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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Classic Music. Die Nazis haben seine ganze Familie umgebracht.«
    » Ich weiß. Und doch– er hat mich heute abend in seine Sendung eingeladen.« Herzog stellte seine Kaffeetasse ab und holte tief Luft. » Lassen Sie uns endlich reingehen und die Sache hinter uns bringen…«
    » …aber bitte, nicht provozieren lassen! Wenn es kritisch wird, schieben Sie alles auf mich. Für die Amis bin ich als Schweizer kein ugly German Nazi .«
    Kühle Neugier empfing sie, als sie an einem vorbereiteten Podium ihren Platz einnahmen. Scheinwerfer und Mikrofone wurden eingeschaltet, Kameras in Stellung gebracht, Notizbücher gezückt, die Privatgespräche ebbten ab. Ein paar der Anwesenden applaudierten sogar, als sich der Agent zum Mikro beugte.
    » Ladys and Gentlemen– K’NICK Artist Management schätzt sich glücklich, Ihnen einen der größten Dirigenten unserer Zeit zu präsentieren, dessen Name gleichbedeutend ist mit deutscher klassischer Musik – Maestro Karl Amadeus Herzog. Während des Zweiten Weltkriegs hat er nicht die Wahl gehabt, to be on the right side of the fence, wie man bei Ihnen so schön sagt…«
    » Kommen Sie zur Sache!« Die Presseleute hatten keine Lust, sich lange Reden anzuhören. Unaufgefordert schossen sie ihre Fragen ab. » Mr. Herzog! Wenn ein Heldentenor silberne Löffel klaut, bekommt er’s mit der Polizei zu tun. Was aber geschieht mit einem genialen Künstler, der mit politischen Gangstern gemeinsame Sache macht?«
    Herzog überhörte ihre Aggressivität und versuchte, ruhig und besonnen zu antworten. » Zunächst einmal– auch in den USA, in Großbritannien und der Sowjetunion spielte man bei Staatsakten und Trauerfeierlichkeiten klassische Musik, und auch in Ihren kriegswichtigen Betrieben und den Lazaretten wurden Symphoniekonzerte aufgeführt! Aber first of all– ich bin mir bewußt, daß die Wunden, die Nazi-Deutschland geschlagen hat, gerade hier in New York, wo so viele Emigranten leben, noch immer nicht verheilt sind, wenn sie das überhaupt jemals können. Trotzdem kann ich die Protestaktionen von gestern abend nicht gutheißen, weil Musik eine unpolitische Kunst ist– gestern wie heute. »
    » Obwohl Sie mit dieser Goodwilltour sich ganz bewußt der Adenauer-Politik zur Verfügung stellen?«
    » Ist es ein Verbrechen, mit Musik dem amerikanischen Volk für seine Unterstützung zu danken in unserem Freiheitskampf gegen den Kommunismus?«
    » Keineswegs, Mr. Herzog! Aber wer so erfolgreich wie Sie seiner Regierung als kulturelles Aushängeschild dient und gedient hat, darf nicht den politisch Naiven spielen!«
    » Musik hat nichts mit Politik zu tun! Das ist und war in der Vergangenheit stets meine tiefe Überzeugung. Musik ist nicht auf Macht oder Herrschaft aus. Sie führt auch keinen Kampf zur Durchsetzung ihrer Ziele in den Köpfen der Menschen. Musik will lediglich die Herzen der Zuhörer erreichen– Musik schwebt über dem Getümmel.«
    Sie machten es ihm leicht. Die Fragen, die sie stellten, hatte er schon zu oft gehört, als daß er nicht auf jede eine Antwort gehabt hätte: Ja, fast jeder, der in der Hochkultur des Dritten Reichs arbeiten wollte und nicht so weltberühmt war wie der verehrte Kollege Wilhelm Furtwängler, mußte durch das Nadelöhr und in die Partei eintreten;…nein, den Aufnahmeantrag habe er nicht selbst gestellt. Solche Sachen habe damals die Konzertagentur erledigt, ohne daß er davon Kenntnis hatte;…aber selbstverständlich könne Mr. Krausnik, der ihn seit jener Zeit betreut habe, das bestätigen– was dieser im breitesten Berner-Englisch erledigte.
    Dann aber, als die Sprache auf das Konzert des gestrigen Abends kam, machte er eine Riesendummheit, als er die weißen Friedenstauben mit jenen weißen Mäusen verglich, die Goebbels Anfang der dreißiger Jahre im Titaniapalast aussetzen ließ, um den Antikriegsfilms Im Westen nichts Neues zu boykottieren. Der Entrüstungssturm, der ihm daraufhin entgegenschlug, nahm ihm schier den Atem. Die Pressekonferenz stand kurz vor dem Abbruch. Krausnik bemühte sich noch, die Wogen zu glätten. Herzog habe in den finsteren Zeiten ausgeharrt und für alle, die unter der Diktatur zu leiden hatten, ein anderes, das bessere Deutschland verkörpert. Doch damit machte er alles nur noch schlimmer.
    » Lassen Sie es gut sein und die Sache hier beenden. Merken Sie nicht, daß diese Herren uns mißverstehen wollen!« Herzog wollte schon den Konferenzraum verlassen, da hielt Krausnik ihn zurück. » Warten Sie…«,

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