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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Herzen hast.«
    Es war die Direktheit, mit der der GMD zur Sache kam, die Karl verstummen ließ. Er stammelte und druckste. » Schon immer wollte ich…wollte ich Ihnen…wollte ich dir sagen, daß es mir leid tut und ich mich schäme, daß ich mich damals dazu hergegeben habe.«
    » Wenn du es nicht getan hättest, hätten sie einen anderen gefunden. Sie brauchten nur einen Ersatz für mich. Da haben sie den lieben Gott gefragt, und der hat geantwortet: Nehmt doch den Herzog, den Amadeus. So nanntest du dich doch, nachdem sie dich zu meinem Nachfolger gemacht haben: Amadeus…« Er brach in lautes Gelächter aus und schlug vor Vergnügen mit der flachen Hand auf die Lehne seines Schaukelstuhls. » Nein, im Ernst– ich bin nicht nachtragend. Vielleicht hatte es ja auch sein Gutes, wie es gekommen ist. Denn weggegangen wäre ich allemal, so verhaßt, wie mir die Nazis waren. Und daß Musik von einem Parteigenossen interpretiert wird, macht die Musik doch auch nicht schlechter.« Er mußte eine kleine Pause machen, er hatte bei seinem Heiterkeitsausbruch Rauch verschluckt und bekam einen schier endlosen Hustenanfall, der sich anhörte, als müßte er etwas tief Verwurzeltes aus seinen Lungen reißen. » Du magst damals vielleicht als Mensch versagt haben, mein Junge, gewiß– aber nicht als Künstler. An dich als Musiker habe ich immer geglaubt, schon als ich dich als kleinen Jungen Klavier spielen hörte. Menschen wie ich sind eben Mittler zwischen den Fronten, die wie Musik stets das Verbindende suchen, statt das Trennende zu fordern. Musik bedeutet für mich Harmonie und Ausgewogenheit.« Der GMD war aufgestanden und reichte Karl die Hand. » Wie also kann ich einem Musiker wie dir die Versöhnung verweigern, wenn du mich darum bittest.«
    Als Gottwalt ans Geländer trat, brachen die jungen Leute auf der gegenüberliegenden Straßenseite abermals in Hochrufe aus. » Diesmal soll ihr Applaus auch dir gehören.«
    » Wer sind diese jungen Leute?«
    » Meine Studenten, die ich seit einer Woche nicht mehr unterrichten darf. Ich soll in der kommunistischen Partei gewesen sein, in der Zeit vor dreiunddreißig, und deshalb hat man mich vor den Ausschuß für Unamerikanische Aktivitäten zitiert und mich solange suspendiert.«
    » Aber, daß das nicht wahr ist…« Karl stockte. » …ich weiß, daß du niemals in der kommunistischen Partei warst. Das könnte ich vor dem Ausschuß selbst bezeugen und beschwören!«
    » Danke für deine guten Absichten. Aber der Ausschuß akzeptiert keine Beweise– er will Geständnisse. Vor ihm kann man sich nur reinwaschen, wenn man widerruft und die Namen weiterer Sünder nennt. Es ist ein Ritual von Schuld und Geständnis, das den Regeln der heiligen Inquisition folgt, mit dem Unterschied, daß sich der Frevel des Delinquenten nicht gegen Gott und seine Kirche richtet, sondern gegen Senator McCarthy und seinen Kongreßausschuß.« Nachdenklich runzelte er die Stirn, und seine Glatze riffelte sich zu einem Waschbrett. » Herrgott ja– ich war Mitglied des Emergency Research Committees, das nach dem Fall Frankreichs zahllosen, vom Tod bedrohten Emigranten in die USA herüberhalf; ich habe Resolutionen unterschrieben, Proteste und Erklärungen, um meiner Angst vor dem Faschismus Ausdruck zu verleihen, aber ich war nie in der KP. Trotzdem haben sie mich vom Lehramt suspendiert, bis ich bereit bin, blind, taub und stumm mich ihrer Russenfresserei und Kommunistenhatz zu unterwerfen. Sie haben mir eine glänzende Zukunft versprochen und goldene Brücken gebaut; für den Fall, daß ich ihnen ein paar Namen nenne. Ich aber hege keine Sympathien für den Kommunismus. Soll ich denn nunmehr den Eindruck erwecken, ich hätte welche, indem ich die Aussage verweigere? Ist es denn meine Pflicht, noch einmal stärker zu sein, als ich es bin? Du siehst, mein Junge, ich stehe also jetzt vor einem ähnlichen Dilemma wie du damals in Dresden, kann also aus eigener Erfahrung nachempfinden, wie es ist, dem Druck solcher Versuchungen ausgesetzt zu sein. Franziska hat uns erst später berichtet, wie es bei dir gewesen ist. Übrigens– hast du dich schon bei ihr gemeldet?«
    Karl schüttelte den Kopf. » Aber ich weiß, wo sie in Stockbridge augenblicklich wohnt.« Daß er sie vorhin heimlich vom Garten aus beobachtet hatte, brauchte er Gottwalt nicht auf die Nase zu binden. » Steinberg hat mir ihre Adresse gegeben.«
    » Na schön, verstehe!«
    Die Hoch- und Jubelrufe auf der gegenüberliegenden

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