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Augen für den Fuchs

Titel: Augen für den Fuchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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hinauslaufen sollte.
    »Lars, mein Junge, der Kriminaldirektor will sich ins Private zurückziehen. Alt genug ist er dafür. Und wenn man mit der Rente sein Leben nicht ändert, tut man es nimmer. Ich habe zu lange meinem Job nachgetrauert. Was ich in den Jahren meines Vorruhestands alles hätte anstellen können …«
    Es sah aus, als würde Queißer schlagartig in eine Depression verfallen. Sein Lächeln verschwand. Er drehte den Kognakschwenker mit dem Finger und sah aus dem Fenster. »Manches im Leben begreift man zu spät. Mein Junge, nutze die Möglichkeiten, wenn sie sich bieten!«
    Kohlund leerte, ohne anzustoßen, sein Glas.
    »Wenn ich noch mal von vorn beginnen könnte …« Kohlund kam sich vor wie in einem Altenheim. »… Wenn der Hund nicht geschissen hätte. Worüber reden wir eigentlich?«
    »Lars, zier dich nicht. Das ist deine Chance!« Queißer blickte vom Fenster wieder in Kohlunds Gesicht. Er würde keinen Widerspruch dulden.
    »Jawohl, eine Chance«, lallte Miersch und ließ sich in seinen Sessel zurückfallen.
    »Ich glaube, ihr habt beide einen Knall.«
    »Aber es geht uns gut, mein Junge, sehr gut … und nun setz dich endlich!«
    Kohlund nahm Platz und kam sich vor wie im Film. Er ließ sich ohne Protest nachschenken. Die Alten lächelten.
    »Ich und Kriminaldirektor. Hackenberger hatte denselben komischen Gedanken. Genau deswegen wollt ich ja mit dir reden. Soll ich oder soll ich nicht?«
    »Was?«
    »Mich um den Posten des Kriminaldirektors bewerben.«
    »Ja, aber klar doch!« Die beiden redeten im Chor. Kohlund hatte den Eindruck, als sei das Ganze ein abgekartetes Spiel.
    »Kriminaldirektor Lars Kohlund – ich seh’s richtig vor mir!« Damit erhob sich Queißer. Miersch quälte sich aus dem Sessel. Sie stießen an wie auf einem Staatsbankett.
    Kohlund müsste nur noch sagen: Ich danke für das Vertrauen.

29
    Ihr Instinkt hatte sie nicht getrogen. Beetz stand in der richtigen Straße. Sie stand vor dem richtigen Gebäude. Sie konnte sich sogar an Mauerwerk und Parkplätze erinnern. Aber das Schild der Firma Time is Money war vom Eingang verschwunden. Sie betrat das Haus trotzdem.
    Die Stufen waren so ausgelatscht wie vor drei Tagen. Die Fenster geputzt. Die Treppen gekehrt. Noch immer hing der Ölgeruch der alten Fabrik im Gemäuer. Beetz ließ sich vom rumpligen Fahrstuhl in den vierten Stock bringen, stieg aus und erkannte sogar den Kratzer an der Eingangstür wieder. Aber die Tür war verschlossen und kein Hinweis zu entdecken, dass die Firma je existiert hätte. Time is Money hatte seine Dependance in Leipzig offensichtlich eiligst aufgegeben.
    Beetz war nicht überrascht. Sie hatte zwar nicht mit dem sofortigen Abzug der Firma gerechnet, aber nachdem sie im Internet nicht mehr auffindbar war, war Beetz auch darauf gefasst gewesen. Time is Money war der Schlüssel zum Verschwinden der Krankenschwestern. Doch dass Time is Money und Dr. Bornschein mit dem Tod von Frank Stuchlik in Verbindung standen, schien ihr zweifelhaft. Aber sie würden den Fall klären. Beetz war optimistisch.
    Überhaupt war dies ein gelungener Tag. Die Kollegen hatten sich kaum gewundert, dass sie die Dienstberatung am Morgen geleitet hatte. Nur Schmitt musste seinen Unmut überlaut kundtun. Aber sie hatte die Herausforderung bestanden. Manuela Hohmann hatte ihr auf den Rücken geklopft und ihren Daumen nach oben gehalten. Ein Erfolg.
    Beetz versuchte, den Hausmeister zu finden, und rumpelte im Fahrstuhl wieder nach unten. Sie fragte in einer Bürogemeinschaft und wurde in den Keller verwiesen. Der Mann hockte in seinem Kabuff und hantierte mit Lötkolben und Metall. Er war korpulent, der Bauch hing ihm zwischen den Knien. Auf ihr Klopfen an die geöffnete Tür reagierte er freundlich. Er war deutlich jünger, als sie vermutet hatte.
    »Wo brennt’s denn?« Seine Stimme war erstaunlich hoch. Er lächelte freundlich.
    »Nirgends. Ich habe ein paar Fragen an Sie, die Firma Time is Money betreffend.«
    »Hörn Se bloß uff. Sie können sich gar nich vorstellen, welche Hektik hier gestern geherrscht hat.«
    Der Mann legte seinen Lötkolben beiseite und kam auf sie zu. Der Overall war verschmiert. Farbe hatte die Lederstiefel bekleckst. Ein Kettchen mit Herz hing ihm um den Hals. Auch im Gesicht Ölspuren. Im linken Ohr glänzte ein Ring. Der Hausmeister wischte seine Hände mit einem Lappen ab, dann streckte er sie Beetz entgegen.
    »Morgenstern. Nicht Christian, sondern Christoph.« Herr Morgenstern lächelte

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