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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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ich nicht. Umso mehr grämt es mich, Dir die folgenden schrecklichen Dinge mitteilen zu müssen.
    Die Zeiten sind auch in Deutschland nicht gut.
    Es ist auch hier so Entsetzliches geschehen, dass man es nicht ausdenken oder gar in seiner ganzen Bedeutung erfassen und erzählen kann.
    Ich beginne am Anfang.
    Immer noch sitze ich im Geiste - als kleines Mädchen - am Ufer des Marmarameeres, lausche den Wogen und spüre den weichen Wind von der See her auf der Haut. Ich sehe das Weiß der Marmorstatuen unter dem blauen Himmel, die Farben der Mosaiken, das dunkle Violett der reifen Feigen, schmecke ihre Süße, atme den Duft der Granatapfelblüten, genieße den Saft ihrer Früchte, und lasse mich trösten vom Klang der Glocken auf den Kuppeln unserer unzähligen Kirchen und von den Farben der heiligen Ikonen.
    All diese Schönheit, von Kindheit an vertraut, fand ich in den Jahren von Sizilien wieder, wo wir lange lebten, meine Königin und ich. Denn die Insel Sizilien ist wie das Land um Konstantinopel voll Duft und Schönheit; und mehr noch - Künstler aus unserer Heimat begannen damit, in Palermo und Monreale den Geist und die Kunst Konstantinopels heimisch zu machen. Doch da starb König Roger von Sizilien, und Königin Irene war Witwe.
    Vielleicht begann all das Unglück damit, dass König Roger seine Tochter Konstanze mit Kaiser Heinrich IV. aus der Familie der Hohenstaufer verheiratet hat. Ich will nichts Weiteres schreiben von dem Schrecklichen, das auf dieser schönen Insel unter der grausamen Herrschaft Kaiser Heinrichs geschehen ist - Ströme von Blut flossen durch diesen gewalttätigen Menschen.
    Kaiserin Konstanze hat er gezwungen, seinen Sohn, den Thronfolger, vor aller Augen auf dem Marktplatz der Stadt Jesi zur Welt zu bringen, damit kein Zweifel an der Mutterschaft der bejahrten Kaiserin entstünde!
    Der Kaiser hat dann Königin Irene als Witwe König Rogers mit seinem Bruder Philipp, dem Herzog von Schwaben, verheiratet - ungefragt. Es muss ihr schrecklich gewesen sein: der Bruder dieses blutrünstigen Kaisers! Auch Philipp wollte diese Heirat nicht. Der jüngste Sohn Kaiser Friedrich Barbarossas war Mönch und Priester, dann Bischof der Stadt Würzburg, und er wurde nun gegen seinen Willen nach Sizilien beordert.
    Aber es fügte sich seltsam: Als sie sich zum ersten Mal sahen, Irene und Philipp - kein lieblicheres Paar wandelte jemals auf der Erde!
    »Du!«, sagte er zu ihr, und »du«, sagte sie zu ihm. Ihre Hände und ihre Augen verschlangen sich unauflösbar ineinander.
    Die dunklen Augen meiner Königin waren hell vor Glück.
    Jubel begleitete die beiden: Das Ost- und das Westreich waren, wie du schriebst, in Irene, der Kaisertochter von Byzanz, und Philipp von Schwaben, dem Sohn des Kaisers von Westrom, für alle Menschen sichtbar vereinigt, nicht in Macht und Stärke zur neuen Großmacht - vereinigt waren Stärke mit Milde und Anmut mit Würde!
    Das war geschehen im Jahre des Heils 1197. Und ich schreibe dies und alles Folgende mir von der Seele, obwohl du das meiste ja weißt. Bis auf den Schluss.
    Kurz darauf, noch im Herbst desselben Jahres, erlag der grausame Kaiser in Messina dem Sumpffieber. Und Philipp wurde in Deutschland zum König gewählt und damit zum künftigen Kaiser.
    Der Hof ging von Sizilien nach Deutschland.
     
    Ich war voll Sorge. »Deutschland«, sagte ich, »Regen, Dunkelheit, Nebel, Kälte, Reif, Schnee, Eis, Bären, Wölfe in undurchdringlichen Wäldern, dazu rohe, ungebildete Menschen.«
    Meine Königin tröstete mich: »Keine Angst, die Sonne scheint auch dort, die Wälder sind nicht so undurchdringlich, wie du denkst. Und die Menschen? Nun, die sind überall gleich.«
    Dennoch, ich bin hier nie heimisch geworden. Deutschland ist ein kaltes Land. Wenn es auch liebliche Maitage gibt mit allerlei blühenden Bäumen und heiße Sommer mit roten Sonnenuntergängen - auch der heißeste Sommertag hier im Norden hat nicht die Kraft zu einem ordentlichen Schatten oder vermag die Blüten wirklich zum Leuchten zu bringen.
    Sie geben sich hier alle erdenkliche Mühe, das muss man anerkennen, das Land zu verschönern. Sie haben von unseren Künstlern gelernt, und so siehst du in den Kirchen und Palästen Malereien an den Wänden, und ihre Bücher sind voll mit Bildnissen von Heiligen und ihrem Leben. Doch auch dieses Mühen ist am Ende vergeblich, denn niemals haben diese blässlichen Gebilde die Leuchtkraft der Malereien oder gar der Mosaiken in unserer gold-und purpurleuchtenden

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