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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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und als sie versuchte, sie zu entwirren, zerbrachen sie. Auf dem Boden des Kartons stand eine Widmung, in Sütterlin geschrieben: » Nie war ich glücklicher als in dem Bootshaus, und es regnete. Für Franziska, mein Fränzchen, im schönen Sommer zweiundzwanzig am Neusiedler See.«
    » Als ich Herzog nach ihr fragte, wurde er ungehalten und schwieg. Also sag, was hat diese Franziska mit der Partitur zu tun?«
    Lassally setzte sich an den Konferenztisch, legte die Hände parallel auf die Tischplatte, beide Daumen nach oben gestreckt. » Ich lernte Franziska kennen, Anfang der fünfziger Jahre, als Herzog den Sommer bei ihr in Stockbridge verbrachte und dieses Orchesterstück komponierte.«
    » Warum bei ihr?«
    » Sie war Herzogs große Liebe, vielleicht sein Schicksal.«
    » Sein Schicksal? Tu nicht so geheimnisvoll!«
    » Am besten, du fragst ihn selbst.« Lassally stand auf. Nachdenklich blickte er durch das Panoramafenster hinunter auf die Lexington Avenue, verschränkte seine Hände auf dem Rücken und schüttelte den Kopf. Downtown ragten die Türme des World Trade Center aus dem Mittagsdunst, und in der Ferne schimmerten die Umrisse der Freiheitsstatue.
    » Ich habe für dich unser altes Symphonieorchester zusammengetrommelt, mit dem wir nach dem Krieg in London unsterbliche Schallplattenaufnahmen gemacht haben. Was mich gewundert hat: Alle, soweit sie noch leben, haben zugesagt, auch ohne Gage zu spielen, nur für die Reisekosten, Unterbringung und Verpflegung. Und ich dachte immer, Herzog hätte keine Freunde.«
    » So gut wie keine. Aber hin und wieder gibt es doch ein paar, die ihm die Treue gehalten haben, auch wenn er sie schlecht behandelt hat. Was ist mit Steinberg?«
    » War nicht sehr angetan von der Idee, aber als ich andeutete, Gudrun sei mit von der Partie, wollte er es sich noch einmal überlegen. Einquartiert sind sie im Hermitage in Monte Carlo, und für die Proben habe ich bei der Société des Bains de Mer einen Raum im Palais de Festival angemietet. Sollte dein Gatte vorzeitig Wind bekommen, das Unternehmen läuft unter meiner Gulliver Inc. NY, die dich als Dirigentin engagiert hat.«
    » Wenn er erfährt, daß ich für dich arbeite, geht er die Wände hoch. Ich hoffe, er ist durch sein Satellitenkonzert so abgelenkt, daß er keine Zeit hat, Verdacht zu schöpfen.«
    » Traust du dir das überhaupt noch zu, Maria? Entschuldige, daß ich das frage. Aber wie lange hast du nicht mehr vor einem Orchester gestanden?«
    » Fünfzehn Jahre– seit wir geheiratet haben. Daß ich meinen Beruf aufgebe, war seine einzige Bedingung. Er fürchtete, die Kritiker würden mich fertig machen, nur um ihn zu treffen.«
    Maria stellte sich wie Herzog hin, wenn er anfing zu dirigieren, die Füße ein wenig auswärtsgekehrt, mit schwingendem, nach vorn gebeugtem Rumpf und angewinkelten Armen, wie eine Elektropuppe. » Frauen im Bett– ja, am Pult aber niemals! Dirigieren ist ein Männerberuf. Eher werden Sie Papst oder Generalfeldmarschall.«
    Sie imitierte seine Stimme so perfekt, daß Lassally laut lachte. » Ich wollte unbedingt in einen seiner Dirigierkurse aufgenommen werden, die er während der Sommermonate in Luzern abhielt. Das war im Sommer zweiundsiebzig, bevor ich Joachim kennenlernte.«
    Lassally wischte sich die Augen. » Wir sehen uns übrigens gelegentlich, wenn ich nach New York komme oder er in Tanglewood Konzerte gibt. Übrigens, er arbeitet an einer neuen Platte, in einem unserer Studios.«
    Marias Augen weiteten sich. Fragend blickte sie Lassally an, bis dieser endlich begriff. » Nein, Maria. Tut mir leid. Das mußt du schon selber erledigen.«
    Die Tonstudios der Gulliver Inc. NY waren in einem freistehenden Backsteingebäude untergebracht, das inmitten eines Abrißviertels westlich der 8 th Avenue wie ein letzter, noch nicht gezogener Zahn aus dem plattgemachten Viertel über dem Hudson River ragte. Das brachliegende Hafengelände mit seinen verwaisten Docks und leeren Lagerhallen, das sich weit nach Süden erstreckte, erinnerte an eine Zeit, in der der Hafen von New York noch zu den wichtigsten der Welt gehörte. Heute standen auf den Ladedocks, an denen einmal die größten Luxusliner der Cunard Line, des Norddeutschen Lloyd und der Schweden-Amerika-Linie vor Anker gegangen waren, Droschkengäule in ihren Ställen, die Urlauber und Liebespaare durch den Central Park kutschierten.
    » Nicht ungefährlich, die Gegend. Selbst bei Tag off limits für Touristen.« Lassally wies den Taxifahrer

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