queißer hatte getrunken, das sah Kohlund ihm an und das roch er. Hatte sein alter Vorgesetzter heute doch Geburtstag? Ihm war, als hätten sie früher im November gefeiert. Aber einen Anlass zum Trinken bot jeder Tag.
    »Komm rein!«
    Queißer trat zur Seite und wies in Richtung Wohnzimmer. Kohlund stellte seine Schuhe sorgfältig unter das Schränkchen. Pantoffeln zog er aus einem dafür vorgesehenen Beutel. Queißer gab sich nach dem Tod seiner Frau häuslicher als jede Hausfrau.
    »Hättste anlassen können, aber gut, dass du da bist, mein Junge. Ich hol dir ein Glas.«
    Kohlund schlurfte durch den mit Schränken und Kommoden vollgestellten Korridor. An der Garderobe hingen mehrere Mäntel. Die gute Stube war rechts, er war schon mehrmals in dieser Wohnung gewesen. Als Kohlund das Zimmer betrat, traute er seinen Augen nicht. Miersch, Kriminaldirektor Konstantin Miersch, saß im Sessel und grüßte mit seinem Glas. Es sah aus, als würde er bereits Stunden hier sitzen.
    »Na, grüß Gott, lieber Kohlund.«
    »Tach auch.«
    Kohlund suchte nach einer Fluchtmöglichkeit, dem Kriminaldirektor wollte er nicht begegnen. Niemals hatte er mit ihm ein persönliches Wort gewechselt. Jetzt sollte er auf Anfrage dessen Posten erben. Miersch hatte doch unbefristeten Urlaub genommen, hieß es, bis die Sache mit dem Unfall der Geiselnehmer in Serbien geklärt war. Jetzt saß er hier bei Queißer am Tisch und trank Kognak. Kohlund hätte nie gedacht, dass die beiden sich kannten.
    »Ich bin sozusagen dienstlich zugegen.«
    Miersch lächelte blöde, wie Kneipengänger es tun, wenn sie denken, noch völlig bei Verstände zu sein. Kohlund betrat gar nicht das Zimmer. Miersch saß wie ein König auf seinem Thron. Hinter ihm spendeten die Fenster trübes Licht. An den Wänden hingen Bilder in schwerem Öl.
    Was Miersch dienstlich beim Major wollte, konnte sich Kohlund nicht erklären. Sein Vorhaben, nach Rat zu fragen, war unter den waltenden Umständen nicht durchführbar. Auch wollte er Queißer in dienstlichen Belangen sprechen. Aber wie sollte er Dienstliches in der Gegenwart von Miersch ansprechen? In dieser Situation konnte er mit Queißer kein vernünftiges Wort wechseln. Kohlund strich sich die Haare aus der Stirn und wollte die Wohnung wieder verlassen.
    »Na, dann setz dich!« Queißer versperrte ihm den Weg zur Flurtür.
    Kohlund könnte sagen, er müsse zum Klo, und sich dann heimlich aus der Wohnung schleichen. Er könnte ohne ein Wort an Queißer vorbeistürmen. Er könnte sagen, dass er dienstlich und privat nicht vermengen wolle … Überhaupt war er jenen Herren hier keine Rechenschaft schuldig. Er würde mit Dr. Hackenberger telefonieren und das wohlgemeinte Stellenangebot ablehnen. Basta und Schluss. Alexia würde sich freuen.
    »Überrascht? Das ist der Konstantin.« Queißer wies auf den Kriminaldirektor, als wäre der sein bester Freund.
    Miersch erhob sich und reichte Kohlund förmlich die Hand. Kohlund fühlte sich wie beim Rapport. Der Kriminaldirektor lächelte etwas verzweifelt. Kohlund machte auf den Hacken kehrt.
    »Aber du willst doch nicht gleich wieder gehen?« Der alte Major legte ihm den Arm um die Schulter. »Lars, wir haben mit dir zu reden.«
    Wie früher als Chef nahm Queißer am Tisch Platz und wies auf den Stuhl vor sich. Miersch lachte dümmlich in seinem Sessel und schenkte sich aus der Kognakflasche nach, dann füllte er Queißers Glas und das dritte, das der ihm zuschob. Nur wenige Tropfen

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