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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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hatte, war ein lebenslustiger Mensch, leichtsinnig und zu Späßen aufgelegt. Der Großvater schimpfte ihn einen Lumpazi, einen Walzbruder und Strabanzer, der sich lieber auf den Tanzdielen und in den Schlupfwinkeln der Liederlichkeit herumtreibe, als zu Hause im Geschäft zu helfen.
    Mit einem verschmitzten Lächeln hatte der Vater Thomasch mit dem Eselskarren vorausgeschickt und sich mit Karl auf dem Friedhof hinter der Kirche versteckt, gerade in dem Moment, als der Tambourmajor den Einsatz gab. Die Bläser setzten ein. Das Posthorn erklang, und von allen erwartet kam auch das Echo. Die Militärkapelle bereitete sich auf ihren Einsatz vor, der dem Echo folgen sollte. Da ertönte, o Wunder, ein weiteres, noch viel schöner geblasenes Echo vom Friedhof her.
    Verblüfft ließ der Tambourmajor seinen Baton fallen, der Einsatz war verpatzt. Der Standortkommandant biß wütend auf seinen Schnurrbart. Da er nirgendwo den Übeltäter entdecken konnte, schnauzte er den Tambourmajor an, noch einmal von vorne anzufangen. Während das Posthorn erneut erklang, spähte er erwartungsvoll in alle Richtungen. Doch dann, das Echo war kaum verklungen und die Bläser wollten wieder einsetzen, erklang abermals das Echo des Echos, nur diesmal eine halbe Oktave höher. Die Zuschauer lachten.
    Als Karl und der Vater mit der Trompete in der Hand hinter der Kirchenmauer hervorkamen, drohte ihnen der Tambourmajor mit seinem knüppeldicken Taktstock, und der Standortkommandant brüllte etwas von Majestätsbeleidigung und Landesverrat und hetzte seine Soldaten hinter ihnen her. Das Publikum jedoch applaudierte und sorgte dafür, daß die beiden Spaßvögel unbehelligt in der Menge untertauchen und entkommen konnten.
    So kamen sie glücklich aus der Stadt heraus. Der Vater schob den Hut schräg über ein Auge und lachte, daß in seinem gebräunten Gesicht die weißen Zähne wie Lichter blitzten. Dann nahm er die Geige aus dem Kasten und spielte eine bald lustige, bald melancholische mährische Tanzweise, während er und Karl dazu mit Dreier- und Zweierschritten über die Landstraße tanzten.
    Der Himmel wölbte sich wie blaue Seide über dem Land, und obgleich Sonntag war, wurde auf den Feldern gearbeitet. Die Ernte mußte rechtzeitig in die Scheuer gebracht werden, denn es drohten Unwetter am Abend. Die Knechte und Mägde winkten den Musikanten zu und riefen, wie sehr sie sich auf das Tanzvergnügen freuten, am Nachmittag in Pettermanns Gasthaus.
    » Karel, warum kommst du denn nicht?« Die Stimme des Vaters klang ungehalten. Karl reagierte nicht. Wie gebannt schaute er dem Raubvogel bei seiner blutigen Mahlzeit zu, der, ohne sich von ihm stören zu lassen, die Beute kröpfte. Sein scharfer Schnabel hackte in den Leib der Lerche und riß gierig kleine Fleischfetzen heraus. Die Federn flogen nur so, und seine Fänge färbten sich rot. Karl war wie verhext von seiner Wildheit und dem glänzenden Gefieder. Vorsichtig versuchte er, sich ihm zu nähern. Der Falke äugte neugierig zu ihm hin. Als Karl nahe genug an ihn herangekommen war, streckte er die Hand aus und strich ihm über den Rücken. Der Vogel duckte sich leicht und ließ ihn gewähren.
    » Karel?« Besorgt war der Vater zurückgekommen. » Paß auf, deine Hand!«
    » Aber sieh doch, Papa. Er tut mir nichts!«
    » Vielleicht ist er abgerichtet und seinem Besitzer davongeflogen.«
    » Wie schön er ist! Ich würde ihn so gern mitnehmen.«
    In diesem Moment ertönte ein Pfiff, und zwei Reiter preschten die Wiese herauf. Der eine war ein wilder Knabe auf einem Haflinger, mit braungebranntem Gesicht, weißen Hosen und nackten Füßen, nicht älter als zehn vielleicht. Neben ihm ritt ein kleines Mädchen auf einem Pony. Es reckte, während es über die Wiese jagte, den Arm in die Luft und juchzte: » Papageno!«
    Im Nu flog der Falke auf und landete auf seinem Lederhandschuh. Der Junge zügelte sein Pferd und grüßte höflich. » Sie brauchen keine Angst zu haben. Er hat einen Flügel gebrochen, als er jung war, und wir haben ihn wieder gesund gepflegt. Er ist handzahm, aber manchmal benimmt er sich wie ein Rabauke. Ich hoffe, Sie hatten keine Scherereien mit ihm.«
    Der Vater zog den Künstlerhut und verbeugte sich artig vor dem jungen Herrn. » Nein, nein, mein Sohn hat sogar versucht, ihn zu streicheln.«
    Das Mädchen stülpte dem Vogel eine Lederkappe über die Augen und lachte. » Manchmal kann Papageno ziemlich zutraulich sein.«
    Während der Junge sich als Sohn des Freiherrn von

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