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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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hänge ich mit dem Strick an den Fersensehnen auf. Bauerngut? Gehört alles mir! Auch wenn wir nur zu zehnt sind - selbst zwanzig richten gegen uns nichts aus.«
    »Vorsicht!«, sagte der Vater. »Du kennst deine Kumpane bestimmt besser als ich, lieber Sohn, aber wenn sie auch noch so wild sind - und wären sie dreimal mehr: Ein einziger Scherge macht sie gefügig, wenn Gott das Recht durchsetzen will.«
    Da sprang der Sohn vom Tisch auf: »Vater, nie mehr! Lasst Euch sagen: Ich habe Euch früher gegenüber meinen Kumpanen vor Raub in Schutz genommen - und so mancher Eurer Gänse habe ich den Kragen und manchem Huhn den Hals gerettet, dazu Rinder, Käse und anderes Essen - Schluss, nie mehr - von nun an gibt es keinen Schutz mehr, und wenn mich alle Könige darum bitten; mit Eurem Geschwätz beleidigt Ihr meine Kumpane!«
    Er spuckte aus: »Ja, ist denn Rauben und Stehlen etwas Schlechtes? Gotelinde wollte ich mit einem von uns verheiraten, und sie hätte das beste Leben gehabt - aber das habt Ihr verdorben! Pelze, Mäntel, Leinwand hätte er ihr geschenkt, wie sie die Kirche nicht besser hat. Aber Ihr redet über uns ja nur hässlich! Und wenn sie jede Woche ein frisches Rind hätte essen wollen - sie hätte es bekommen. Aber Euer Geschwätz beleidigt die tüchtigsten Burschen. «
     
    In der Nacht war Helmbrecht dann mit Gotelinde alleine. Sie flüsterten: »Hör gut zu, liebe Schwester Gotelinde - Lämmerschling, das ist mein bester Freund. Als der das erste Mal um deine Hand bei mir angehalten hat, da sagte ich sofort: Du wirst es nie bereuen, habe ich gesagt. Sie ist so treu, dass sie dich mit eigener Hand vom Galgen schneidet und zum Grab am Kreuzweg schleppt, sollten sie dich einmal aufhängen. Sie wird mit Weih-rauch und Myrrhen ein ganzes Jahr dein Grab umschreiten, jede Nacht - darauf kannst du Gift nehmen. Stechen sie dir jedoch aus Gnade nur die Augen aus, so führt sie dich an der Hand über Weg und Steg. Hauen sie dir einen Fuß ab, bringt sie dir alle Morgen die Stelzen an das Bett; und wenn sie dir dazu auch noch eine Hand abschlagen - sie schneidet dir Brot und Fleisch, bis dass du stirbst.«
    Gotelinde hatte die Augen geschlossen.
    »Er hat drei Säcke, die er dir schenken will, das hat er mir versichert. Sie sind schwer wie Blei, voll mit bestem Leinen, Schleiern, Röcken, Unterkleidern, kostbaren Pelzen, zwei davon sogar mit Scharlach gefüttert und einer an den Säumen mit schwarzem Zobel besetzt. Das alles liegt tief in einer Schlucht versteckt, und du bekommst sie als Morgengabe.«
    Gotelinde strahlte.
    »Aber dein Vater hat es verdorben, mag dir Gott helfen. Jetzt hast du nichts zum Lachen, wenn dich ein dreckiger Bauer heiratet: Da kannst du bei ihm barfuß Kraut stampfen, Flachs schwingen und schlagen, dazu noch Rüben herausziehen - Lämmerschling hätte dich davor bewahrt. Gotelinde, der Gedanke tut mir weh, dass ein Bauerntölpel, der dir zuwider ist, Nacht für Nacht bei dir liegen wird. Schreien, schreien, schreien müsste man über deinen Vater!« Er machte eine Pause: »Denn mein Vater ist er nicht!«
    Er lachte.
    »Pass auf: Als meine Mutter in der fünfzehnten Woche mit mir schwanger war, legte sich heimlich ein vornehmer Mann vom Hofe zu ihr. Von dem habe ich es geerbt und von meinem Paten, Gott segne sie beide, dass ich so vornehm geworden bin.«
    »Bestimmt. Aber ich bin ganz sicher, bei mir ist es genauso«, sagte Gotelinde, »auch ich bin in Wirklichkeit nicht das Kind meines Vaters. Als mich meine Mutter im Schoß trug, hat ein galanter Ritter bei ihr gelegen. Der Ritter traf sie, als sie im Gebüsch spät am Abend noch Kälber suchte, und hat sie sich genommen. Auch ich bin etwas Besseres!«
    Sie rückte näher: »Bitte, bitte, lieber Bruder Schlingdasland, sorge doch dafür, dass Lämmerschling mein Mann wird, Gott wird es dir lohnen! Dann zischt es in meiner Pfanne, dann ist mir der Wein schon gelesen und sind mir meine Truhen gefüllt, dann ist mir das Bier schon gebraut und das Korn schon gemahlen. Mit diesen drei Säcken gibt es keine Armut mehr für mich! Dann habe ich genug für Leib und Seele - was soll mich hindern? Dann habe ich alles, was eine Frau von einem Mann begehrt!«
    Sie drückte Helmbrechts Arm.
    »Aber ich kann ihm auch etwas bieten! Alles, was ein Mann von einer gesunden Frau erwarten darf - mein Leib weist es auf. Alles! Und Vater hält mich noch versteckt! Ich bin viel kräftiger als Nachbars Friedrun, und als die nach der Hochzeitsnacht aufwachte,

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