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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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du eine Pfalz mit einem Palast in Konstantinopel vergleichst, so ist das, als würdest du einen deutschen Holzapfel neben den leuchtenden Purpur eines Granatapfels halten.
    Und nie wussten wir so recht, auf welcher Seite der Pfalzgraf wirklich stand, zu dem wir gerade auf dem Weg waren. Freilich, König Philipp hatte Geld und Ritter. Offenen Widerstand mit Waffen-gewalt gegen uns erlebten wir nie. Doch man konnte den Widerstand in den verlogenen Augen der Männer erahnen, die uns empfingen. Auch sahen wir auf dem Wege rauchende Burgen, verbrannte Höfe, totes Vieh, abgeschnittene Rebstöcke, zerschlagene Wagen, zerlumpte Gestalten, die uns anbettelten: Welfen gegen Staufer - Staufer gegen Welfen!
    Wir wechselten von Pfalz zu Pfalz. Bei Regen und Schnee, Nässe, Kälte, Blitz und Donner, Hagel und Sturm, Wind und Sonne habe ich in einem Wagen oder auf einem Pferd gesessen - immer dienstbar meiner stets geduldigen und unerschütterlichen Königin.
     
    »Woher nehmt Ihr Eure Zuversicht?«, fragte ich sie. Manchmal verfiel ich ins Griechische, wenn ich mit ihr redete. Aber sie duldete das nie und antwortete immer auf Deutsch.
    »Ich bin die Königin, das weißt du doch«, sagte sie und ordnete ihr dichtes schwarzes Haar, das mich an die Mädchen in Konstantinopel erinnerte.
    »Ja, aber -«
    »Entweder man ist eine Königin, oder man ist es nicht!«, sagte die zarte Gestalt und lächelte ihr stilles, geduldiges Lächeln.
    »Und wenn sie Euch absetzen würden?«
    »Ich fürchte mich nicht davor«, antwortete sie.
    »Ihr seid mutig«, sagte ich.
    »Ich bin eine Königin.«
    In den acht Jahren zwischen den Jahren des Herrn 1198 und 1206 hat sie vier Töchter zur Welt gebracht, Beatrix die Ältere, Maria, Kunigunde und noch einmal Beatrix, genannt die Jüngere.
    Immer war sie schwanger, immer saß sie auf irgendeinem Wagen und immer lächelte sie - auch im größten Schmutz und im schlimmsten Regen. Sie war eine Königin.
    Die Geburten waren schwer. Sie war zart gebaut und schmal in den Hüften. Die Hebammen schlugen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn sie ihren Körper sahen. Die Ärzte verzweifelten. Mit Salben und heißen Bädern wurde vor jeder Geburt ihr Leib geschmeidig gemacht. Sie trank jeden bitteren Sud aus Kräutern, der ihr gegeben wurde. Sie legte die Hand auf ihren Leib und sah glücklich aus.
    In den Wehen der Geburt schrie sie nicht. Der kalte Schweiß stand auf ihrer Stirne; sie lächelte, dass es einem das Herz zerschnitt, und es ging über Stunden. Sie war eine Königin.
    Sie hätte gerne einen Sohn gehabt für König Philipp: »Für den Frieden, damit es einen Nachfolger gibt und sie sich nicht wieder streiten und Krieg führen«, sagte sie, »weil ich eine Königin bin und an den Frieden denken muss. Der Sohn soll Friedrich heißen«, sagte sie, »nach seinem Großvater, Kaiser Friedrich Barbarossa.« Ich weiß, dass sie ihren Sohn nicht wirklich nach dem Großvater benennen wollte, sondern nach dem Frieden, den der Name aus-drückte.
    Ich habe sie einmal direkt danach gefragt.
    Sie war nicht böse: »Ich heiße Irene, Irene heißt auf Deutsch Friede«, war ihre Antwort.
     
    Aber es kamen immer Mädchen, und sie waren alle gesund. Es waren schöne Kinder. Vor allem ihre Haare waren schön: ein rötliches Blond, wie es alle Hohenstaufen haben, dazu eine feine Haut und große blaue Augen: Beatrix die Ältere, Kunigunde, Beatrix die Jüngere. Nur Maria unterschied sich von den anderen - ihre Haare waren dunkler und voller, ihre Augen waren braun. Nur bei Maria zeigte sich das byzantinische Erbe der Königin.
    Wehmütig lächelnd musste Irene mit ansehen, wie die kleinen Mädchen gleich nach ihrer Geburt schon als künftige Königinnen und Herzoginnen verlobt wurden.
     
    Das Reich war in zwei Lager zerfallen - König Philipp gegen König Otto -, und Sieger konnte nur der sein, der am meisten Anhänger unter den Fürsten für sich gewinnen konnte. Und Kaiser konnte nur werden, wer die Macht hatte, einen Zug nach Italien durchzuführen.
    Sehr wichtig in allen Überlegungen war Pfalzgraf Otto von Wittelsbach. So wichtig, dass sogar eine außergewöhnliche Heirat zwischen ihm und unserer lieben Beatrix erwogen wurde. Das wunderte mich. Denn immer hieß es, dass die Mädchen in einer steigenden Rangfolge heiraten sollten, so wie es Philipp selbst ergangen war, der die Tochter des Kaisers von Byzanz geheiratet hatte. Der Welt erschien diese Ehe gleichrangig: Kaisertochter und Kaiser-sohn - aber für mich

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