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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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keck in unser Haus,
    peitscht sie raus! Peitscht sie raus!
    Reiter, Fußvolk, Rösserschwänze,
    peitscht sie rückwärts an die Grenze.
    peitscht sie, daß die Lappen fliegen!
    Russendreck, Serbendreck,
    peitscht sie weg! Peitscht sie weg!«
    Siegestrunken fielen sie sich in die Arme, nicht ahnend, daß siean der Front in Galizien keine drei Monate überleben würden.
    » Wirtschaft! Schnaps und Musik! Aber hopp, hopp!« Die jungen Burschen waren auf Krawall aus. Die Hand des Wirtes, die die Tanzgroschen in zwei gleiche Türme aufteilte, zitterte. Er saß mit dem Vater im Schankraum und rechnete ab. Eine Sturmbö fegte ums Haus und ließ die Balken ächzen. Eine Tür fiel ins Schloß– es klang wie ein Schuß. Im Wirtsgarten wurde gebrüllt und geschrien. Nach einem heftigen Wortwechsel rief Karl nach dem Vater. Zwei der angetrunkenen Soldaten hatten ihn gepackt und aufs Tanzpodium geschleppt. Der eine drückte ihn auf den Klavierschemel, der andere bohrte ihm seinen Pistolenlauf ins Kreuz. » Und jetzt spiel auf, Bürscherl!«
    Ihre besoffenen Kumpane sprangen auf den Tanzboden, stampften mit den Stiefeln und klatschten im Takt in die Hände.
    » Peitscht sie, daß die Lappen fliegen!
    Russendreck, Serbendreck,
    peitscht sie weg! Peitscht sie weg!«
    Doch da Karl wie versteinert vor dem Klavier hockte und keinen Finger rührte, hörten sie auf.
    » Na, wird’s bald Bürscherl, oder willst eine Watschen fangen?«
    In diesem Moment kam der Vater mit dem Wirt in den Garten gelaufen.
    » Laßt meinen Jungen in Ruh!« Wütend sprang er die Holztreppe zum Tanzboden hinauf.
    Die beiden besoffenen Kerle stürzten sich auf ihn und hielten ihn fest. » Was will der Zigeuner!«
    » Ist das nicht dieser Spaßvogel vom Morgen?« Ein Dritter baute sich vor dem Vater auf und schlug ihm mit dem flachen Handrücken ins Gesicht. Karl schrie.
    » Der Zigeuner will uns doch nicht noch mal den Spaß verderben! Spiel auf!« Der Anführer blickte sich um, und seine Kameraden nickten. » Wirt, eine Runde für alle!«
    Der Wirt schaute hinter dem Stamm einer Kastanie hervor, ängstlich und unterwürfig. » Aber meine Herrn Militär. Zapfenstreich ist schon gewesen. Geht’s doch heim und schlaft’s euren Rausch aus.«
    Die Soldaten lachten höhnisch. » Schluß ist erst, wenn wir Schluß sagen!«
    Vom Wirtsgarteneingang her kam ein Schrei, dann war Stille. Schließlich hörte man ein langgezogenes Heulen. Zwei der kräftigen Burschen trieben den jammernden Thomasch vor sich her, der die große Trommel auf seinem Rücken zurückschleppen mußte.
    » Der Blader hier wollte sich aus dem Staub machen!«
    » Dann sind sie ja alle beieinander. Los, Zigeuner, spiel!«
    Der Soldat fing wieder an, in die Hände zu klatschen, um damit den Takt vorzugeben. » Und eins und zwei und….«
    » Mit Gestank und mit Gelärme,
    stapfen stumpfe Russenschwärme,
    dringen keck in unser Haus.«
    Seine Kameraden fielen grölend ein.
    » Peitscht sie raus! Peitscht sie raus!«
    Sie ließen den Vater los, der die Geige nahm, um sie zu stimmen. Blut tropfte aus seiner Nase. Mit gesenktem Kopf blickte er zu Karl hinüber, der mit der Pistole im Kreuz wie gelähmt auf seinem Schemel saß und fragend zu ihm hinüberschaute. Der Vater schloß die Augen und nickte ihm zu. Daraufhin schlug Karl auf dem Klavier die A-Taste an. Ein Blitz zuckte durch die Blätterkronen der Kastanien, gefolgt von einem gewaltigen Donnerschlag, der alle zusammenfahren ließ.
    Da ließ der Vater Geige und Bogen fallen und rammte dem Kerl, der Karl mit seiner Pistole bedrohte, seine Faust in den Wanst. Der sperrte den Mund auf wie ein Fisch auf dem Trockenen, knickte ein und fiel um. Beim Aufprall löste sich ein Schuß aus seiner Pistole. Der Vater ließ die Arme sinken und stieß einen Laut des Erstaunens aus. Er faßte sich an die Seite. Verwundert betrachtete er das Blut an seiner Hand. Er wollte rückwärtsgehen, aber die Schußwunde zog seinen Körper zusammen. Er konnte die Beinbewegungen nicht mehr steuern. Er drehte sich halb um die eigene Achse, dann stürzte er zu Boden.
    Mit einem Schrei sprang Karl von seinem Schemel auf. Der Vater lag mit offenen Augen auf dem Rücken und blickte verwundert ins Geäst der Kastanien. Die ersten Regentropfen fielen durchs Blätterdach. Karl kniete neben ihm und nahm seine Hand.
    » Papa…«
    Der junge Bursche mit der Pistole richtete sich benommen auf. Er und seine Kumpane waren mit einem Mal stocknüchtern. Sie standen um Karl und den Vater

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