Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
Johanna, Joachim– die ganze Familie hatte einen Heidenspaß. Sie fütterten sich gegenseitig, tranken zu viel Wein, und als es dunkel geworden war, badeten sie gemeinsam im Meer. Maria war erstaunt, wie viel wärmer und weicher sich das Wasser anfühlte, wenn man dabei keinen Badeanzug trug. Sie schämte sich nicht, obwohl der Mond hell genug schien, daß ihre nackten Körper sich in keuscher Undeutlichkeit vor der Finsternis abhoben, wenn sie zurück ans Ufer kamen.
    Wenn sie Musik erwähnte oder über Joachims Arbeit sprach, starrte Karl mit neugieriger, fast frecher Aufmerksamkeit auf ihre Lippen. Wenn sie mit ihrem Argument zu Ende war, schwieg er und lächelte sie an mit einer Überheblichkeit, die sie schier auf die Palme brachte. Sie versuchte, ihn zu provozieren, geladen wie ein Gasballon kurz vor der Explosion. Mit ein paar treffenden Bemerkungen konnte er sie wieder zurück auf den Boden holen und sie zum Lachen bringen– das Gefährlichste, was ein Mann einer Frau bieten konnte, auf die er es abgesehen hatte.
    Am nächsten Tag bestand er darauf, mit ihnen Volleyball am Strand zu spielen. Dabei gebärdete er sich wie ein Wahnsinniger. Er rief laut ihren Namen, wenn ein Ball, den er geschlagen hatte, in ihre Richtung segelte. Weder Gudrun noch Johanna und am wenigsten Joachim hatten eine Ahnung, was sich da schon zwischen ihnen anbahnte. Springend, hechtend, immer mit dem Kopf voran, um unrettbare Bälle zu erreichen, wirkte er wie ein fliegender Fisch, der auf dem Trockenen zappelt. Er nahm keine Rücksicht auf sich, nur um ihr die Möglichkeit zu geben, bella figura zu machen.
    Eines Abends tauchte er unvermutet auf der Veranda vor dem Bungalow auf. Sie hatten ihn nicht gleich bemerkt. Er stand im Dunkeln, die nackten Füße voller Sand, auf die das Streulicht einer Arbeitslampe fiel. Er sah ihr eine Weile schweigend bei der Arbeit zu. Eingehüllt vom Meer, das hinter ihm im Mondschein dunkel glitzerte, kam er ihr vor wie ein unheilvoller Geist, der sich in ihr Leben eingeschlichen hatte.
    Ob sie nicht Lust habe, mit ihm am nächsten Morgen nach London zu fliegen. Er habe dort geschäftlich etwas zu erledigen. Mit seinem Vorschlag brachte er sie zum Erröten. Und gleich darauf schoß ihr das Blut noch einmal in den Kopf aus Ärger, daß sie rot geworden war, und sie spürte, wie neue Aversionen in ihr aufstiegen. Er mußte eine leichte Beute in ihr wittern, so wie er sie taxierte, in ihrem durchsichtigen Sommerkleid.
    Erst als Joachim und auch Gudrun sie ermutigten mitzufliegen, willigte sie schließlich ein. Vielleicht bot sich in London eine Gelegenheit, ihm einen Denkzettel zu verpassen? Tu es nicht, dachte sie, bleib lieber da, willst du dieses Katz-und-Mausspiel nicht verlieren. Doch wie überzeugend ihre Bedenken auch waren, sie wogen nicht schwer genug, sie davon abzuhalten. Leichtsinnig schob sie sie beiseite in der Gewißheit, daß sie mit ihm gehen mußte, und als die Maschine abhob und sie neben ihm saß, fühlte sie sich wie eine gehorsame Tochter, die ihm überallhin folgen würde.
    Ein goldbetreßter Portier im grünen Mantel und mit einem hohen Hut aus schwarzem Seidensamt setzte die große Messingdrehtür des Dorchesters in Bewegung, die Karl und Maria mit sanftem Nachdruck in das Vestibül des Luxushotels schubste, wo sie sogleich von einem livrierten Hotelbutler in Empfang genommen wurden, der sich um ihr spärliches Handgepäck bemühte.
    » Uff!« Mit diesem Ausdruck des Erstaunens blieb Maria im Eingang der marmorgefliesten Hotelhalle stehen und starrte hinauf in das vergoldete Gewölbe. Sie hatte eine Welt betreten, die ihr vorher verschlossen war, und fühlte sich in ihrem billigen Ferienoutfit unsicher, fast eingeschüchtert von der verschwenderischen Pracht der Halle, mit ihrem weißen Marmor, den vergoldeten Kapitellen, Gesimsen und Decken, so daß sie sich enger in ihre Leinenjacke hüllte, während sie staunend und traumverloren durch die Prunkräume schritt. Am Ende der in einer Enfilade angeordneten Räumlichkeiten, Promenade genannt, dort, wo sich die nußbaumgetäfelte Bar befand, spielte ein Barpianist Medleys aus den dreißiger Jahren.
    » Als ich so alt war wie du, mußte ich auch mal so was machen, nur um nicht vor die Hunde zu gehen.« Bevor sie sich eine Vorstellung davon machen konnte, daß Karl jemals jung und arm gewesen sein könnte, erhob sich ein älterer Herr aus einem Gebirge bunter Sofakissen, mit einer weißen Teerose im Knopfloch seines Jacketts, und kam

Weitere Kostenlose Bücher